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Verkehrsblockade: Klimaschützer haben den Straßburger Platz in Dresden lahmgelegt

Am Freitagmorgen haben Klimaschützer für Behinderungen am Straßburger Platz gesorgt - auf acht Fahrspuren. Mit dabei auch der in Schweden verurteilte Christian Bläul.

Von Christoph Springer & Juliane Just
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Acht Demonstranten blockieren am Freitagmorgen auf dem Straßburger Platz in Dresden eine der Straßen.
Acht Demonstranten blockieren am Freitagmorgen auf dem Straßburger Platz in Dresden eine der Straßen. © Sven Ellger

Dresden. Erst klebten sie sich auf die Hansastraße, dann setzten sie sich mehrfach auf die St. Petersburger Straße und auf die "Bautzner" am Albertplatz und nun auf die Zufahrten zum Straßburger Platz: Zum mittlerweile sechsten Mal haben Klimaschutz-Demonstranten in Dresden den Morgenverkehr behindert. Noch nie zuvor haben sie sich auf eine so große Kreuzung wie den Straßburger Platz gesetzt. Und es gab noch eine weitere Neuerung, abgesprochen mit dem Ordnungsamt und genehmigt von der städtischen Behörde.

Polizisten warten auf die Demonstranten

Um 7.15 Uhr treffen sich die Demonstranten an diesem Freitag auf dem Straßburger Platz unter den quadratisch zurechtgeschnittenen Bäumen neben der VW-Manufaktur. Die Polizei ist schon da, mehrere VW-Transporter und ein Elektro-Pkw sind vorgefahren, etwa ein Dutzend Polizeibeamte warten auf die Demonstranten.

Zu denen gehört an diesem Tag auch wieder Christian Bläul, der 40-jährige Physiker aus Dresden, der für eine Demonstration bei Stockholm in ein schwedisches Gefängnis kam. "Sabotage" sei ihm zur Last gelegt worden, berichtet Bläul. Nach rund zwei Wochen Untersuchungshaft kam er frei und kehrte nach Dresden zurück. Das Urteil: 800 schwedische Kronen an den Opferhilfe-Fonds des Landes muss er zahlen. Umgerechnet sind das gut 70 Euro.

Erste Blockade startet verspätet

Bei den vorangegangenen Demos startete die Blockade stets fast auf die Minute genau 7.30 Uhr. Dieses Mal wird es etwas später. Die Anmelder, in diesem Fall steht die Gruppe "Extinction Rebellion" hinter der Aktion, müssen noch mit der Polizei sprechen und untereinander klären, wer welchen Demo-Part übernimmt. Eigentlich will Bläul Handzettel verteilen, doch dann setzt er sich doch mit auf die Straße, als knapp zehn Demoteilnehmer die erste Blockade starten. Sie stoppen die Autos auf der Lennéstraße, gleich neben der Straßenbahnhaltestelle am Straßburger Platz.

Ein Fußgänger wird laut, beschimpft die Demoteilnehmer, fordert sie auf, aufzustehen. Die Polizei geht dazwischen, besänftigt den Mann und schickt ihn Weg. Bläul und seine Mitstreiter dürfen sieben Minuten sitzen bleiben. Die Polizei informiert unterdessen die wartenden Autofahrer über das, was vorn an der Kreuzung an der Weiterfahrt hindert.

Klimaschutz-Demonstranten blockieren den Verkehr auf der Lennéstraße am Straßburger Platz. Es gibt Diskussionen mit Passanten.
Klimaschutz-Demonstranten blockieren den Verkehr auf der Lennéstraße am Straßburger Platz. Es gibt Diskussionen mit Passanten. © Sven Ellger
Insgesamt acht Spuren des Straßburger Platzes wurden nacheinander blockiert.
Insgesamt acht Spuren des Straßburger Platzes wurden nacheinander blockiert. © Sven Ellger
Der Dresdner Physiker Christian Bläul (2.v.l.), der im August wegen einer ähnlichen Aktion in Schweden im Gefängnis saß, war bei der Blockade dabei.
Der Dresdner Physiker Christian Bläul (2.v.l.), der im August wegen einer ähnlichen Aktion in Schweden im Gefängnis saß, war bei der Blockade dabei. © Sven Ellger
Mit mehreren Plakaten machten die Demonstranten am Straßburger Platz auf ihre Forderungen in Bezug auf die Klimakrise aufmerksam.
Mit mehreren Plakaten machten die Demonstranten am Straßburger Platz auf ihre Forderungen in Bezug auf die Klimakrise aufmerksam. © SZ/Christoph Springer

