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Lausitz-Kirchentag: Görlitz freut sich auf 10.000 Gäste

Über 150 Veranstaltungen an rund 30 Görlitzer Orten. Enorm vielfältig sind die Themen, um die es von diesem Freitag bis Sonntag geht.

Von Ines Eifler
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Tausende Besucher werden vom 24. bis 26. zum Lausitz Kirchentag in Görlitz erwartet. Wie beim Altstadtfest steht auch am Wochenende eine große Bühne auf dem Obermarkt.
Tausende Besucher werden vom 24. bis 26. zum Lausitz Kirchentag in Görlitz erwartet. Wie beim Altstadtfest steht auch am Wochenende eine große Bühne auf dem Obermarkt. © Nikolai Schmidt/Archiv

Zum ersten Mal findet ein Kirchentag für die gesamte Lausitz in Görlitz statt. Zugleich ist es die erste derartige Großveranstaltung seit Beginn der Pandemie, zu der Tausende Besucher aus Sachsen und Brandenburg erwartet werden. Drei Jahre lange wurde das Fest unter dem Motto "Von Wegen" von Akteuren aus fünf evangelischen Kirchenkreisen vorbereitet. Und die ganze Vielfalt der Ober- und der Niederlausitz soll vom 24. bis 26. Juni gezeigt, besprochen, diskutiert werden, soll zu sehen und zu hören sein.

Musik an allen Orten

Mit einem musikalischen Höhepunkt beginnt der Lausitz Kirchentag. Samuel Rösch war 2018 "The Voice of Germany". Am Freitag, 20 Uhr, ist der 27-jährige Popsänger nun auf dem Görlitzer Obermarkt mit einem Konzert für alle Generationen zu Gast. Chöre und Posaunenchöre werden am Sonnabend den ganzen Tag über auf Görlitzer Plätzen und Straßen zu hören sein, mehrere musikalische Angebote sind zum Mitsingen gedacht.

In der Lutherkirche wird 14.30 Uhr ein Kindermusical aufgeführt. In der Peterskirche um 17.30 Uhr finden dann Hunderte Sänger und Blechbläser aus der gesamten Lausitz zu einer Festmusik zusammen, die zugleich Landesposaunentag und ökumenischer Chortag ist. Am Abend 19.30 Uhr geben auf der großen Obermarkt-Bühne die "Alten Bekannten", die Nachfolgeband der "Wise Guys", ein Vokal-Pop-Konzert.

Stadtpark für die Jugend

Für Kinder, Jugendliche und Familien ist am Sonnabend ab 12.30 Uhr der Görlitzer Stadtpark reserviert. Ein großes Zirkuszelt mit verschiedenen Shows gibt es da, Mitmachangebote von Handwerk über Naturforschen bis zu Musik und um 15 Uhr die Familienshow "Ich stell die Welt auf den Kopf" des Kindermusikers Sebastian Rochlitzer, der 2022 mit dem Deutschen Rock- und Pop-Preis ausgezeichnet wurde und bis vor Kurzem in Görlitz lebte.

Jugendliche sind zum Volleyball eingeladen, können auf einer offenen Bühne ihr Können präsentieren, am Rolliparcours oder Streetsoccer-Turnier teilnehmen und am Kletterturm klettern. Workshops bieten Upcycling, Graffitisprühen oder Einblicke in die Foto- und Videokunst an. Und abends gibt es ein Überraschungsprogramm, für das man Taschenlampen braucht.

Beteiligt am Strukturwandel

Unter dem Begriff "Strukturwandel" können sich viele noch nichts Konkretes vorstellen. Beim Lausitz Kirchentag soll der Begriff plastischer werden. Im Johannes-Wüsten-Saal des Barockhauses Neißstraße 30 legen unter dem Motto "Strukturwandel trifft Zivilgesellschaft" ab 14.15 Uhr Vertreter aus Kommunalpolitik, Verwaltung und Kirche ihre Sicht dar und tauschen sich mit dem Publikum aus: etwa der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu, Thomas Rublack, Dezernent des Landkreises, und Superintendentin Antje Pech.

Auf der Obermarkt-Bühne diskutieren Prominente ab 16 Uhr unter dem Titel "Keine Kohle, aber 'ne Menge Energie", darunter Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, Ministerin Kathrin Schneider aus Potsdam, der evangelische Bischof Christian Stäblein und Generalsuperintendentin Theresa Rinecker, die den Kirchentag zusammen mit Superintendentin Antje Pech initiiert hat.

Die Braunkohle und der Wolf

Zur ihrer Idee des Kirchentags gehört es zu zeigen, dass die Lausitz mehr ist als die Braunkohle und der Wolf. Dennoch dürfen beide Themen nicht fehlen. Unter dem Thema "Lebendige Lausitz" kann man in der Alten Synagoge am Sonnabend ab 13 Uhr an mehreren Podiumsgesprächen teilnehmen.

Dort geht es neben historischen Einblicken in den Identitätsstreit "Alles Lausitz oder Niederschlesien oder was?" auch um die Lausitz im Wandel. "Was kommt nach der Kohle?", das wollen Bergbauer und Umweltschützer um 16 Uhr mit dem Publikum diskutieren. "Mensch und Wolf" sind Thema der Diskussion um 17 Uhr, an der Schäfer, Jäger und Wolfsexperten beteiligt sind.

