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Kamenz: Macht der Gasthof Eintracht zu?

Um die Zukunft des Wirtshauses im Kamenzer Ortsteil Bernbruch gibt es Gerüchte. Wirtin Brigit Hoya erklärt, wie es weitergeht.

Von Reiner Hanke
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Gänsekeule bereitet Koch Ron Rölke derzeit besonders oft zu im Gasthaus Eintracht in Kamenz-Bernbruch. Hier können Gäste auch weiterhin einkehren, denn der Gasthof bleibt geöffnet, tritt Chefin Birgit Hoya (r.) anderslautenden Gerüchten entgegen.
Gänsekeule bereitet Koch Ron Rölke derzeit besonders oft zu im Gasthaus Eintracht in Kamenz-Bernbruch. Hier können Gäste auch weiterhin einkehren, denn der Gasthof bleibt geöffnet, tritt Chefin Birgit Hoya (r.) anderslautenden Gerüchten entgegen. © Anne Hasselbach

Kamenz. Eine Tafel im Foyer erinnert an das Jubiläum des Gasthofes Eintracht im Kamenzer Ortsteil Bernbruch. Vor acht Jahren wurde dort das 110-jährige Bestehen gefeiert. In zwei Jahren wäre also die nächste Feier dran. Doch jetzt kommen Gerüchte auf, der Gasthof könnte dann nicht mehr geöffnet sein, sondern nur noch die Pension. Das sorgt für Aufregung.

Doch Chefin Birgit Hoya kennt das schon. So etwas kursiere immer mal wieder, sagt sie und stellt klar, dass das Gasthaus in ihrer Hand und geöffnet bleibe. Im Januar kann sie selbst Jubiläum feiern: Dann sind es 30 Jahre her, dass sie das Gasthaus von der Schwiegermutter übernommen hat.

Das sei eine durchaus ungewöhnliche Geschichte gewesen. Denn eigentlich sei sie damals nur in Vertretung eingesprungen, weil Schwiegermutter Gisela Gräfe ins Krankenhaus musste. Doch sie erkrankte so schwer, dass sie nie wieder an den Tresen zurückkehrte. Sie habe der Schwiegermutter versprochen, erzählt Birgit Hoya, dass sie die Gaststätte weiterführt - und ihr Versprechen gehalten.

Gasthof Eintracht hat nun neue Öffnungszeiten

Es sei letztlich vielleicht sogar die einzige Perspektive für sie gewesen in den turbulenten Nachwendejahren, blickt Hoya zurück. Denn der Betrieb, in dem sie arbeitete, die Spinnerei Zweiga, sei damals abgewickelt worden.

Seitdem ist Birgit Hoya Wirtin - und sie denke nicht ans Aufhören, auch wenn sie das Rentenalter erreiche. Mit 63 Jahren habe sie sich nun aber entschlossen, die Arbeit etwas anders zu organisieren. Vielleicht hat das ja zu den Gerüchten beigetragen. Sie wolle nicht mehr 18 bis 20 Stunden täglich im Unternehmen rackern, oft von 5.30 Uhr morgens bis in die Nacht hinein und an den Wochenenden. Künftig kümmere sie sich mehr um die Pension und ihr vierköpfiges Team um die Gastronomie.

Das habe ein paar Auswirkungen auf die Öffnungszeiten, denn sie müsse sich als Arbeitgeberin an Gesetze und den Arbeitsschutz halten, sagt die Wirtin. „Die Gäste müssen wissen, dass es auch für Kellnerinnen feste Arbeitszeiten gibt.“

Geöffnet ist nun sonnabends zum Beispiel bis 23 Uhr. Der Abend könne dann noch bis 24 Uhr ausklingen, „damit die Leute Zeit zum Austrinken haben“, so Birgit Hoya. Sonntags ist jetzt 17 Uhr Schluss, Dienstag und Mittwoch sind Ruhetage. Wer länger feiern möchte, muss das vorher absprechen. Dafür ist dann auch ein Extra-Obolus, sozusagen ein Nachtzuschlag, fällig.

Hauptgeschäft sind Urlauber und Familienfeiern

Sie versuche, verträgliche Arbeitszeiten zu organisieren und respektvoll mit dem Personal umzugehen, sagt Birgit Hoya. „Wir müssen etwas für die Mitarbeiter tun und sie nicht ausnutzen, damit sie gern kommen.“

Auch über die Corona-Zeit hinweg sei es ihr gelungen, das Gastronomie-Personal zu halten und weiter zu bezahlen. Durch die Pension sei es möglich gewesen, das Gastronomie-Unternehmen über diese schlimme Zeit zu bringen, berichtet die Chefin.

Urlaubsgäste, Monteure und Familienfeiern seien ihr Hauptgeschäft. Der Radtourismus mit den Frosch- und Krabat-Routen sei ein Zugpferd für die Pension, auch die Nähe zum Lausitzer Seenland und zu Dresden. Die schnelle Zugverbindung von Kamenz in die Landeshauptstadt sei für den Tourismus sehr wichtig, schätzt die Eintracht-Chefin ein. Aber auch Kamenz hat etwas zu bieten: So vermittle sie zu Familienfeiern als zusätzlichen Höhepunkt jetzt auch Stadtrundfahrten durch Kamenz .

Die ganze Familie hält die Eintracht am Laufen

Aber auch das À-la-carte-Geschäft sei wichtig. Birgit Hoya preist Ochsenbäckchen, Riesenschnitzel oder Burger an, letzteres vor allem, um die Jugend anzusprechen. Denn die stehe nicht so auf Gänsekeule. Die soll bei ihr auf der Karte auch in diesem Jahr unter 20 Euro bleiben, denn „wir können doch die Leute finanziell nicht überfordern. Der Gast soll zufrieden und glücklich sein.“

Mit den steigenden Kosten geht die Wirtin kämpferisch um: „Es geht immer weiter.“ Und sie werde immer für die Gäste da sein, versichert sie. „Das Haus ist für uns wie ein Baby.“ So sei es letztlich die ganze Familie, die die Eintracht am Laufen hält. Ehemann Matthias habe zwar einen anderen Job und sei inzwischen sowieso Rentner, aber er übernimmt Reparatur-Arbeiten, die Schwester helfe in der Buchhaltung. Auch Tochter Eileen unterstütze sie, wo sie kann, zum Beispiel bei den Buchungen.

Also steht einer Jubiläumsfeier des Gasthofes in zwei Jahren nichts im Weg? Das sei noch weit weg, sagt die Chefin und bleibt auch angesichts der Schließungsgerüchte gelassen. Ganz im Sinne des Gaststätten-Namens Eintracht. Der habe nichts - wie man mit Blick auf Sportvereine, die so heißen, vermuten könnte - mit Fußball zu tun, sondern mit Ruhe finden, einträchtig beieinander sitzen und entspannen. Und : „Solange über uns geredet wird, ist es ja gut, umgedreht wäre es schlimmer.“