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Sommerbilanz: 286 Straftaten rund ums Dresdner "Assi-Eck"

Es gibt weiterhin zahlreiche Beschwerden wegen Feiernder an der Neustadt-Kreuzung. Was über den Sommer passiert ist und was die Stadt plant.

Von Andreas Weller
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An der Dresdner Neustadt-Kreuzung wird weiterhin gefeiert, aber die Stadt sieht eine "vorsichtig positive" Entwicklung.
An der Dresdner Neustadt-Kreuzung wird weiterhin gefeiert, aber die Stadt sieht eine "vorsichtig positive" Entwicklung. © Archiv/dpa/Arvid Müller

Dresden. Das Ordnungsamt ist dort täglich unterwegs, die Dresdner Polizei regelmäßig, dazu gibt es seit diesem Jahr Konfliktmanager und weitere Maßnahmen, um die Situation an der Kreuzung von Louisenstraße, Görlitzer Straße und Rothenburger Straße in der Neustadt zu entschärfen.

Die Stadt hat einen klaren Plan, um Straftaten, Wildpinkeln, Lärm und Verkehrschaos rund um die Kreuzung, die auch "Assi-Eck" oder "Schiefe Ecke" genannt wird, zu verhindern. Wohl auch aufgrund mehrerer Berichte der SZ hat nun die AfD im Dresdner Stadtrat Anfragen dazu gestellt. Die aktuellen Entwicklungen.

Was für Straftaten wurden festgestellt?

Zu "Ordnungsstörungen" und anderen Delikten bezogen auf die Äußere Neustadt führe das Ordnungsamt keine Statistik, so Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) auf Anfrage von AfD-Fraktionschef Wolf Hagen Braun. "Zudem steht der kommunikativ-präventive Ansatz im Vordergrund."

Die Polizei hat hingegen im Sommer - von Anfang Juni bis Ende August - insgesamt 286 Straftaten in der Äußeren Neustadt festgestellt. Das Gros bildeten demnach Raubdelikte, Körperverletzungen, Diebstahlshandlungen und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. "Feststellen lässt sich, dass es über die drei genannten Monate zu einer Abnahme an festgestellten Straftaten im Rahmen der Präsenzeinsätze, sowohl im gesamten Gebiet der Äußeren Neustadt als auch im Bereich der 'Schiefen Ecke' an der Kreuzung Rothenburger Straße/Louisenstraße kam", erläutert Hilbert.

Wie viele Polizeibeamte kamen zum Einsatz?

Das Ordnungsamt sei in der Regel täglich in der Äußeren und Inneren Neustadt unterwegs, so Hilbert. Eine genaue Statistik werde aber nicht geführt.

Die Beamten vom zuständigen Polizeirevier Dresden-Nord waren in dem Zeitraum zu 28 Präsenzeinsätzen in der Äußeren Neustadt. Dabei kamen insgesamt 2 020 Polizeibeamte zum Einsatz.

Wie hat sich die Situation am "Assi-Eck" entwickelt?

Bereits im Frühjahr zeichnete sich ab, dass wieder mehr Menschen in die Äußere Neustadt und an die Problem-Kreuzung kommen. Das wurde durch die Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen möglich. Eine Art Höhepunkt wurde am 19./20. Juni erreicht, das Wochenende, an dem die Bunte Republik Neustadt stattfinden sollte, aber aus Corona-Schutzgründen abgesagt wurde. Es kam erneut zu Straßenbahnblockaden an der Kreuzung, aber auch Lärm, Müll, Scherben und Wildpinkeln sorgten für Ärger. "Im Zusammenhang mit den Einschränkungen der Partyszene durch Corona hat der Bereich 'Schiefe Ecke' deutlich an Attraktivität gewonnen", so Hilbert.

