Dresden
Merken

Kehrtwende am Blauen Wunder: Radweg in Dresden kommt doch

Auf dem Blauen Wunder sollte per Verkehrsversuch ein Radweg angeordnet werden. Kurzfristig stoppte OB Dirk Hilbert den Versuch. Doch nun die Kehrtwende: Der Radweg kommt.

Von Juliane Just & Dirk Hein
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Hunderte Fahrradfahrer blockierten am Montagmorgen das Blaue Wunder in Dresden, um für einen Radweg zu demonstrieren.
Hunderte Fahrradfahrer blockierten am Montagmorgen das Blaue Wunder in Dresden, um für einen Radweg zu demonstrieren. © Sebastian Kahnert/dpa

Dresden. Die geplante Markierung eines Radstreifens in Richtung Schillerpatz auf dem Blauen Wunder hat in den vergangenen Tagen für erhebliche Diskussionen gesorgt. Nun gibt die Stadt bekannt: Der Verkehrsversuch kommt trotz großer Proteste doch.

Die Markierungen dafür werden, sofern die Witterungsverhältnisse es zulassen, am 15. Oktober 2023 aufgebracht. Bis dahin sind die Bauarbeiten auf der Bautzner Straße abgeschlossen. Die Strecke könnte dann als Ausweichroute genutzt werden. Der Verkehrsversuch soll maximal ein halbes Jahr dauern. Eine Fahrspur auf der Brücke fällt mindestens für die Dauer des Tests weg.

Erst am Montag hatte der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) zu einer Demonstration auf dem Blauen Wunder aufgerufen. Über 400 Radfahrer sind dem Aufruf gefolgt und blockierten die Fahrspuren auf dem Blauen Wunder. Hintergrund war die Enttäuschung über das schnelle Scheitern der Radweg-Pläne. Der Verkehrsversuch hätte bereits am Montag starten sollen, doch Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hat die Pläne von Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) auch auf Drängen der CDU-Fraktion am vergangenen Donnerstag gestoppt.

"Die Umsetzung des geplanten Verkehrsversuches wird vorerst ausgesetzt", so Rathaussprecherin Barbara Knifka zu dem Zeitpunkt. "Wie sich zeigt, gibt es seitens des Stadtrates und der Stadtbezirksbeiräte noch Klärungsbedarf. Diesem Informationsdefizit wird der Oberbürgermeister Rechnung tragen." Nun also eine erneute Kehrtwende.

"Verkehrsversuch kann Klarheit über den richtigen Weg geben"

Alleine die heftige Debatte habe laut Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) gezeigt, dass es ein Informationsdefizit gegeben hat und sowohl Stadträte als auch Stadtbezirksbeiräte mehr Erklärungen seitens der Verwaltung erwartet haben. "Ich habe den zuständigen Fachbereich ausdrücklich gebeten, das nachzuholen und so wird dies unter anderem im Stadtbezirksbeirat Blasewitz am 27. September geschehen", erklärt Hilbert.

"Es ist völlig unstrittig, dass die Situation für Radfahrende rund um das Blaue Wunder verbessert werden muss. Ein Verkehrsversuch kann hier Klarheit über den richtigen Weg geben. Klar muss aber auch sein: Sollte sich herausstellen, dass der ÖPNV unverhältnismäßig benachteiligt wird, muss man den Versuch auch wieder abbrechen."

Radfahrer sind am Blauen Wunder oftmals gefährdet

Sowohl Stadtratsbeschlüsse als auch das Radverkehrskonzept der Stadt sehen eine Verbesserung der Situation für den Rad- und Fußverkehr auf dem Blauen Wunder vor. Gegenwärtig sind zwischen Körner- und Schillerplatz keine vom übrigen Verkehr getrennten Radverkehrsanlagen vorhanden, sodass Radfahrende oftmals gefährdet sind.

Trotz fehlender Radverkehrsanlagen ist die Radverkehrsmenge auf dem Blauen Wunder seit 2018 um 46 Prozent gestiegen. Der Kfz-Verkehr hat im selben Zeitraum um 13 Prozent abgenommen. Allerdings sind in dem Zeitraum die Bedingungen für Autofahrer um die Brücke herum auch deutlich schlechter geworden.

Um Radfahrstreifen auf dem Blauen Wunder und in der Zufahrt zum Schillerplatz einrichten zu können, ist der Wegfall einer Fahrspur des Kfz-Verkehrs notwendig. Im Vorfeld wurden erhebliche Verlustzeiten für die Buslinie 61 und 84 aus Richtung Grundstraße in der Spitzenstunde morgens berechnet. Durch die Anpassung der Ampel-Steuerung am Schillerplatz konnten diese reduziert werden.

"Wir möchten evaluieren, welche Auswirkungen die Markierung der Radverkehrsanlage auf den ÖPNV, Auto-, Rad- und Fußverkehr hat. Deshalb werden die Radfahrstreifen als Verkehrsversuch markiert", so Bürgermeister Kühn. Erst nach dessen Auswertung könne entschieden werden, ob die Radstreifen beibehalten werden. Die Dresdner Verkehrsbetriebe unterstützen den Verkehrsversuch, um die realen Auswirkungen auf die Fahrtzeiten der Busse zu ermitteln.

OB-Entscheidung wird zum Fall für Juristen

"Es ist richtig, dass der Verkehrsversuch endlich beginnen kann. Die gute Vorbereitung aus der Verwaltung hat den Oberbürgermeister offensichtlich davon überzeugt, dass dieser Versuch eine vernünftige und sinnvolle Lösung eines drängenden Problems ist", sagt Stadträtin Susanne Krause (Grüne). Man sei zuversichtlich, dass sich die seit langem fällige Verbesserung für Radfahrer "in der Praxis insgesamt positiv auf die Verkehrssituation am Blauen Wunder auswirken wird."

Doch es gibt auch Kritik. "Die Verwaltung sorgt gerade für Chaos, ich frage mich, wer diese Stadt führt. Die Entscheidung des OBs ist inakzeptabel. Es geht am Blauen Wunder nicht nur um den ÖPNV, sondern auch um den Autoverkehr. Der OB muss sich allmählich fragen, wer ihn gewählt hat", sagt FDP-Fraktionschef Holger Zastrow. Er kritisiert damit, dass Hilbert scheinbar vor Verkehrsbürgermeister Kühn eingeknickt ist und er den Verkehrsversuch zudem nur rückgängig machen will, falls der ÖPNV, nicht aber, falls Autofahrer erheblich benachteiligt werden.

Die AfD-Fraktion lässt das Handeln von OB Hilbert jetzt von den Juristen der Landesdirektion als Aufsichtsbehörde prüfen. "Was die Stadt vorhat, ist offensichtlich nachteilig für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Im Verkehrsversuch wird nur geprüft, wie nachteilig. Das ist rechtswidrig", sagt Fraktionschef Thomas Ladzinski.