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Görlitz: Wenn Diebe Autos schrottreif fahren – Was nach einer Verfolgungsjagd passiert

Eine Verfolgungsjagd auf der B156 von Uhyst bis nach Krauschwitz sorgt für Gesprächsstoff - und ist kein Einzelfall. Sächsische.de geht offenen Fragen nach.

Von Marc Hörcher
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Auf der Bautzener Straße (B115) in Bad Muskau kam es kürzlich zu einem schweren Verkehrsunfall.
Auf der Bautzener Straße (B115) in Bad Muskau kam es kürzlich zu einem schweren Verkehrsunfall. © SZ-Archiv / Danilo Dittrich

Eine polizeiliche Verfolgungsjagd eines Autodiebs ereignete sich vor knapp zwei Wochen quer über die Bundesstraße 156 von Uhyst bis nach Krauschwitz. Die Bilanz: ein schwerer Unfall, ein schwerverletzter Dieb, ein zunächst arbeitsunfähiger Bundespolizist und ein demolierter Audi. Gegen den Tatverdächtigen, einen 30-jährigen Polen, hat das Amtsgericht Görlitz mittlerweile Haftbefehl erlassen. Das Gericht entscheidet nun über Strafmaß und weitere Folgen. In Zittau wollte eine Polizeistreife vor einigen Wochen einen nicht versicherten Rover kontrollieren - und der Fahrer raste über die Grenze davon. Die Verfolgungsjagd ging hier bis ins polnische Sieniawka. Auch hier gab es Blechschaden.

Immer mal wieder gibt es solche Fälle in der Region. Sie werfen Fragen auf, die sich Leser in sozialen Netzwerken stellen. Sächsische.de ist ihnen nachgegangen.

Bei der Verfolgungsjagd über die B156 soll nach ersten Erkenntnissen ein Bundespolizist verletzt worden sein. Wer übernimmt die Behandlungskosten in einem solchen Fall?

Der Beamte sei mittlerweile wieder einsatzfähig, erklärt Michael Engler, Sprecher der Bundespolizei Ludwigsdorf. Tatsächlich musste der Rettungsdienst ihn nicht groß behandeln. Der Bundespolizist trug vielmehr eine stressbelastende Störung davon. Für einen solchen Fall hat die Polizei eine psychosoziale Notfallversorgung, die dazu dient, dem Geschädigten zu helfen. Kosten gegenüber Dritten entstehen erstmal nicht.

Und wie ist es bei schlimmeren Verletzungen?

Wenn ein Rettungsverband tätig wird, entscheidet dieser, ob er die Kosten dem Unfallverursacher in Rechnung stellt. Bundespolizisten sind über die „Heilfürsorge“ der Bundespolizei versichert. Diese ist keine gesetzliche Krankenkasse, sondern fällt unter die sonstigen Kostenträger. Versicherte der Bundespolizei sind keine Privatpatienten. Landet ein Beamter durch einen solchen Einsatz bei einer Verfolgungsjagd im Krankenhaus, zahlt die Heilfürsorge, aber es kann passieren, dass sie sich an den Verursacher wendet, um das Geld wiederzuholen, sagt Engler.

Werden dem Verfolgten Polizeieinsatz und Rettungshubschrauber in Rechnung gestellt?

Hierzu sagt Marcel Malchow, Pressesprecher der Polizeidirektion Görlitz: „Der Polizeieinsatz wird nicht in Rechnung gestellt, da es um die Verfolgung einer Straftat geht.“

Wer kommt für den Blechschaden am gestohlenen Pkw auf?

„In der Kaskoversicherung ist der Diebstahl des Fahrzeuges in Teilkasko mitversichert. Wird das gestohlene Fahrzeug beschädigt wieder aufgefunden, zählt dies als Folgeschaden aus dem Diebstahl. Die Teilkaskoversicherung zahlt“, sagt Jörg Linder, Pressesprecher der Generali Versicherung. Laut Kfz-Pflichtversicherungsverordnung ist der Halter, Eigentümer und Fahrer des Fahrzeuges mitversichert - egal, ob der Fahrer zur Benutzung des Fahrzeuges berechtigt war oder nicht. Auch die Fahrt eines unberechtigten Fahrers ist in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung mitversichert und der geschädigte Dritte erhält Leistungen vom Haftpflicht-Versicherer. Die Straßenverkehrsordnung regelt, dass die Halterhaftung im Falle der Schwarzfahrt (also auch bei Diebstahl) entfällt und der Halter des gestohlenen Fahrzeuges keine Schuld am Unfall trägt. Daher wird in diesen Fällen in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung auf die Rückstufung verzichtet.

Nach welchen Kriterien entscheiden Polizisten, ob sie einem „Verkehrssünder“/ „Temposünder“ hinterherfahren, wie in diesem Fall – oder ihn fahrenlassen? Sind beispielsweise Berufs- und Schulverkehr mit vielen Kindern / Personen im Straßenverkehr ein Grund

„Kriterien einer Verfolgungsfahrt lassen sich nicht starr abbilden“, heißt es vonseiten der Polizei. So kann ein ortsfremdes Kennzeichen an einem derzeit von Diebstählen betroffenem Fahrzeug Grund einer Kontrolle sein. Überhöhte Geschwindigkeit oder falsche Kennzeichen sind weitere Beispiele. Die Verfolgung eines Fahrzeuges werde „durch die Beamten unter größtmöglicher Rücksichtnahme anderer Verkehrsteilnehmer durchgeführt und wird bei Gefährdung Dritter abgebrochen.“ Die Polizei ruft während einer solchen Verfolgung auch immer wieder neue Kräfte herbei und wägt immer wieder neu ab, ob es zu einer zu hohen Gefährdung anderer kommen würde - auch deswegen kann sich eine Verfolgung ziehen. Am Ortseingang von Krauschwitz hatten Bundespolizisten die Fahrt mit Einsatz eines Nagelgurts beendet. Hier legen die Beamten Wert darauf, durch einen geringen Eingriff Kontrolle auszuüben und den Verdächtigen nicht „in die Enge zu treiben“, erklärt Engler.