Endlich wieder großes Kino! So steht es am Plakat des Palast-Theaters, und das war auch das Motto, als der Görlitzer Filmpalast am Freitag erstmals seinen großen Saal öffnete.
Zunächst für alle, die an dem Sechs-Millionen-Euro-Umbau zum noch größeren Multiplex-Kino über zwei Gebäude mitgewirkt hatten, ab Donnerstag, 1. Juli, dann für alle. Damit macht das Kino erstmals seinen lange erwarteten großen Saal zugänglich, der nach der denkmalgerechten Sanierung wieder einen ersten Rang hat wie vor 1992 und mit modernster Kinotechnik ausgestattet wurde: von der neuen fünf mal zwölf Meter großen Leinwand über neue Soundtechnik, die jeden Platz individuell beschallt, bis zu bequemen Sitzen, von denen manche sogar die Bewegungen bestimmter Filme miterleben lassen.
Damit das Publikum möglichst wenige Hürden für einen Kinobesuch überwinden muss, braucht man zur Zeit wegen der niedrigen Corona-Inzidenz im Landkreis keinen negativen Test vorzuweisen. Sondern die Tickets werden so verkauft, dass die Abstände von 1,50 Meter zwischen den Mitgliedern verschiedener Haushalte eingehalten werden.
"Man hat im Moment als Veranstalter die Wahl", sagt Alexander Malt, der neue Regionalleiter der sächsischen Filmpalastkinos, "ob man auf Abstände verzichtet und dafür auf Testpflicht setzt oder umgekehrt. Wir haben uns für Abstände ohne Testpflicht entschieden." Zur einfacheren Kontaktnachverfolgung ist es ideal, die Tickets online zu buchen, aber auch vor Ort kann man Karten kaufen. Das Testcenter, das vor einigen Wochen im Kinofoyer eingerichtet wurde, ist zurzeit nicht in Betrieb, kommt aber sofort wieder zum Einsatz, wenn eine Testpflicht wieder relevant werden sollte.
Kinoumbau komplett abgeschlossen
Für die Kinobesucher hatte sich der Filmpalast bereits 2018 mit vier neuen Sälen im Haus Jakobstraße 16 präsentiert. Auf die Wiedereröffnung des großen Saals, der in den vergangenen knapp 30 Jahren als Kino 1 bezeichnet wurde, musste das Publikum etwas länger warten. Weil nicht so leicht zu klären war, wie der Saal in seiner historischen Gestalt mit Parkett und erstem Rang saniert werden könnte, ohne dass Kinosäle verloren gingen, hatte sich der Bau zunächst etwas hinausgezögert. Im Herbst 2020 wurde der große Saal fertig, konnte aber wegen des Lockdowns noch nicht eröffnet werden. Jetzt ist es endlich so weit.
Zwischen mit rotem Samt bespannten Wänden, auf echtem Holzparkett, unter der messingfarbenen Brüstung des ersten Rangs und seltenem Stuck in gleicher Farbe, unter den historischen, fast 100 Jahre alten Leuchten, die wie früher an der Decke hängen, kann man nun wieder Filme schauen.
Bei der Sanierung des Saals wurden viele Fehler ausgemerzt, die beim Umbau Anfang der 1990er begangen worden waren, auch was die Technik betrifft. Hatte der Projektor im "Kino 1" unter dem verbauten ersten Rang seinen Platz gehabt, wodurch das Bild verzerrt wurde, ist sein Nachfolger in einem Raum hinter dem Rang eingebaut – genau wie einst, als das 1852 erbaute Gasthaus "Rheinischer Hof" in den 1920ern und 1930ern zu einem Kino um- und ausgebaut wurde.
"Wir haben erstaunlich viele historische Befunde entdeckt, an denen wir uns bei der Sanierung orientieren konnten", sagt der Architekt Manuel Stein von der Görlitzer Planungsgesellschaft Weise, der zusammen mit seiner Kollegin Natalia Anuszkiewicz und Büroinhaber Christian Weise den Bau betreut hat. Zahlreiche lokale und regionale Firmen waren an dessen Ausführung beteiligt.
Großzügiges Foyer mit wiederentdeckten Fenstern
Zu diesen Funden gehören zum Beispiel die beiden großen expressionistischen Fenster aus buntem böhmischen Glas im Foyer, die Jahrzehnte lang hinter einer Wand verborgen und zu 80 Prozent original erhalten waren. Deren Ornamentik findet sich in den Teppichmustern der beiden neuen Gold-Class-Studiokinos wieder.
Die Kieft & Kieft Filmtheatergesellschaft hat den großen Saal nicht komplett wiederherstellen, sondern den Teil unter dem Rang abteilen und da zwei kleine Kinos mit jeweils 22 Plätzen auf gemütlichen Sofas einbauen lassen: besonders geeignet für kleine Filmveranstaltungen oder private Feiern wie Kindergeburtstage. Auch das Foyer wurde großzügiger und einladender auf zwei Etagen gestaltet.
Zu den großen Filmen, auf die das Kino in den ersten Monaten setzt, gehört der neue James-Bond-Film "Keine Zeit zu sterben", der bundesweit am 30. September anläuft. Ab diesem Donnerstag sind unter anderem die Familienfilme "Catwaezle" mit Otto Waalkes und "Peter Hase 2" zu sehen, bald folgen "Nomadland" mit der Oscarpreisträgerin Frances McDormand sowie "Fabian" nach dem Roman von Erich Kästner mit Tom Schilling. Es ist der neueste Kinofilm, der zu großen Teilen in Görlitz gedreht wurde.