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Nutri-Score: Die Lebensmittel-Ampel muss Pflicht werden

Der Nutri-Score wird gern und populistisch kritisiert. Das hilft am Ende den Falschen - den Herstellern. Ein Kommentar.

Von Katrin Saft
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Der Nutri-Score ist weit weg von Perfektion - trotzdem wird er zu heftig und leichtfertigt kritisiert, meint SZ-Redakteurin Katrin Saft.
Der Nutri-Score ist weit weg von Perfektion - trotzdem wird er zu heftig und leichtfertigt kritisiert, meint SZ-Redakteurin Katrin Saft. © dpa

Nach diversen Ernährungspäpsten hat nun auch Mario Barth auf RTL „aufgedeckt“: Bei der Lebensmittelampel gibt es Ungereimtheiten. Wie könne es zum Beispiel sein, dass Cola light mit einem grünen B davonkommt? Ja, lieber Mario, das ist unlogisch! Aber heißt das gleich, dass der Nutri-Score nichts taugt?

Die Lebensmittelindustrie versteht es perfekt, billige und ungesunde Zutaten werbewirksam an die Esser zu bringen. Kaum einer hat die Zeit und das Fachwissen, beim Einkauf das Kleingedruckte auf der Rückseite zu interpretieren. Und so futtern sich die Deutschen immer dicker und kränker. Insofern ist es richtig, endlich etwas dagegenzusetzen: ein Label, das Lebensmittel anhand der gleichen wissenschaftlichen Kriterien bewertet – und das Ergebnis für jeden verständlich schon auf der Vorderseite anzeigt.

Eier legende Wollmilchsau

Wer allerdings glaubt, dass sich Zehntausende hoch komplexe Produkte problem- und ausnahmslos in fünf Farbschubladen einsortieren lassen, der glaubt an die Eier legende Wollmilchsau. Schwachstellen wie das Nichtberücksichtigen von Süßstoffen müssen nachgebessert werden. Doch bei der großen Mehrheit der Produkte funktioniert der Nutri-Score bereits: als schnelle Orientierung für einen gesünderen Einkauf. Sein entscheidender Vorteil ist, dass er nicht kommerziell getrieben und damit ehrlich ist.

Die oft populistisch zur Schau gestellte Kritik am Nutri-Score dagegen spielt nur den Herstellern in die Hände, die gegenüber Konsumenten keine Farbe bekennen wollen. Nicht ohne Grund finden sich bislang kaum Lebensmittel mit einem orange D und roten E. Ziel des Nutri-Scores ist es nicht, diese Produkte zu verbannen, sondern ein Achtungszeichen zu setzen: Die Menge macht hier das Gift!

Statt an Einzelbeispielen das System schlechtzureden, sollte über das eigentliche Problem diskutiert werden: Warum das Label nicht Pflicht wird. Denn erst wenn alle mitmachen, können Getränke oder Müslis unterschiedlicher Hersteller verglichen werden. Und erst dann besteht ein Anreiz, den Zucker-, Fett- oder Salzgehalt von Produkten zu reduzieren. Wer sich umschaut in der Bevölkerung, sieht, dass es höchste Zeit dafür ist.