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Landwirte in den Startlöchern: Ist die große Dürre im Kreis Görlitz jetzt vorbei?

Für die Landwirte beginnt die Arbeit auf den Feldern wieder. Leipziger Forscher sagen: Die extreme Dürre ist vorbei. Doch ist das auch im Kreis Görlitz so, der stark von Trockenheit betroffen war?

Von Susanne Sodan
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Andreas Graf wird auch dieses Jahr wieder Lavendel anbauen. Hoffentlich wird es leichter als in den zurückliegenden Sommern.
Andreas Graf wird auch dieses Jahr wieder Lavendel anbauen. Hoffentlich wird es leichter als in den zurückliegenden Sommern. © André Schulze

Sogar doppelt so viel Niederschlag wie sonst üblich kamen im Februar an der Görlitzer Wetterstation an. Auch bundesweit war der Februar sehr feucht - nicht nur zur Freude der Landwirte. Die Felder mit schweren Maschinen zu befahren ist mancherorts wegen der feuchten Böden gerade schwer möglich. Andreas Graf, Vorsitzender der Agrargenossenschaft See und des Oberlausitzer Bauernverbandes, war in den vergangenen Tagen auch schon auf den Feldern, um Dünger zu streuen. "Es ging wider Erwarten gut", erzählt er. Auch um Niesky herum seien die Böden gerade gut feucht, aber im Großen und Ganzen befahrbar. "Wir können uns gerade nicht beschweren."

Die Trockenheit machte in den vergangenen Jahren vielen zu schaffen, von der Wasserwirtschaft bis zur Landwirtschaft. Doch jetzt habe sich die extreme Dürre aufgelöst, schilderte Andreas Marx vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung gegenüber der dpa. Viel zu trocken - so lautete auch in Görlitz meistens das monatliche Niederschlags-Resümee seit 2018. Man erinnert sich an die Neiße, die in den zurückliegenden Sommern teils mehr stand als floss oder an die Schäden im Wald der Königshainer Berge.

In Ostsachsen noch Regionen mit Dürre

Eine solche Dürre über Jahre hinweg in dieser Intensität habe es seit 1867 nicht mehr gegeben, so Andreas Marx. "Wir waren darauf einfach schlecht vorbereitet." Glück im Unglück: Jedes Extremereignis endet irgendwann. Bei der Dürre scheint es so zu sein. Das Helmholtz-Institut für Umweltforschung gibt den Dürremonitor heraus. Im Juli 2022 zeigte der, wie stark die Böden des Landkreises vor allem in den tiefen Schichten und vor allem im Kreis-Norden ausgetrocknet waren. Jetzt sieht es im Dürremonitor deutlich entspannter aus. Tiefblau ist die Karte, die zeigt, wie viel Wasser für Pflanzen im Oberboden verfügbar ist.

So sah es in den tieferen Bodenschichten Ende Juli 2022 aus. Im Landkreis Görlitz herrschte extreme Dürre.
So sah es in den tieferen Bodenschichten Ende Juli 2022 aus. Im Landkreis Görlitz herrschte extreme Dürre. © UFZ-Dürremonitor/ Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Dieses Bild zeigt der Dürremonitor für den sächsischen Gesamtboden am Mittwoch. Auch im Kreis Görlitz ist die Lage viel entspannter.
Dieses Bild zeigt der Dürremonitor für den sächsischen Gesamtboden am Mittwoch. Auch im Kreis Görlitz ist die Lage viel entspannter. © UFZ-Dürremonitor/ Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Allerdings: Im Gesamtboden zeigt der Dürremonitor aktuell nordwestlich von Rothenburg, bei Weißkeißel bis hinauf nach Bad Muskau noch Bereiche mit ungewöhnlicher Trockenheit oder Dürre. Tatsächlich gebe es im Osten Sachsens, auch in Brandenburg und Mecklenburg, einzelne Regionen mit noch trockeneren Böden, so Andreas Marx gegenüber der dpa. Er sieht dafür mehrere Gründe. Unter anderem: Die Niederschlagsmengen seien zwar 2023 über dem Soll gewesen, doch je weiter man nach Osten komme, desto niedriger sei der Überschuss.

Endlich Regen: 2023 fiel zu feucht aus

Die Niederschlagszahlen hat Anja Juckeland vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig. "Seit 2018 liegen vier Jahre mit unheimlichen Defiziten hinter uns", sagt sie. Doch 2023 konnte auch der Kreis Görlitz ein Niederschlagsplus verzeichnen, bestätigt sie, wenn auch kein so großes wie an manchen anderen Orten. Über das komplette Jahr gingen an der Messstelle in Bertsdorf-Hörnitz im Keis-Süden rund 16 Prozent mehr Niederschläge ein als nach langjährigem Mittel üblich. Auch 2022 lag der Jahresniederschlag dort bereits im Richtwert. Regnete es in Görlitz 2022 noch 24 Prozent zu wenig, waren es 2023 etwa 18 Prozent mehr als üblich. Und Bad Muskau kam voriges Jahr gar auf ein Plus von 37 Prozent.

Warum war die Neiße trotzdem ständig im Niedrigbereich?

Die andere Seite: Die Neiße führte trotzdem häufig Niedrigwasser. Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie blickt dabei auf den Durchfluss. An der Görlitzer Messstelle lag der 2023 an 94 Tagen unter dem langjährigen Mittel. Einer der Gründe waren "die zu trockenen Monate Mai bis Juli und der extrem zu trockene September", erklärt Falk Hofer vom Landesamt. Auch er zählt zwar das zurückliegende Jahr insgesamt nicht mehr zu den extrem trockenen - Oktober, November und Dezember waren deutlich zu feucht ausgefallen. Doch auf der anderen Seite stehen auch voriges Jahr deutlich zu trockene Monate. Dazu kommt, erklärt Hofer, "die hohe Verdunstung durch den zu warmen Sommer und den deutlich zu warmen Herbst". Und drittens spiele bei dem Niedrigwasser in der Neiße das Grundwasser eine Rolle.

Wie das Grundwasser auf die stärkeren Niederschläge der zurückliegenden Monate reagiert, hängt von der Art des Bodens, seiner Speicherfähigkeit und den bestehenden Defiziten ab, erklärt Falk Hofer. Im Grunde: kann das Wasser in den Boden gelangen, kann es dort gespeichert werden und reicht es dann, um Defizite aufzufüllen?

Da im Oktober 2023 verbreitet sehr tiefe Grundwasserstände vorlagen, so Falk Hofer, konnte der danach durchaus starke Niederschlag oft noch keine spürbare Auffüllung bewirken. "Anders sieht es beim oberflächennahen Grundwasser aus. Unter diesen Bedingungen führten die Niederschläge der vergangenen Monate zu deutlichen Anstiegen und hier bewegen sich die Grundwasserstände teilweise auch deutlich über den Mittelwerten." Zum Beispiel: An der Markersdorfer Messstelle des Landesamtes ist das Grundwasser deutlich gestiegen, in Diehsa und in Lückendorf im Zittauer Gebirge sieht es noch nicht gut aus.

Andreas Graf von der Agrargenossenschaft See blickt vor allem auf die kommenden Monate - auf die Vegetationszeit, in der das Wasser besonders wichtig ist. "April und Mai sind für uns die entscheidenden Monate", erklärt er - besonders im Norden. See gehört mit zu den Regionen, in denen der Sandboden weniger Wasser speichern kann und es bei Trockenheit "für uns schnell schwierig wird". Aber er sei guter Dinge. "Jetzt ist erst mal Wasser da."