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Görlitzer Hotel steht erneut zum Verkauf

Das "Monopol" am Postplatz war einst erstes Haus am Platze. Die Sanierung wurde nicht vollendet. Jetzt wird die Geschichte noch mysteriöser.

Von Sebastian Beutler & Gabriela Lachnit
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Das ehemalige Hotel Monopol in Görlitz ist zwar saniert, eröffnet wurde es bisher nicht. Jetzt steht es erneut zum Verkauf.
Das ehemalige Hotel Monopol in Görlitz ist zwar saniert, eröffnet wurde es bisher nicht. Jetzt steht es erneut zum Verkauf. © SZ-Archiv

Roswitha Hennig wüsste gern etwas mehr. Die Frau von der Europastadt Görlitz/Zgorzelec GmbH (EGZ) ist in der Neißestadt eine der ersten Ansprechpartnerinnen, wenn es um Wirtschaftsförderung geht. Zum ehemaligen Hotel Monopol am Görlitzer Postplatz 9 weiß sie einiges, aber nichts aktuelles. Das ärgert sie.

Hotel wird online zum Verkauf angeboten

Aktuell steht das Hotel Monopol online bei Immobilienscout 24 zum Verkauf. Drei Millionen Euro plus 165.000 Euro Nebenkosten für Grunderwerbssteuer, Notarkosten und Grundbucheinträge soll es kosten. Mit einer Wohnfläche von reichlich 2.000 Quadratmetern, 40 Zimmern und einer Grundstücksgröße von etwa 1.000 Quadratmetern ist es angegeben. Verkäufer ist eine AlphaBase GmbH & Co.KG in Dresden. Geschäftsführer sind Olena Petrenko und Gennadiy Petrenko. Für beide wird die ukrainische Hauptstadt Kiew als Wohnort angegeben. Gegenstand des Unternehmens laut Eintrag im Bundesanzeiger: An- und Verkauf von Immobilien.

Zu erreichen sind beide Geschäftsführer nicht. Von zwei in einem Handelsregister angegebenen Handynummern der Firma ist eine nicht vergeben. Auf der anderen wird lediglich informiert, dass der Angerufene derzeit nicht zu erreichen sei, aber per SMS informiert werde. Ein Rückruf erfolgte nicht. Eine Festnetznummer gibt es nicht. Eine Anfrage per E-Mail blieb unbeantwortet. Am Firmensitz in Dresden auf der Oehmestraße 20 gibt es einen Briefkasten der Firma, ein Büro ist nicht zu erkunden.

Die Firmengeschichte dieses Unternehmens ist schillernd. Anfang der 2010er Jahre gründet eine Dresdnerin verschiedene Unternehmen. Ihre Namen sind immer nach dem gleichen Strickmuster ausgesucht: LK Vierhundertzehnte Verwaltungs GmbH, LK Vierhundertzweiundzwanzigste, LK Vierhundertdreiundreißigste, LK Vierhundertvierzigste, LK Vierhundertfünfundfünfzigste. Innerhalb von zwei, drei Jahren firmieren alle diese Unternehmungen um.

Sie werden zur Bergreal Dresden, zu privat textiles Holding Bischofswerda, zur Finanz- und Versicherungsmakler Lawalde-Lauba, zur Shef Media GmbH, und eben zur AlphaBase Verwaltungs GmbH, die wiederum haftende Gesellschafterin für die AlphaBase GmbH & Co KG ist. Die ursprüngliche Dresdner Gründerin verschwindet peu à peu aus den Gesellschaften.

Dafür treten nun in zwei der Unternehmen Ukrainer als Geschäftsführer ein: In der AlphaBase GmbH & Co KG und in der Shef Media GmbH gibt es eine weitere personelle Verbindung. Sie heißt Nataliya Liche und ist in Waibstadt (Baden-Württemberg) 1979 geboren. Zwei Jahre ist sie Geschäftsführerin der Shef Media GmbH, als Prokuristin taucht sie auch bei der AlphaBase GmbH & Co KG auf.

Ob die Firma der Petrenkos wirklich floriert, ist nach den Jahresabschlüssen unsicher. Der letzte im Bundesanzeiger stammt von 2016, da machte die Firma einen Überschuss von 2.000 Euro, allerdings war das Eigenkapital aufgebraucht. Anlagevermögen und Verbindlichkeiten hielten sich mit zwei Millionen fast die Waage. In den Vorjahren bis 2012 gibt es kaum ein nennenswertes Geschäft der Firma.

Zwischenzeitlich firmierten die AlphaBase GmbH & Co KG und die AlphaBase Verwaltungs GmbH bis Oktober 2016 unter der Adresse der Firma Paul Immobilien in Dresden. Erst auf der Antonstraße, später auf der Theresienstraße. Doch bei Paul Immobilien, so ergibt ein Anruf am Mittwoch, will man jetzt von einer Firma AlphaBase nichts wissen.

Weiterverkauf jetzt geplant?

Offensichtlich soll die Monopol-Immobilie in Görlitz jetzt gewinnbringend veräußert werden. Auch bei E-Bay-Kleinanzeigen wird das Hotel Monopol zum Verkauf angeboten, offenbar über eine Strohfrau, denn gewerbliche Anzeigen sind auf diesem Portal nicht erlaubt.

