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Ullersdorfer-Platz-Umbau: Anwohner soll seinen Dreiseithof abreißen lassen

Die Stadt möchte den Dresdner Verkehrsknotenpunkt umbauen und die Gleisschleife verlegen. Dafür müsste ein historisches Haus weichen. Dessen Besitzer kritisiert den Umgang mit ihm.

Von Kay Haufe
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Das Gebäude auf der Bautzner Landstraße 161 (links im Bild) müsste abgerissen werden, wenn die Gleisschleife an den Taubenberg verlegt und die Kreuzung umgestaltet wird.
Das Gebäude auf der Bautzner Landstraße 161 (links im Bild) müsste abgerissen werden, wenn die Gleisschleife an den Taubenberg verlegt und die Kreuzung umgestaltet wird. © René Meinig

Dresden. Einen großen Pavillon mit Kiosk und Café soll er erhalten, eine neue Bepflanzung sowie eine öffentliche Toilette. Diese Vision vom jahrzehntelang vernachlässigten Ullersdorfer Platz hat die Stadt vor reichlich einer Woche vorgestellt. Knackpunkt: Die Arbeiten, die auch die Verlegung der Gleisschleife zum Taubenberg beinhalten, sollen frühestens 2031 starten. Die Reaktionen aus der Politik kamen prompt.

"Der ganze Planungsprozess ist eine einzige Farce"

Es sei ärgerlich, dass sich ein Bauvorhaben dieser Größe über Jahre hinzieht, sagt CDU-Stadtrat Matthias Dietze und kritisiert, dass Bürgermeister Stephan Kühn (Grüne) nicht bereit ist, den Vorschlag für eine einfache Interimslösung von der CDU Loschwitz umzusetzen. Zudem sei mit dieser Planung die Chance vergeben, mit der Weiterführung der Linie 11 bis Weißig einen ganzen Ortsteil an die Bahnlinie anzubinden. "Die Weißiger hätten ohne Umsteigen ins Zentrum fahren können und für Pendler hätte eine große Parkfläche zur Verfügung gestanden, die nicht im Landschaftsschutzgebiet der Bühlauer Wiesen gelegen hätte", sagt Dietze.

Noch drastischer formuliert es SPD-Stadträtin Kristin Sturm: Die Stadtverwaltung habe in den vergangenen drei Jahrzehnten die Brisanz um die fehlende Verkehrssicherheit am Ullersdorfer Platz verschlafen. "Der ganze Planungsprozess ist eine einzige Farce. Dass wir nun weitere acht Jahre verlieren, verdeutlicht das Planungsversagen der Stadtverwaltung. Insbesondere für Schülerinnen und Schüler sowie ältere Menschen ist die gegenwärtige Verkehrssicherheit nicht ein weiteres Jahrzehnt hinnehmbar." Sturm fordert kurzfristige Verbesserungen wie barrierefreie Haltestellen sowie mehr Verkehrssicherheit.

Historisches Gebäude modernisiert

Und ein weiterer Kritiker der vorliegenden Planung hat sich zu Wort gemeldet: der Besitzer des Gebäudes Bautzner Landstraße 161. Sein Haus liegt an der engsten Stelle am Ullersdorfer Platz und müsste für die Verlegung der Gleisschleife sowie die Umgestaltung der Kreuzung mit Fuß- und Radwegen weichen. Verkehrsbürgermeister Kühn hatte zur Vorstellung der Pläne vergangene Woche erklärt, man sei "in guten und konstruktiven Gesprächen" mit dem Besitzer zu einem Grundstückstausch. Der wundert sich über diese Aussage.

"Ich hatte tatsächlich vor rund einem Jahr ein gutes Gespräch mit dem Bürgermeister", sagt der Bühlauer, der einen Handwerksbetrieb in der Neustadt führt und nicht namentlich genannt werden möchte. "Doch danach bekam ich nur Angebote von ruinösen Gebäuden und Grundstücken von der Stadt zugeschickt."

