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DVB-Kunden wegen 9-Euro-Ticket weniger zufrieden

Das 9-Euro-Ticket wurde im Sommer auch in Dresden rege gekauft. Doch es führte nicht nur zu Begeisterung. Kunden bewerteten Busse, Straßenbahnen und S-Bahnen negativer. Trotzdem behalten die DVB den Spitzenplatz.

Von Christoph Springer
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Wieder sind die DVB bundesweit Spitze bei der Kundenzufriedenheit. Doch ausgerechnet das 9-Euro-Ticket war ein Auslöser für Kritik.
Wieder sind die DVB bundesweit Spitze bei der Kundenzufriedenheit. Doch ausgerechnet das 9-Euro-Ticket war ein Auslöser für Kritik. © Archiv/Rene Meinig

Dresden. Ausgerechnet das größte Entgegenkommen hat geschadet. Dass in diesem Jahr drei Monate lang bundesweit für je neun Euro mit allen Nahverkehrsmitteln gefahren werden konnte, hat die Kundenzufriedenheit beeinflusst - sowohl bei den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) als auch im gesamten Verkehrsverbund Oberelbe (VVO). Sie ist dadurch nicht gestiegen. Die Einzelbewertung im Zusammenhang mit dem Günstig-Ticket fällt negativ aus. Mit dem besonders preiswerten Fahrschein seien die Ansprüche der Fahrgäste an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gestiegen, ordnen DVB und VVO diese Entwicklung ein. Folglich seien volle Busse, Straßenbahnen und S-Bahnen negativer bewertet worden.

Wie fällt die Gesamtbilanz aus?

Die Gesamtbilanz der Verkehrsbetriebe und des Verbundes hat darunter kaum gelitten. Das gilt vor allem für die DVB. Wieder und mittlerweile zum sechsten Mal hintereinander belegt das Dresdner Unternehmen bei einer bundesweiten Studie zur Kundenzufriedenheit den Spitzenplatz. Zwar ist der Wert der Kundenzufriedenheit etwas gesunken, doch für den Platz auf dem höchsten Podium reichte es erneut.

Der Verkehrsverbund insgesamt wurde wie auch die DVB überdurchschnittlich gut bewertet. "Es freut mich, dass es uns gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen gelungen ist, trotz der schwierigen Rahmenbedingungen das hohe Niveau der Vorjahre weiterzuführen", sagt VVO-Geschäftsführer Burkhard Ehlen.

Was waren die Probleme?

Dass ausgerechnet das 9-Euro-Ticket zu schlechteren Einzelbewertungen geführt hat, überrascht. Schließlich galt es als großer Wurf, sollte den ÖPNV attraktiver für alle machen und zugleich Hilfe sein. Und es hat gewirkt, überall stiegen die Fahrgastzahlen deutlich. Doch genau das war das Problem. Mancherorts waren die Nahverkehrsunternehmen dem Ansturm nicht gewachsen.

Beispiel S-Bahn: Die Züge waren besonders für Fahrten zu Ausflugszielen gefragt, manchmal war es eng, das Ein- und Aussteigen dauerte länger als geplant. Die starke Auslastung habe "zu einer schlechteren Bewertung des Platzangebots" geführt, sagt VVO-Sprecher Christian Schlemper. Zugleich verzögerten die längeren Ein- und Aussteigezeiten gelegentlich die pünktliche Abfahrt. Die Fahrgäste quittierten das mit einer schlechteren Bewertung der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit.

Wo sind die DVB Spitze?

Bei sechs von insgesamt 40 abgefragten Einzelmerkmalen und bei der sogenannten Gesamtzufriedenheit landeten die DVB auf dem Podium. Beste wurden die Verkehrsbetriebe beim Vergleich von 42 Unternehmen und Verbünden beim Linien- und Streckennetz. Den zweiten Platz belegen die DVB unter anderem bei der Bewertung der Fahrkartenautomaten und der Fahrplanauskunft im Internet, den dritten zum Beispiel beim Platzangebot im Fahrzeug.

Bis 2019 wurden im Schnitt mehr als zehn Merkmale von den DVB-Kunden so gut bewertet, dass es fürs Podium reichte. "Hier ist zu erkennen, dass andere Städte durch den kontinuierlichen Ausbau ihres Angebotes deutlich Plätze gutgemacht haben", erklären die DVB-Verantwortlichen. Mirko Rüde, Chef der DVB-Marktforschung, sagt, in Zukunft werde es deutlich schwerer, den Spitzen-Gesamtplatz zu verteidigen, eine weitere Ergebnissteigerung hinter dem Komma sei sehr aufwändig.

Was muss besser werden?

Die DVB haben die Einzelergebnisse ausgewertet und entsprechend einer Linienfahrt geordnet. Das heißt, von der Suche nach der passenden Fahrt im Fahrplan über den Aufenthalt an der Haltestelle bis hin zur eigentlichen Fahrt. Dabei kam heraus, dass Stammkunden, die Abofahrscheine haben, und Gelegenheitsnutzer das Verkehrsbetriebe-Angebot ähnlich bewerten. Allerdings ist die Zufriedenheit mit den DVB-Infos gesunken. Das betrifft unter anderem die Fahrplanauskunft im Internet, aber auch die persönliche Beratung im Infozentrum. Die Infozentren hatten wegen Corona nicht regelmäßig offen - unter anderem darauf führen die DVB-Verantwortlichen die sinkende Zufriedenheit mit den dort verfügbaren Informationen zurück.

Auffällig ist auch, dass Stammkunden mit allen Auswahlschritten vor Fahrtantritt besser zurechtkommen. DVB-Vorstand Andreas Hemmersbach kündigt deshalb an, dass künftig mehr für die Information von Gelegenheitsfahrern getan werden soll.

Wie geht es mit den Preisen weiter?

Wie den DVB die Einführung und der Verkauf des 9-Euro-Tickets gelungen ist, haben die Kunden mit einem Wert von 2,0 bewertet. Damit kamen die Verkehrsbetriebe auf den vierten Platz im Vergleich aller 42 Unternehmen und Verbünde. Der Verkehrsverbund stellt parallel dazu aber fest, dass das sehr günstige Ticket zu einer "kritischeren Betrachtung des Tarifsystems und der regulären Preise" geführt hat. Auch hätten die Fahrgäste bei der einfachen, bundesweiten Anwendung gesehen, was alles möglich sei.

Welche Rolle in diesem Zusammenhang das geplante "Deutschlandticket" spielt, das im nächsten Jahr eingeführt wird, können die Verantwortlichen der DVB und vom VVO noch nicht abschätzen. Dazu seien noch zu viele Details unklar, lautet die Begründung. Das betrifft zum Beispiel die Frage, welche Mitnahmeregeln gelten werden. Fest steht aber: Am 1. Dezember findet die nächste Sitzung des Gremiums statt, das hinter dem VVO steht. Die Mitglieder treffen sich dieses Mal im Dresdner Rathaus und sie werden voraussichtlich auch höhere Fahrkartenpreise beschließen.