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Hohe Gaspreise: Görlitzer Stadtwerke verlieren Großkunden

Ab Anfang Januar wechselt F.T. Immobilien zu einem bayrischen Anbieter. Laut Stadtwerke Görlitz sei das ein Einzelfall.

Von Marc Hörcher
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Frank Tews, Geschäftsführer der Görlitzer Firma F.T. Immobilien
Frank Tews, Geschäftsführer der Görlitzer Firma F.T. Immobilien © privat

Angesichts der Energiekrise zieht der Görlitzer Vermieter F.T. Immobilien nun einen Schlussstrich. Er bezieht sein Gas nach der letzten Preiserhöhung nicht mehr von den Stadtwerken. Ab Januar ist nun das Unternehmen Montana mit Sitz in Oberbayern der neue Lieferant, wie der Betreiber auf seiner Webseite mitteilt.

Die Stadtwerke selbst hatten den langjährigen Gasliefer-Rahmenvertrag, der seit Ende 2016 bestand, gekündigt. Bei den Preisverhandlungen habe der Anbieter "kein annehmbares Angebot" unterbreitet, begründet der Vermieter diesen Schritt. Zuletzt lagen die Konditionen bei 15,9 Cent pro Kilowattstunde netto Arbeitspreis. "Daher mussten wir uns zwangsläufig am Gasmarkt umsehen und haben dazu einen bundesweit tätigen Energiemakler genutzt", erklärt Geschäftsführer Frank Tews auf Nachfrage. "Die bekannten regionalen Lieferanten wollten zum Teil kein Angebot für die immerhin 22 Millionen Kilowattstunden abgeben beziehungsweise haben Preise vom vier- bis fünffachen des aktuellen Tarifes aufgerufen", so Tews.

Fakt sei, dass der neue Gasabschlag ab Januar nun beim 2,8-fachen liege. Das sei ein Durchschnittswert am Spot-Markt. Besagter Spot-Markt ist ein Modell, bei dem die Energiemenge erst dann gekauft wird, wenn sie auch verbraucht wird. Der Umstieg in ein Festpreis-Modell sei jederzeit möglich.

Der Geschäftsführer möchte betonen, dass ihm sehr daran gelegen sei, mit den Stadtwerken weiterhin ein partnerschaftliches Verhältnis zu pflegen. Der Vermieter habe eine rein wirtschaftliche Entscheidung getroffen, stehe schließlich gegenüber Eigentümern und Mietern in der Verantwortung.

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Die Kostensteigerung geht dennoch nicht an dem Unternehmen vorbei - und damit auch nicht an den Mietern. "Die Betriebs- und Heizkosten werden selbst bei Einbeziehung des „80 %-Gaspreis-Deckels“ ab 1. Januar 2023 um rund einen Euro pro Quadratmeter steigen. Die Kostensteigerungen bei den Gebäudeversicherungen sowie nahezu allen Dienstleistungen von 10 bis 20 Prozent sind darin bereits eingepreist", erklärt Tews.

Auch der Görlitzer Großvermieter Kommwohnen ist von den schmerzhaften Preisveränderungen am Markt stark betroffen. "Als Marktteilnehmer und Vermieter haben wir natürlich ein großes Interesse daran, die Gaspreise für unsere Mieter in den uns möglichen Grenzen zu halten", erklärt Jenny Thümmler, Sprecherin des Unternehmens, auf Nachfrage. Auch liege es dem Unternehmen am Herzen, den regionalen Wirtschaftskreislauf nicht zu gefährden. Mit den Stadtwerken habe man in der Vergangenheit einen zuverlässigen Versorger gehabt. "Weil nur ein kleiner Teil unserer Häuser unter Fremdverwaltung steht, haben wir im Gegensatz zu manch anderem Immobilienunternehmen in der Stadt, andere Möglichkeiten in der Vertragsgestaltung. So sehen wir derzeit keine Veranlassung, den Anbieter zu wechseln", so Thümmler weiter.

Zurückhaltender äußert sich André Donath, kaufmännischer Vorstand des Görlitzer Vermieters Genos. "Wir sind noch in den Preisverhandlungen mit den Stadtwerken", sagt er, und möchte sich öffentlich nicht näher dazu äußern.

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Derzeit ohnehin nicht von den Stadtwerken mit Gas beliefert wird die TAG Immobilien AG. Lediglich für einen Teil des Bestandes in Görlitz beziehe man die Fernwärme von den Stadtwerken, erklärt Pressesprecherin Grit Zobel.

Die Stadtwerke Görlitz selbst erklären auf SZ-Anfrage, dass ihnen generell der Großteil der Kunden, trotz der aktuell sehr angespannten Situation aufgrund der Energiekrise, die Treue halte. "Sie wissen, dass die Stadtwerke Görlitz AG auch in Krisenzeiten ein verlässlicher Partner ist", erklärt Vertriebsleiter Sacha​ Caron. Nähere Informationen über Kundengespräche gebe man aus Datenschutzgründen nicht heraus.