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Gibt es in Görlitz genug Plätze für legales Graffiti-Sprayen?

Wer sich mit Graffiti ausprobieren will, findet Angebote in der Rabryka und vor dem Basta. ASB-Sozialarbeiter Jens Dziony kämpft für weitere Möglichkeiten.

Von Marc Hörcher
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Die Graffiti-Wände auf dem Leipziger Platz in Görlitz dürfen eigentlich nicht ohne Voranmeldung bemalt werden. Wie man sieht, hält sich mancher Sprayer nicht daran und hinterlässt einfach seine Tags.
Die Graffiti-Wände auf dem Leipziger Platz in Görlitz dürfen eigentlich nicht ohne Voranmeldung bemalt werden. Wie man sieht, hält sich mancher Sprayer nicht daran und hinterlässt einfach seine Tags. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Schmierereien und politische Symbole, sogenannte Graffiti-Tags, illegal gesprüht, erregten in den vergangenen Wochen den Unmut der Stadtgesellschaft. Tatsächlich einen der illegalen Sprayer auf frischer Tat geschnappt hat nun die Görlitzer Polizei. Beamte des Görlitzer Reviers stellten in der Nacht zum Donnerstag den Schmierfinken und nahmen ihn vorläufig fest, teilt Sven Möller, Sprecher der Polizeidirektion Görlitz, mit. Der 23-jährige deutsche Täter sei den Beamten auf der Brautwiesenstraße aufgefallen.

„Hier schmierte er verschiedene Buchstaben an Fassaden - kurz darauf klickten die Handschellen. Bei der Durchsuchung des Tatverdächtigen konnten entsprechende Tatmittel aufgefunden werden.“ Auch verschiedenes weitere Geschmiere entdeckten die Polizisten in seiner Nähe. Der Sachschaden wird auf mindestens 1.200 Euro beziffert. Ein Drogentest bei dem jungen Mann reagierte außerdem positiv auf Amphetamine. Der Kriminaldienst ermittelt und prüft, welche illegalen Graffiti-Taten der jüngsten Vergangenheit dem Beschuldigten noch zugerechnet werden können.

Mit der klassischen Graffiti-Szene habe solcher Vandalismus, wie er in der Altstadt, aber auch in Königshufen und dem Kidrontal in den vergangenen Wochen vorkam, jedoch in der Regel wenig zu tun, sagt Polizeisprecher Marcel Malchow. „Im Stadtgebiet von Görlitz handelt es sich bei vielen angezeigten Sachbeschädigungen meist um Eddingschmierereien beziehungsweise sonstige Farbschmierereien ohne den „künstlerischen Aspekt“ eines Graffitis.“ Solche in der Szene als „Tag“ bezeichneten Signaturkürzel verwenden Graffiti-Sprüher als Pseudonym, häufig als Unterschrift, aber auch als territoriale Markierung. „Ziel ist dabei, den eigenen Style zu präsentieren und in einem bestimmten Gebiet besonders präsent zu sein.“

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Auch Robert Gröschel, Sozialarbeiter im Team des Soziokulturellen Treffpunkts „Rabryka“, betont, hier müsse man differenzieren - zwischen den „sehr unschönen“, hingeschmierten Tags und großflächiger Graffiti-Kunst. Für Letzteres ist die Rabryka einer der Anlaufpunkte in der Stadt, an denen Sprayer legal ihrem Hobby nachgehen können. Auf dem Gelände der benachbarten Hefefabrik gibt es dafür die Holzplatten an der Skaterampe der „Rabryka“. Im Sommer werde das rege genutzt, so Gröschel. Und mittlerweile habe sich der Rabryka-Trägerverein als Ansprechpartner etabliert, um Graffiti-Künstler für Auftragsarbeiten zu vermitteln - er bekomme Anfragen aus dem gesamten Landkreis. Von der Rabryka mit initiiert wurde auch die Gestaltung der Graffiti-Wand am Leipziger Platz. Letztere ist aber nicht als öffentliche Graffiti-Wand freigegeben. Richtig schön sieht sie mittlerweile nicht mehr aus. Geschmiere und Tags überlagern die ursprünglichen Werke. Eigentlich könnte die Wand mal wieder eine Neugestaltung gebrauchen, findet auch Gröschel.

Legale Flächen zum Sprühen in Görlitz sind zwar durchaus vorhanden, aber: An öffentlichen Räumen, an denen Hobby-Künstler ohne Anmeldung lossprühen dürfen, fehlt es, findet Jens Dziony, Sozialarbeiter der Mobilen Kinder- und Jugendarbeit des ASB. Regelmäßig versucht er, das Anliegen im Arbeitskreis öffentlicher Raum bei der Verwaltung einzubringen. Aus dem Rathaus hieß es kürzlich auf SZ-Nachfrage, solche legalen Möglichkeiten für Graffiti im öffentlichen Raum sollten geschaffen werden. Dziony wäre bereit, einen solchen Platz zu betreuen. In der Vergangenheit gab es ein ähnliches Angebot schon mal am ASB-Büro an der Konsulstraße, doch das fiel dem Verschleiß anheim. Der Sozialarbeiter hat in Gesprächen mit manchen Mitarbeitern bislang eine „gewisse Skepsis“ gespürt, ob man den Jugendlichen durch Graffiti-Workshops das Handwerkszeug für illegales Sprühen an die Hand gebe. Von der Hand zu weisen sei das nicht. Und gewiss könne man politisches Geschmiere durch neue legale Sprüh-Flächen nicht verhindern, sagt er, „das geht nur durch Verfolgungsdruck“.

Eine weitere legale Graffiti-Wand befindet sich am Jugendkulturzentrum Basta an der Hotherstraße. Sie umrahmt den Innenhof und wird in der Regel einmal im Jahr neu gestaltet, zur Geburtstagsfeier des Trägervereins. Im Prinzip könne sich dort jeder ausprobieren, so der Vorstandsvorsitzende Benjamin Schubert - aber auch für diese Wand gilt: Bitte vorher anmelden, nicht einfach drauflos sprühen.

Ebenfalls ein Graffiti-Projekt im öffentlichen Raum initiiert hat der Bürgerrat Innenstadt West. Dafür nutzten die Macher die verrammelten Fenster, an der Bautzener Straße etwa gestalteten sie mit Sprüh-Schablonen einen grünen Blätterwald auf den Holzbrettern. Ohne Diskussionen mit der Verwaltung ließ sich auch dieses Projekt nicht durchsetzen. Es habe Bedenken des Amtes für Stadtentwicklung bezüglich der Sicherheit bei der Gestaltung der Fenster gegeben, so der Bürgerrat auf seiner Projektseite. Diese seien jedoch „unbegründet, da die Gebäude bereits notgesichert sind.“