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Blockieren Firmenautos Anwohnerparkplätze?

In Görlitz können Firmen und soziale Dienste Service-Parkkarten beantragen. Manche sparen sich diese Kosten - und fahren gut damit.

Von Gabriela Lachnit
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Eine Anwohnerparkzone in der Johannes-Wüsten-Straße in Görlitz. Firmenfahrzeuge stehen hier eher selten.
Eine Anwohnerparkzone in der Johannes-Wüsten-Straße in Görlitz. Firmenfahrzeuge stehen hier eher selten. © Martin Schneider

Gerhard Heinig kann kaum glauben, was er da in der SZ liest: Firmenfahrzeuge dürfen in Görlitz in Anwohnerparkzonen parken? Ausgerechnet in Königshufen soll das erlaubt sein, wo Anwohner oft lange nach einer Parklücke vor ihren Häusern suchen?

Wie klug hat man solche Entscheidung in der Verwaltung überlegt, fragt der SZ-Leser und schlägt vor, Firmenautos auf großen Parkplätzen in Königshufen in der Schlesischen Straße oder im Ostring abzustellen, "auch wenn man dann etwas laufen muss", meint er.

Ausnahmen sind möglich

SZ und sächsische.de fragten im Görlitzer Rathaus nach. Ja, heißt es von dort, jeder darf einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung zu den Vorschriften der bundesdeutschen Straßenverkehrsordnung (StVO) stellen. Bei Ausnahmegenehmigungen zum Parken werden aber sehr enge Grenzen gesetzt. Ausnahmen gibt es nur in besonders dringenden Einzelfällen.

An den Nachweis der Dringlichkeit werden dabei sehr strenge Anforderungen gestellt. Ein solcher Fall würde vorliegen, wenn es für den Antragsteller eine besondere Härte wäre, sich an die Vorschrift der StVO zu halten. „Dringend“ sei dabei aber nicht im Sinne von „eilig“ zu verstehen. So müsse die Tätigkeit, für die die Ausnahmegenehmigung beantragt wird, ohne diese nicht ausführbar sein. "Der allgemeine Wunsch, Zeit, Wege und Aufwand zu sparen, rechtfertigt keine Ausnahme von den Bestimmungen der StVO", erläutert Stadtsprecherin Juliane Zachmann. Allgemeine Ausnahmegenehmigungen für Gewerbetreibende für das regelmäßige Parken auf öffentlichen Parkplätzen am Firmensitz sind deshalb rechtlich nicht zulässig - obwohl sich gerade das viele Firmenchefs wünschen.

Die Breite Straße in der Görlitzer Altstadt heißt zwar so, aber Platz zum Parken bietet die Einbahnstraße nur auf einer Seite.
Die Breite Straße in der Görlitzer Altstadt heißt zwar so, aber Platz zum Parken bietet die Einbahnstraße nur auf einer Seite. © André Schulze

Das Formular gibt es jetzt auch digital

Benötigt ein Gewerbetreibender eine Ausnahmegenehmigung, kann er diese formlos oder über ein Formular beantragen. Neu ist das nicht, denn die StVO gilt seit 1990. Lediglich das digitale Formular gibt es erst seit Dezember 2020 auf der Stadt-Homepage. Es ist Folge einer Anregung der Motor-Görlitz-Fraktion im Stadtrat, die das auf die Tagesordnung brachte. Ursprünglich wollte die Fraktion sogar eine veränderte Gebührenordnung und die Möglichkeit, dass pro Gewerbetreibender eine solche Ausnahmegenehmigung für ein Fahrzeug beantragen kann. Doch später rückte die Fraktion wieder davon ab, da eine gesetzliche Grundlage für die Ausnahmegenehmigung ohnehin vorliegt.

Handwerker und Servicefirmen, die bei ihrer Tätigkeit auf ein Fahrzeug mit Werkzeugen und Material in unmittelbarer Nähe des Arbeitsortes angewiesen sind, haben seit 1996 die Möglichkeit, eine Service-Parkkarte zu erhalten, die es ihnen erlaubt, während ihrer Tätigkeit auf Bewohner-Parkplätzen und in Parkscheinbereichen zu parken. Dies gilt jedoch nicht am und in unmittelbarer Nähe des Firmensitzes. Gleiche Regelungen gelten für soziale Dienste.

Kosten übersteigen den Nutzen

Im Jahr 2020 wurden in Görlitz 480 Parkkarten für Handwerker und 170 Parkkarten für soziale Dienste erteilt. Dabei sind auch Parkausweise, die für nur einen kurzen Zeitraum ausgestellt wurden, wie für Ein- oder Ausbau von Ladeneinrichtungen oder für kurzzeitige Baustellen. Im gleichen Zeitraum wurden etwa 2.600 Bewohnerparkausweise ausgegeben.

Wie oft Firmenautos unberechtigt in Anwohnerparkzonen abgestellt wurden, kann das Rathaus nicht sagen. Denn werden Parkverstöße geahndet, wird nicht zwischen Firmen- und Privatfahrzeug unterschieden. Gunter Ende, Chef der gleichnamigen Firma für Unterhaltungselektronik in Görlitz, berichtet auf Nachfrage, dass er im Jahr etwa ein bis drei Knöllchen für seine Mitarbeiter wegen "Falschparkens" bezahlt. Das sei allerdings wesentlich günstiger als der ganze Aufwand und die Kosten für eine Ausnahmegenehmigung, sagt er. 84 Euro kostet eine Jahres-Servicekarte für Handwerker, 43 Euro für soziale Dienste.

Seine Mitarbeiter müssten zwar gerade dort Parklücken suchen, wo es wie in der Altstadt wenige Parkplätze gibt, aber bislang haben sie immer ein Plätzchen gefunden, um zum Beispiel einen Fernseher nicht so weit schleppen zu müssen. Dass Firmenautos Anwohnern die Parkplätze wegnehmen, glaubt Gunter Ende nicht. Nach getaner Arbeit fahren die Mitarbeiter weg und der Platz ist wieder frei.

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