Talk mit Politik, Kultur und Kirche

Auf dem Untermarkt sind am Sonnabend von 12 bis 19 Uhr zehn Prominente zu je 30-minütigen Interviews aufs Rote Sofa eingeladen, die über ihre Ideen, Sorgen und Hoffnungen, aber auch ihre persönliche Beziehung zur Lausitz sprechen wollen. Darunter sind Ministerpräsident Michael Kretschmer, der Lausitz-Beauftragte in Brandenburg Klaus Freytag, der den Kirchentag als "große Chance für die Lausitz" bezeichnete, Maria Nooke, Beauftragte für die Aufarbeitung der Folgen der SED-Diktatur in Brandenburg, der Görlitzer katholische Bischof Wolfgang Ipolt und der evangelische Bischof Christian Stäblein.

Außerdem neben weiteren Gästen der Altertumswissenschaftler Dieter Vieweger, der extra aus Israel anreist, am Freitag 19.30 Uhr im Heiligen Grab über das Jerusalemer Vorbild spricht und am Sonnabend 16.45 Uhr durch die Anlage führt.

Die Zukunft der Pflege

Am späten Nachmittag um 17.30 Uhr am Sonnabend diskutieren Politiker und Vertreter Diakonischer Werke und anderer Wohlfahrtsverbände wie Caritas und ASB, über Probleme und Lösungsansätze zu den aktuellen Fragen der Pflege. Den ganzen Tag aber kann man sich auf dem "Markt der Möglichkeiten" am Untermarkt über zahlreiche diakonische Angebote informieren, von den Beratungen im Landkreis Görlitz über die Stadtmission bis hin zu Pflege- und Hospizdiensten.

Dieser Markt der Möglichkeiten bietet aber noch viel mehr. Hier stellen sich auch Vereine aus dem kirchlichen Leben der Lausitz vom Bibelmobil bis zu den Herrnhuter Sternen vor. Um die Zukunft in Bezug auf Berufe, Familien und Demokratie geht es am Sonnabend auf dem Marienplatz.

Spirituelles und Jacob Böhme

Der Kirchentag richtet sich an Christen und Nichtchristen. Dennoch durchdringt der christliche Glaube viele Themen, die Musik, die Jugendarbeit, die Pflege, die Führungen am Heiligen Grab. In der Frauenkirche wird ein "Zentrum Mission" eingerichtet. Zu Spiritualität in der Lausitz gehört auch Jacob Böhme. Am Freitag 19.30 Uhr in der Lutherkirche erklingen Texte von ihm sowie Lieder und Arien.

In der Dreifaltigkeitskirche, die Jacob-Böhme-Zentrum werden soll, ist dem Görlitzer Mystiker der ganze Sonnabend gewidmet: mit musikalischer Andacht, Ausstellung, einem Theaterstück um 14 Uhr zum Thema "Was ist die Seele?", einer Gesprächsrunde über die Aktualität Böhmes und dem Tanztheaterstück "Seelenvogel" um 17.30 Uhr. Um andere Religionen, etwa das Judentum, und Ökumene geht es am Sonnabend im Kulturforum Synagoge.

Deutsche und Polen

Die Görlitzer Altstadtbrücke ist seit 2004 Symbol des Miteinanders von Deutschen und Polen, von Frieden und Versöhnung. Ab 12 Uhr werden hier am Sonnabend in persönlichen Berichten Friedenserfahrungen greifbar: von der Friedensbewegung der 1980er Jahre über den Beginn der deutsch-polnischen Partnerschaft, die Friedliche Revolution, Erlebnisse in Israel und Ruanda bis zum Friedensfest in Ostritz.

Um 15 Uhr findet auf dem Untermarkt bei den Rathausarkaden ein Podiumsgespräch über das Verhältnis zwischen Polen und Deutschen seit 1945 statt. Dabei geht es um Versöhnung, das gemeinsame schlesische Erbe und die gegenwärtige Situation in Gesellschaft und Kirche. Mit dabei sind unter anderem Bischof Pytel, der evangelische Bischof von Wrocław, Margrit Kempgen, Leiterin der Stiftung Evangelisches Schlesien, und der Görlitzer Landrat Lange.

Seelsorge für jede Lebenssituation

Dass Seelsorge weit über den kirchlichen Rahmen mit jedem Menschen etwas zu tun hat, kann man am Marienplatz und in der Hochschule entdecken. In der Fakultät Sozialwissenschaften diskutieren am Sonnabend um 14 Uhr Theologen, Gesundheitswissenschaftler, Studentinnen der Kommunikationspsychologie und Landrat Lange darüber, wo es praktische Seelsorge im Alltag braucht.

Auf dem Marienplatz kann man ab 12 Uhr in Workshops eigene Erfahrungen machen und reflektieren: Es geht um Fürsorge und Selbstfürsorge, Wege durch die Zeit der Trauer, die Arbeit der Telefonseelsorge, aber auch um dem Umgang mit Scham und Beschämung. Außerdem das Angebot zu Gesprächen mit einem Seelsorger.

Offiziell eröffnet wird der Kirchentag am Sonnabend 10.30 Uhr auf dem Obermarkt. Hier endet er auch am Sonntag mit dem Abschlussgottesdienst um 10 Uhr. Alle Veranstaltungen sind eintrittsfrei.

Infos: lausitzkirchentag.de