Anass Halime muss lachen, wenn er davon erzählt, wie er auf der Suche nach Büroräumen war. Als Nordafrikaner stieß er schnell auf ein Klischee. „Wollen Sie Döner verkaufen?“, fragten ihn potenzielle Vermieter. Nein, wollte er nicht.

Der 26-Jährige studiert in Görlitz Informatik und hat sich mit einer Firma für Softwareentwicklung selbstständig gemacht. Für Vermieter schwer zu glauben. „Wollen sie später Döner verkaufen?“, war daraufhin die zweite Frage. Nein, auch später nicht. Er meint es ernst mit der IT. Er habe seine Firma auch bewusst „IT Technik Multimedia Solutions Halime“ (kurz: ITM-Solutions Halime) genannt, obwohl Halime fremdländisch klingt. „Ich will zeigen, dass Ausländer etwas können“, erklärt er.

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Mit seinem Wissen muss er sich nicht verstecken. Er stammt aus Marokko, hat dort Informatik studiert. Doch das reichte ihm nicht. Deshalb ging er vor fünf Jahren nach Deutschland, um hier ebenfalls Informatik zu studieren. Er lebte zuerst in Zittau und zog dann nach Görlitz. Von Anfang an engagierte er sich ehrenamtlich bei der Feuerwehr – zuerst in Zittau, später in Görlitz. Dort ist er immer noch Mitglied, aber für das Ehrenamt bleibt kaum noch Zeit.

Das Problem: Als ausländischer Student bekommt Anass Halime in Deutschland kein Bafög. So musste er immer nebenbei arbeiten, um sich sein Leben und das Studium zu finanzieren. Er hatte viele Jobs – immer wieder in der IT, zwischendurch aber auch als Paketzusteller, Kassierer und vieles mehr. Seit Juni 2021 ist er Werkstudent bei Siemens Energy in Görlitz, arbeitet dort 20 Stunden pro Woche. „Allerdings werde ich zum Ende des Monats kündigen“, sagt er. Studium, Selbstständigkeit und Siemens – das ist dann doch zu viel des Guten. „Manchmal arbeite ich zwölf bis 16 Stunden am Tag“, berichtet er.

Ab Oktober Master-Student

Doch auch ohne Siemens Energy werden seine Tage immer noch sehr voll sein. Seinen Bachelor-Abschluss hat er fast in der Tasche, ab Oktober will er sein Informatik-Master-Studium in Görlitz beginnen. Und seine Firma hat er im August gegründet. In dieser Woche hat er sein Büro auf der Elisabethstraße 22 – den früheren Räumen eines Immobilienbüros – offiziell eröffnet.

Dort ist er nicht allein. Mit dabei ist Tobias Hollstein. Der 27-Jährige stammt aus Löbau und ist zum Studium nach Görlitz gezogen. Er studiert gemeinsam mit Anass Halime Informatik. Beide sind auch schon gemeinsam nach Marokko gereist. „Wir sind sehr gute Freunde geworden, haben die gleichen Interessen und viel Spaß an der Informatik“, sagt Tobias Hollstein: „Wir haben viele Ideen, die wir in der Firma gemeinsam umsetzen wollen.“ Ebenfalls mit dabei ist Meike Halime. Sie ist die Frau des Firmengründers. Die beiden haben im März geheiratet. Eigentlich stammt sie aus Gifhorn bei Hannover und studiert in Zittau Ökologie und Umweltschutz. In der Firma ihres Mannes kümmert sie sich um Buchführung, Organisation der Termine, Verträge und Einkäufe. Anass Halime ist sehr glücklich über ihre Unterstützung.

Firma will sich breit aufstellen

So kann er sich mit Tobias Hollstein um die eigentlichen Inhalte kümmern. Und das sind sehr viele. „Wir wollen uns möglichst breit aufstellen“, sagt Anass Halime. Natürlich stehe die Softwareentwicklung im Mittelpunkt. Aber Datenbank-Planung, IT-Administration und Multimedialösungen wie zum Beispiel Foto- und Videografie mit Drohnen sind ebenfalls wichtige Felder. „Wir können zum Beispiel ein- bis zweiminütige Werbevideos für YouTube drehen“, sagt Anass Halime. Zudem habe seine vor der Eröffnung durchgeführte Marktanalyse ergeben, dass es in der Region kaum Firmen gibt, die Social-Media-Management anbieten, also die Unterstützung von Firmen bei deren Auftritten auf Plattformen wie Facebook, Instagram oder YouTube: „Deshalb bieten wir das auch an.“

Zusätzlich setzt er auf Dienstleistungen wie Design von Visitenkarten und Flyern, 3D-Raumplanung und Reparaturen von Mobiltelefonen und Laptops. „Wir reparieren aber nicht alles, sondern nur das, was wir können“, sagt er. Zudem können Kunden bei ihm Passbilder machen lassen und Ausdrucke von DIN A5 bis DIN A3 machen.

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Seine ersten Aufträge hat Anass Halime schon erhalten – ohne große Werbung. Sie haben sich vor allem über Bekannte und Netzwerke ergeben. Für eine Firma aus Zittau, die auf Facebook & Co. bisher nicht so aktiv war, kümmert er sich nun um Social Media. Bei der gleichen Firma hat er auch schon einen Auftrag für Webentwicklung. Künftig will er aber auch Werbung für seine Firma machen, denn seine Selbstständigkeit soll ihm und Tobias Hollstein über kurz oder lang zu Vollzeitarbeit verhelfen.

Anass Halime plant, in Görlitz zu bleiben. Zwar sei er in den fünf Jahren, die er in Deutschland lebt, zweimal körperlich angegriffen worden – je einmal in Zittau (2019) und Görlitz (2020). „Aber ich habe hier auch viele tolle Menschen kennengelernt, die mich motivieren, zu bleiben“, sagt er. Die Stadt sei sehr schön, auch das Dreiländereck, das er am Wochenende gern für Kurzurlaube nutzt. „Ich bezeichne mich als Görlitzer“, sagt Anass Halime.