Roswitha Hennig berichtet, dass der EGZ keine Informationen vorliegen, dass das Hotel Monopol überhaupt den Besitzer wechselte. Im Sommer des Vorjahres sei ein Anwalt im Ruhestand bei der EGZ aufgeschlagen. Er sagte, Ukrainer wollten das Gebäude kaufen und über eine Betreibergesellschaft aus Frankfurt am Main bewirtschaften lassen. Roswitha Hennig bot Hilfe und Beratung durch die Stadt an. Das wurde nicht in Anspruch genommen.

Ob es tatsächlich zum Verkauf kam, erfuhr Frau Hennig nicht. Ende 2020 stellte sie ihre Nachfragen dazu ein, nachdem diese ohne Antwort blieben. „Ich dachte, der Verkauf sei geplatzt“, sagt sie.

"Es ist alles sehr nebulös"

Das Hotel Monopol hatte der Zgorzelecer Millionär Christos Papanaum erworben. 2005 begann er mit der Sanierung. Die ging nicht reibungslos über die Bühne, denn Papanaum und sanierende Firmen trafen sich 2012 vor Gericht. Zwar wurde das Gebäude nie als Hotel eröffnet. Aber immerhin: Das Gebäude ist gerettet, die Fassade fügt sich ins schöne Bild des Postplatzes ein.

Dieser vermutlich um 1900 errichtete Kachelofen wurde auf Wunsch der Görlitzer Denkmalpfleger aus dem Nachbarhaus ins Foyer des Hotels Monopol umgesetzt. Dieses schöne Detail sollte für die Öffentlichkeit zugänglich sein, sobald das Hotel am Postplatz 9 w
Dieser vermutlich um 1900 errichtete Kachelofen wurde auf Wunsch der Görlitzer Denkmalpfleger aus dem Nachbarhaus ins Foyer des Hotels Monopol umgesetzt. Dieses schöne Detail sollte für die Öffentlichkeit zugänglich sein, sobald das Hotel am Postplatz 9 w © SZ-Archiv

Der vorsichtige Optimismus der Stadt für das Hotel Monopol verflog nun, nachdem im Vorjahr Hoffnung aufgekommen war. „Es ist alles sehr nebulös“, erklärt Roswitha Hennig. Sie ärgert sich, dass auch dieses Gebäude wohl lediglich zu Spekulationszwecken den Besitzer wechselte. Aber der Postplatz 9 ist wenigstens saniert. Doch der Leerstand tut weder dem Gebäude gut, noch ist er ein Gewinn für Görlitz.

2009 startete im Hotel Monopol in Görlitz die Einrichtung. Eröffnet ist das Haus bis heute nicht.
2009 startete im Hotel Monopol in Görlitz die Einrichtung. Eröffnet ist das Haus bis heute nicht. © SZ-Archiv

Es geht ums schnelle Geld

Das sieht auch Enrico Kasper so. Der Geschäftsführer einer Görlitzer Wirtschaftsagentur wollte im Vorjahr das Hotel Monopol kaufen. "Ich war daran interessiert, das gut sanierte Gebäude, das 1865 als Hotel erbaut wurde, wieder als solches zu nutzen", erzählt er. Im Oktober 2020 wollte er eröffnen, hatte bereits eine Steuernummer für das Hotel, erste Bewerbungen von Mitarbeitern lagen vor. Doch dann kam Corona und die Finanzierung zog sich hin. Urplötzlich standen die Ukrainer auf dem Görlitzer Immobilienmarkt. Auf die Stadt aufmerksam wurden sie durch die Empfehlung eines Görlitzer Maklers.

Enrico Kasper ärgert sich darüber, dass er bei dem Hotel nicht zum Zuge kam. Viel größer ist sein Ärger aber über den Görlitzer Makler, der offensichtlich Spekulanten Tür und Tor in der Neißestadt öffnete. Enrico Kasper sieht dabei durchaus Parallelen zu dem jetzt in die Schlagzeilen geratenen Verkauf des Hauses Bismarckstraße 18, das wenige Stunden nach der Versteigerung schon wieder zum Verkauf angeboten wurde.

Enrico Kasper (links) ist in Görlitz als Wirt der Altstadtkneipe "Salü" bekannt geworden. Jetzt ist er auch Verwaltungschef der Europa Chor Akademie.
Enrico Kasper (links) ist in Görlitz als Wirt der Altstadtkneipe "Salü" bekannt geworden. Jetzt ist er auch Verwaltungschef der Europa Chor Akademie. © Archivfoto: pawel sosnowski/80studio.net

Rein rechtlich sei dabei wohl alles korrekt abgelaufen. Dass aber unter den Augen der Justiz Spekulanten agieren können, ohne entlarvt zu werden, dafür hat Enrico Kasper kein Verständnis. Und dass es aus der eigenen Stadt noch Unterstützung für Spekulanten gibt, dafür fehlen Enrico Kasper schlicht die Worte. Nicht nur er weiß, dass sich junge Görlitzer Familien mit viel Eigeninitiative gern ein Heim schaffen und Häuser sanieren würden. Gegen Spekulanten mit dicker Geldbörse, die nur auf schnell verdientes Geld aus sind, hätten sie aber keine Chance.

Ganz aufgegeben hat Enrico Kasper das Hotel Monopol für sich noch nicht, denn nach seiner Kenntnis ist nach wie vor der pressescheue Papanaum der Besitzer des Hotels, und auch der Eigentümer, denn er stehe nach wie vor im Grundbuch. Insofern ist es fraglich, ob die Firma AlphaBase das Hotel überhaupt verkaufen darf.

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