Als dann die Lokale wieder öffnen konnten, verlagerten sich die Besucher etwas innerhalb der Neustadt, etwa in Richtung Görlitzer Straße. Parallel wurde erneut der Alaunpark zum Partyschwerpunkt. Ordnungsamt und Polizei haben mehrere Hundert Personen festgestellt, die zu lauter Musik feiern und tanzen. "Auch in Abhängigkeit vom Kontrolldruck durch die Ordnungskräfte verlagern die Partygäste ihren Aufenthalt im Laufe des Abends mehrfach zwischen den beiden Örtlichkeiten", erklärt Hilbert.

Aber insgesamt ziehe der OB ein "vorsichtig positives Fazit". "Die erhebliche Präsenz von Polizei, Ordnungsamt, der Beginn des Projektes "Nachtschlichter", begleitender Kampagnen und das Schaffen von Ausweichorten wie durch den Klubkultursommer zeigen erste Wirkung." Seitdem diese Strategie umgesetzt wird, seien weniger Menschen an der Kreuzung. Auch die Bahnen der DVB konnten seit dem 3. Juli ununterbrochen fahren.

Sind damit die Probleme gelöst?

Nein. Und die Anwohner und Anlieger sehen die Situation weiterhin kritisch. So gab es über den Sommer elf Beschwerden zur "Schiefen Ecke" über das Dresdner Bürgertelefon, zum Alaunpark waren es sogar 79 und 17 zur Louisenstraße außerhalb der Kreuzung. "Handlungsbedarf besteht weiterhin, vor allem hinsichtlich der Probleme von Lärm, Müll, Scherben und Wildpinkeln", so OB Hilbert. "Auch ist derzeit eine Verlagerung von der 'Schiefen Ecke' hin zum Martin-Luther-Platz, dem Eingang vom Albertplatz in die Alaunstraße und dem Alaunpark zu beobachten."

Ein großes Problem sei der Lärm, alleine durch die hohe Anzahl an Menschen, die sich dort treffen, sei bereits der Grundlärmpegel dauerhaft sehr hoch. Durch mitgebrachte Musikboxen werde das Umfeld zusätzlich beschallt, Leute trommeln auf Mülltonnen, Straßenmusiker locken weitere Leute an und so schaukelt sich das Lärmproblem immer weiter hoch.

Wie bewertet die AfD die Situation?

"Unsere Anfrage bestätigt, dass die zahlreichen Probleme in der Dresdner Neustadt, insbesondere im Bereich des sogenannten 'Assi-Ecks' weiterbestehen: Lärm, Müll, Wildpinkeln und Straßenbahnblockaden", so Braun. "Zudem Straftaten wie Körperverletzungen, Raub und Drogenhandel."

Er spricht von einer "beachtlichen Summe" mit Blick auf den Einsatz von 2.020 Polizeibeamten. "Es verdeutlicht, dass man die Situation nicht alleine mit einigen sogenannten Konfliktmanagern in den Griff bekommt, sondern dass der Staat an dieser Stelle seine Handlungsfähigkeit sichtbarer beweisen muss."

Was plant die Stadt für die Zukunft?

Polizei und Gemeindlicher Vollzugsdienst sprechen sich laut Hilbert wöchentlich dazu ab, ebenso ist das Stadtbezirksamt einbezogen. Mittlerweile sind auch die "Nachtschlichter" darin einbezogen und verfeinern ihre Herangehensweisen hinsichtlich Kommunikationsansatz oder Einsatzorte. "Die grundlegende Strategie der 'Nachtschlichter', nämlich der kommunikative Ansatz des allparteilichen Konfliktmanagements, wird beibehalten", stellt Hilbert klar.

Eine Auswertung werde zum Jahresende erfolgen und die weitere Strategie für das Folgejahr abgeleitet. Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) hat ein Alkoholverbot für den Alaunpark vorgeschlagen, für die "Schiefe Ecke" ein Glasflaschenverbot an Wochenenden und ein Alkoholverkaufsverbot ab 24 Uhr.