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Anschlagsgefahr: Wie jüdische Einrichtungen in Dresden geschützt werden

Spätestens seit den mutmaßlichen Anschlagsplänen in Leverkusen und Hannover ist Deutschland alarmiert. In Dresden haben die Sicherheitsbehörden Synagogen verstärkt im Blick.

Von Andreas Weller
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Die Synagoge Dresden-Neustadt wird rund um die Uhr von der Polizei bewacht.
Die Synagoge Dresden-Neustadt wird rund um die Uhr von der Polizei bewacht. © Sven Ellger

Dresden. Seit dem Beginn des Nahostkrieges leben auch Juden in Dresden verstärkt in Angst, einige meiden den Besuch von Gottesdiensten, weil sie Anschläge fürchten. Die Dresdner Polizei hat ein spezielles Konzept erstellt, um jüdische Einrichtungen zu schützen, sie ist aber auch mit Palästinensern, die in Dresden regelmäßig demonstrieren, in Kontakt.

In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass mutmaßliche Islamisten sich offenbar in sozialen Netzen über mögliche Anschlägen ausgetauscht haben, Synagogen und Weihnachtsmärkte in Leverkusen waren ihr mutmaßliches Ziel. Den deutschen Sicherheitsbehörden gelang es, rechtzeitig einzugreifen. Auch in Hannover gab es einen ähnlichen Vorfall.

Mittlerweile wird bundesweit vor islamistischen Anschlägen gewarnt. "Die Gefahr ist real und so hoch wie lange nicht mehr", so Thomas Haldenwanger, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Seit dem Beginn des Krieges in Nahost leben auch Juden in Dresden in Angst, bleiben Veranstaltungen in Synagogen lieber fern, berichten die Gemeinden. Die Polizei ist im Dauereinsatz.

Aus Angst kein Besuch der Synagoge

"Einige Mitglieder kommen nicht in unsere Synagoge, weil sie Angst haben", sagt Aktiva Weingarten, Rabbiner der Synagoge Dresden-Neustadt. "Leider!" Ähnlich berichtet es auch Uwe Kuhnt, der Assistent des Rabbiners der Orthodoxen Jüdischen Gemeinde in Dresden. Juden müssten sich wieder "verstecken".

Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Dresden Katja Kulakova hatte zum Gedenken an die Opfer der Nazi-Pogrome mitgeteilt, dass das Gemeindezentrum in der Synagoge am Hasenberg aktuell nicht genutzt werden kann, weil es aus Sicherheitsgründen umfassend umgebaut werden muss, aus Angst vor Anschlägen. Einzelheiten zu den Sicherheitsmaßnahmen will die Gemeinde aber aus Sicherheitsgründen nicht mitteilen.

"Wir sehen aber positiv, dass die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und Juden sowohl bei Landespolizeipräsident Jörg Kubiessa als auch beim Leiter der Polizeidirektion Dresden, Lutz Rodig, oben auf der Prioritätenliste steht", so Kulakova. "Zuletzt fand eine Begehung in den provisorischen Gemeindebüros nahe des Postplatzes statt, um das Sicherheitskonzept abzustimmen." Diese Büros werden so lange genutzt wie die Bauarbeiten am Gemeindezentrum am Hasenberg andauern. "Wir haben einen guten Kontakt zu der Polizei."

Auch vor den anderen jüdischen Einrichtungen in Dresden ist die Polizei dauerhaft präsent. "Wir haben 24 Stunden Polizei vor der Tür, vor dem Krieg war das nur während Veranstaltungen der Fall", so Weingarten.

Am 9. November gab es noch massivere Schutzvorkehrungen, um die Gedenkveranstaltung am Hasenberg abzusichern.
Am 9. November gab es noch massivere Schutzvorkehrungen, um die Gedenkveranstaltung am Hasenberg abzusichern. © Matthias Rietschel

Folgen des Nahost-Kriegs für Dresdner Polizei

Bei ihrem Schutzkonzept fährt die Polizei mehrgleisig. "Der Ausbruch des Krieges im Nahen Osten hat auch Folgen für uns als Dresdner Polizei", so Sprecher Thomas Geithner. "Das spiegelt sich zum einen in der Thematik angezeigter Versammlungen wider. Gerade im Hinblick auf Versammlungsverläufe Pro-Palästina in anderen Bundesländern haben diese Versammlungen auf der Prager Straße für uns eine besondere Relevanz. Glücklicherweise haben wir es bisher mit einem sehr kooperativen Versammlungsleiter zu tun, sodass es auch noch zu keiner Gewalt im Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen kam." Dort werden regelmäßig Dolmetscher vor Ort eingesetzt, um Aussagen, Reden oder auch Formulierungen auf Transparenten möglichst schnell auf eine strafrechtliche Relevanz prüfen zu können, sagt Geithner.

"Seit dem Überfall auf Israel betreiben wir zudem einen größeren Aufwand zum Schutz der jüdischen Einrichtungen. Hier kommt uns zugute, dass wir schon seit mehreren Jahren in einem sehr engen Austausch mit jüdischen aber auch muslimischen Einrichtungen stehen. Ich glaube, dass die jüdischen Gemeinden in Dresden durch uns gut beschützt fühlt."

Details will die Polizei aus taktischen Gründen nicht verraten." Wir haben mit Kriegsbeginn unsere Schutzmaßnahmen nochmals intensiviert", erklärt Geithner. "Sie unterscheiden sich jedoch abhängig von dem jeweiligen konkreten Objekt."

Um dies zu unterstützen und Antisemitismus entgegenzutreten, haben die Grünen eine Aktuelle Stunde im Stadtrat beantragt, die im Dezember stattfinden soll. "Wir fragen uns: Was kann Kommunalpolitik tun, um hier Beiträge zu leisten?", so Fraktionschefin Agnes Scharnetzky. Die Grünen haben mit den drei jüdischen Gemeinden Kontakt aufgenommen, um zu klären, was diese benötigen.

"Neben unserer uneingeschränkten Solidarität im Angesicht des Angriffs auf Israel und antisemitischer Übergriffe sind wir alltäglich in der Verantwortung, dass sich jüdisches Leben an vielfältigen Orten in Dresden weiter entfalten kann", so Scharnetzky. "In dieser großen Stadt gibt es beispielsweise aktuell kein ausgewiesen koscheres Restaurant." In einem jüdischen Museum als Begegnungs- und Lernort könne auch so etwas wiederbelebt werden. "Der Stadtrat sollte sich klar bekennen aber auch kritisch Bestandsaufnahme vornehmen, was zu tun ist, wo es aktuell Leerstellen gibt und wie denen begegnet werden kann."