Er fühlt sich nicht ernst genommen von der Verwaltung. Das Gebäude hat er 2017 gekauft, nachdem die Planung der Linie 11 ad acta gelegt wurde. Damaliger Stand war, dass man den Ullersdorfer Platz an sich verbessern wolle. "Da war für mich klar, die Straßenbahnverlängerung ist Geschichte. Es bestand aus meiner Sicht keine Gefahr mehr, dass das Haus weichen muss." Er hat das Gebäude, einen ehemaligen Dreiseithof, aufwendig modernisiert und renoviert. Sechs Familien wohnen darin, eine Gewerbeeinheit steht zur Vermietung. "Ich bin durchaus gesprächsbereit, aber dann muss man auch ehrlich mit mir umgehen."

So soll der Ullersdorfer Platz nach der Umgestaltung aussehen.
So soll der Ullersdorfer Platz nach der Umgestaltung aussehen. © Visualisierung: Stadtverwaltung

Der Hausbesitzer möchte eigentlich nicht, dass sein Gebäude abgerissen wird, sonst hätte er es auch nicht erworben. Es ist eines der wenigen historischen am Ullersdorfer Platz, die dem Platz sein Gesicht geben. "Aber ich möchte auch nicht kompromisslos agieren, wenn die Mehrheit der Bürger diese Veränderung will."

Am ehesten könnte er sich vorstellen, dass die Stadt nach dem Abriss im hinteren Teil des Grundstückes ein neues Haus baut, in dem auch seine Mieter unterkommen. Doch auf Anfrage von Sächsische.de antwortet Bürgermeister Kühn: "Eine mögliche Bebauung des 'hinteren Grundstücksbereiches' wurde stadtplanerisch einer Vorprüfung unterzogen, stellte aber in der Abstimmung mit dem Eigentümer zumindest bisher keine weiter zu verfolgende Handlungsoption dar." Für den Eigentümer ist diese Antwort nicht nachvollziehbar. "Das wäre sogar meine bevorzugte Option."

Inakzeptable Angebote

Denn die Tauschangebote für Grundstücke, die die Stadt ihm unterbreitet hat, seien allesamt inakzeptabel, manche "Ruinen". Unter anderem ein Grundstück auf der Gorbitzer Uthmannstraße, eine Ruine auf der Hansastraße oder ein Grundstück mit einem Trafohäuschen direkt an der Bahnstrecke in Strehlen. "Ich habe ein fertiges Objekt und soll mich jetzt mit solchen Angeboten abfinden? Das macht mich wütend, wenn ich so etwas lese."

Bei der Stadt denkt man ganz anders über die angebotenen Objekte. Es handele sich um "werthaltige und entwicklungsfähige Tauschobjekte", schreibt Stephan Kühn. "Diese entsprachen aber nicht oder nur ungenügend den formulierten Anforderungen unter anderem hinsichtlich der Lage im Stadtgebiet oder der Verkehrsanbindung."

Heute ist der Ullersdorfer Platz aus allen Richtungen vom Verkehr geprägt.
Heute ist der Ullersdorfer Platz aus allen Richtungen vom Verkehr geprägt. © René Meinig

Verärgert ist der Hausbesitzer auch, dass man vor der öffentlichen Vorstellung der Pläne für den Ullersdorfer Platz nicht noch einmal mit ihm gesprochen habe. Das sei zugesagt worden. "Das Ziel der Landeshauptstadt Dresden ist es weiterhin, mit allen betroffenen Grundstückseigentümern eine einvernehmliche Lösung in Vorbereitung auf die Umgestaltung des Ullersdorfer Platzes zu finden", antwortet Kühn daraufhin. Es würden weitere alternative Tauschobjekte für die Abstimmung aufbereitet. "Dazu wird es kurzfristig weitere Abstimmungen mit dem Eigentümer des Grundstücks Bautzner Landstraße 161 geben."

Die Stadtverwaltung informiert am 23. Juni von 17 bis 19.30 Uhr im Gymnasium Bühlau, Quohrener Straße 12, über den aktuellen Planungsstand zum Ullersdorfer Platz. Wer teilnehmen möchte, kann sich bis Montag, den 19. Juni, unter www.dresden.de/ullersdorfer-platz anmelden.