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Streit um Verkehrsversuche in Dresden: Was die Kritiker sagen und planen

In Dresden soll unter anderem auf der Carolabrücke eine Autospur zum Radweg werden. Mit welchen Argumenten die Kritiker die Versuche verhindern wollen.

Von Andreas Weller
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Auf der Carolabrücke in Dresden soll eine Autospur wegfallen, um einen Radweg zu schaffen. Das sorgt für Streit.
Auf der Carolabrücke in Dresden soll eine Autospur wegfallen, um einen Radweg zu schaffen. Das sorgt für Streit. © Matthias Rietschel

Dresden. Der Verkehr in Dresden ist immer wieder Hauptstreitpunkt in der Politik. Die Vorstellung der Verkehrsversuche, die in diesem Jahr durchgeführt werden sollen, sorgt umgehend für heftige Diskussionen. Nun wird bereits ein Szenario beschrieben, wie ein konkretes Projekt verhindert werden könnte. Aber es gibt durchaus auch Unterstützung für die Pläne der Stadt.

Um welche Verkehrsversuche geht es genau?

Unter anderem kommen im April die umstrittenen Radwege auf dem Blauen Wunder sowie der Radweg am Schillerplatz zwischen den Autos. Zur selben Zeit wird eine sogenannte Umweltspur auf der Flügelweg eingerichtet. Dort muss eine Autospur in Richtung Cotta weichen, um einen Radweg zu testen, den auch Busse nutzen können.

Im September wird dann auf der Carolabrücke ein Radweg getestet, für den stadteinwärts ebenfalls eine Autospur weichen muss. Auch auf der Kesselsdorfer Straße wird testweise ein Radweg angelegt.

Wer kritisiert die Versuche und warum?

Während der Wegfall einer Fahrspur an der Kesselsdorfer Straße zugunsten eines Radweges entspannt gesehen wird, sind einige Politiker über die anderen Pläne entsetzt. "Wenn man wie an der Kesselsdorfer Straße zwei vergleichbar gute Varianten hat, wie es funktionieren kann, ist es richtig, dies zu testen", so CDU-Stadtrat Veit Böhm.

"Aber den Radweg auf der Carolabrücke als Verkehrsversuch vor die geplante Sanierung zu ziehen, ergibt keinen Sinn", so Böhm. "Während des anschließenden Baus muss der Rad- und Fußverkehr umgeleitet werden. Wozu soll dieser Test gut sein?"

Da die Simulation für den Radweg auf dem Blauen Wunder bereits gezeigt hat, dass Busse bis zu zwölf Minuten Zeitverlust haben werden, ist Böhm auch gegen diesen Versuch. "Der Versuch am Flügelweg wird dazu führen, dass sich der Verkehr bis Übigau staut. Wenn wir aber weniger Verkehr in der Innenstadt haben wollen, muss die Westumfahrung attraktiv sein - also die Flügelwegbrücke und die Nossener Brücke."

Der Fraktionsgeschäftsführer der Freien Wähler, Thomas Blümel, sorgt sich vor allem um die Sicherheit der Radfahrenden am Blauen Wunder. "Ein 'Versuch', der das Risiko für Verletzungen bei Radfahrern erhöht, gehört verboten. Man kann aktuell völlig entspannt über das Blaue Wunder fahren."

Das sei die Fortsetzung einer "zutiefst fragwürdigen Verkehrspolitik", meint der Verkehrspolitiker der FDP-Fraktion, Holger Zastrow. "Hier wird sich die Frage der Verantwortung stellen und die CDU hat diese Politik des grünen Bürgermeisters viel zu lange mitgetragen und das Ressort sogar einem Grünen anvertraut." Es gehe bei den Versuchen gar nicht um die beste Lösung, sondern um eine "ideologische Verkehrspolitik". Zastrow weiter: "Dresden wird für Radfahrer umgebaut, der Radweg auf der Carolabrücke ist eine Provokation eines jeden Autofahrers." Auch er meint, der Verkehrsversuch am Blauen Wunder sei überflüssig, weil die Nachteile nur überwiegen könnten.

Wie könnten die Verkehrsversuche noch verhindert werden?

Beim Blauen Wunder haben die Gegner bereits alle Strippen gezogen und Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) zu einem Veto gebracht. Trotzdem hat der Stadtrat in der vergangenen Woche knapp für den Versuch gestimmt. Ab 8. April werden die Radwege getestet. Dieser Versuch wird nicht mehr zu verhindern sein.

"Aber bei der Kommunalwahl im Juni stimmen wir auch über die künftige Verkehrspolitik in Dresden ab", so Zastrow, der mit einem eigenen Team antritt, nicht mehr für die FDP. "Wenn es nach der Wahl andere Mehrheiten gibt, wird es den Verkehrsversuch auf der Carolabrücke nicht geben", kündigt er an. Auch künftig würden dann andere Verkehrsentscheidungen getroffen werden.

Was sagen die Unterstützer der Versuche?

"Simulationen umfassen nicht alles, deshalb ist es gut, Dinge auszuprobieren", so Grünen-Stadträtin Susanne Krause. Konkrete Verlagerungen, wer welches Verkehrsmittel nutzt, ob Bereiche großräumig umfahren werden oder sich der Verkehr zeitlich verlagert, könne nicht berechnet werden. "Verkehrsversuche zeigen das echte Verhalten von echten Menschen", stellt Krause klar. "Ich bin überzeugt, dass fast alle Lösungen auch funktionieren. Das Verkehrssystem wird nicht kollabieren. Wer das behauptet, spielt mit Ängsten und das finde ich fahrlässig."

Sie verweist außerdem darauf, dass die Straßenverkehrsbehörde nicht weisungsgebunden ist, sondern nur das vorschlägt und umsetzt, was rechtlich auch erlaubt ist. "Auch wenn wir einen grünen Verkehrsbürgermeister haben, was ja angeprangert wird." Die Versuche seien "sinnvoll, um die Verkehrsarten zum Zug kommen zu lassen, die bisher hintendran waren". Niemand entscheide sich aus ideologischen Gründen fürs Fahrrad. "Es geht darum, von A nach B zu kommen." Dafür müssten alternative Angebote geschaffen werden, um die Straßen zu entlasten.

Wichtig sei eine "ehrliche Auswertung", sagt SPD-Stadtrat Stefan Engel, der ebenfalls die Versuche unterstützt. "Dann müssen die Fakten entscheiden, wir haben nicht endlos Platz, deshalb wünsche ich mir mehr Pragmatismus bei der Aufteilung der vorhandenen Räume."