Etwa 50 Autos stauen sich in den sieben Minuten, die die Demonstranten laut Absprache mit dem Ordnungsamt sitzen bleiben dürfen. Die Polizei schaut auf die Uhr und sorgt dafür, dass die erlaubte Zeit nicht überschritten wird.

Neue Taktik auf dem Straßburger Platz

Kurz vor 8 Uhr beginnt die zweite Blockade - dieses Mal auf der Stübelallee in Richtung Innenstadt. Das ist neu: Bisher haben die Klima-Demonstranten immer nur eine Fahrtrichtung blockiert, dieses Mal werden sie sich nach vier Blockaden auf alle vier Zufahrten zum Straßburger Platz gesetzt haben.

Dieses Mal wird der Autostau länger, er reicht schließlich fast bis zum Comeniusplatz. Einer der Aktionsteilnehmer verteilt Handzettel. "Wir unterbrechen den Verkehr nur für sieben Minuten", steht darauf. "Aber diese kleine Verzögerung erzielt große Wirkung: Denn sie rückt den Klimanotstand medial und politisch in den Blick!" Dann werden wissenschaftliche Hintergründe erklärt.

Auch die Dresdnerin Michaela Rehfeld steht im Stau. Fast wäre sie mit ihrem Opel-Kombi noch über den Straßburger Platz gekommen, doch jetzt sitzt sie in der ersten Reihe vor den Demonstranten und muss warten. "Wichtig ist das schon, Klima ist ein Thema", stellt sie fest. Wer arbeiten müsse, sei jetzt natürlich nicht begeistert über die Wartezeit. "Aber es geht hier sehr friedlich ab, finde ich gut", sagt die Autofahrerin. Sie muss zu einer Weiterbildung und wird nun zu spät kommen. Doch sie hat dort schon per Telefon vorgewarnt.

Demoteilnehmer machen Platz für Notfall

Zwei weitere Blockaden finden gleich im Anschluss statt. Die Demoteilnehmer setzen sich noch auf die Güntzstraße und die Grunaer Straße. Rund 45 Minuten nach dem Demobeginn ist alles vorbei. Bläul muss auf der "Grunaer" allerdings früher als geplant aufstehen. Ein Audi muss durch, ein Notfall. Am Steuer eine Frau, auf dem Beifahrersitz auch. Die Frau auf dem Beifahrersitz ist hochschwanger, sie muss dringend zur Entbindung ins Krankenhaus St. Joseph-Stift, Tränen stehen in ihren Augen.

Bläul springt sofort auf, die Polizei lotst das Auto über die Kreuzung. Bei solchen Notfällen, für Einsatzfahrzeuge von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr, machen die Demonstranten die Straße stets frei, haben sie immer angekündigt.

Bläul kündigt zum Schluss an: Etwa drei solche Bockade-Aktionen sollen in diesem Jahr in Dresden noch stattfinden. Wie bei allen anderen zuvor steht der Ort nach dieser Demonstration am Freitag noch nicht fest.

Sechste Straßenblockade in Dresden

Auch, ob er selbst dabei sein kann, ist nicht sicher. Denn der 40-Jährige will das Gerichtsurteil aus Schweden nicht anerkennen. "Ich gehe in die nächsthöhere Instanz und vielleicht bis zum obersten schwedischen Gericht", sagt er. Es könne schließlich nicht sein, dass politischer Protest verhindert, gar bestraft werde.

Sechs Monate Haft hat die Staatsanwaltschaft in Schweden für ihn gefordert, 800 Kronen für die schwedische Opfer-Hilfe wurden am Ende daraus. Bläul weiß, dass er in einer weiteren Instanz auch verlieren könnte. Doch er bleibt dabei: Die Aktion in Stockholm war ein Protest für den Klimawandel, keinesfalls Sabotage, findet er. Solcher Protest wäre dringend nötig.