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Darum machen Restaurants in Dresden früher zu

Wer in Dresden abends ausgehen will, muss derzeit länger nach einem Lokal suchen. Viele Gastronomen verkürzen ihre Öffnungszeiten oder schließen tageweise komplett. Fehlendes Personal ist aber nicht der einzige Grund.

Von Julia Vollmer & Juliane Just
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Für einen Restaurantbesuch in Dresden ist derzeit mehr Recherchearbeit notwendig, denn viele Gastronomen haben veränderte Öffnungszeiten.
Für einen Restaurantbesuch in Dresden ist derzeit mehr Recherchearbeit notwendig, denn viele Gastronomen haben veränderte Öffnungszeiten. © Tobias Hase/dpa

Dresden. Um 22 Uhr ist spätestens Schluss. Wer danach in Dresden noch ausgehen möchte, steht vielerorts vor verschlossenen Türen. Dabei strömten die Dresdner im Sommer in Scharen in die Restaurants und Biergärten. Die Nachfrage ist also da. Warum schließen die Lokale dennoch früher?

Im Ball- und Brauhaus Watzke zum Beispiel mit Stammsitz am Elberadweg in Pieschen und drei weiteren Standorten in der Stadt werden die Stühle abends mitunter schon um 21 Uhr hochgestellt. Und das, obwohl das Traditionshaus über den Sommer brechend voll war. Doch eines der beiden Lokale am Dr.-Külz-Ring in der Innenstadt und am Goldenen Reiter blieben im September montags komplett geschlossen.

Der Grund: Die Personalknappheit in der Gastro-Branche. "Durch die vorübergehenden Schließtage waren wir in der Lage, fehlende Mitarbeiter an anderen Tagen auszugleichen", sagt Sarah Schierz vom Marketing des Brauhauses. Doch mittlerweile habe die Personalsuche entgegen dem Trend der Branche Erfolge gezeigt, sodass auch montags bald wieder geöffnet werden kann. Denn die Nachfrage der Gäste sei eher gestiegen - mittags als auch abends.

Kommen die Gäste trotz Preisanstieg im Winter?

Die Corona-Pandemie hat in Sachen Fachkräftemangel in der Gastrobranche wie eine Art Brandbeschleuniger gewirkt. Restaurants waren wochenlang geschlossen, die Mitarbeiter in Kurzarbeit, viele Fachkräfte sprangen ab. Doch laut dem Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) gibt es eine erfreuliche Entwicklung.

"Glücklicherweise sind einige Fachkräfte wieder in die Branche zurückgekehrt", sagt Axel Klein, Geschäftsführer des Dehoga Sachsen. Außerdem würden drei Prozent mehr Auszubildende als noch 2019 in die Branche einsteigen - es gibt also Hoffnung.

Während der Personalmangel im Frühjahr noch das größte Problem der Gastronomen war, ist es jetzt die Energiekrise im Zuge des Ukraine-Krieges. "Kein Restaurant kann es sich jetzt noch leisten, für fünf Gäste abends aufzumachen", betont Klein. Deshalb verkürzen nahezu alle Wirte ihre Öffnungszeiten oder schließen an Wochentagen ganz. Die Wirtschaftlichkeit verdränge derzeit alle anderen Probleme der Branche.

Erschwerend kommt hinzu, dass unklar ist, ob die Restaurants auch im Winter voll bleiben werden. "Derzeit ist die Nachfrage noch da, aber bei weiteren Preisanstiegen kann auch das wieder einbrechen", sagt Axel Klein. Die Herausforderungen für Gastronomen seien entsprechend hoch.

Nach 22 Uhr kaum noch Umsatz in den Lokalen

Das Restaurant Schmidts in Hellerau bestätigt all diese Probleme. Das Lokal hat die 22-Uhr-Regel, die bereits nach dem zweiten Lockdown eingeführt wurde, vorerst beibehalten. "Natürlich wird kein Gast 'rausgeworfen' und im Sommer ging es in der Regel auch länger", sagt Chef Olaf Kranz, der 20 Jahre Gastro-Erfahrung in Dresden hat.

Nach 22 Uhr werde nur noch wenig Umsatz generiert, deshalb bleibt es bei den verkürzten Öffnungszeiten. "Aufgrund gestiegener Lohn – und Energiekosten und den weiteren bevorstehenden Preisanstiegen rückt die Thematik ganz klar in den Fokus", sagt er.

Auch für Kranz gilt es, die wenigen Fachkräfte in der Branche so gut es geht zu halten. "Überstunden müssen vermieden werden, um auch weiterhin für die Mitarbeiter attraktiv zu sein", sagt er.

Jana Wittig und Olaf Kranz betreiben das "Schmidts" in Hellerau. Sie öffnen "nur" noch bis 22 Uhr, eine Corona-Altlast sozusagen, die jedoch aus wirtschaftlichen Gründen beibehalten wurde.
Jana Wittig und Olaf Kranz betreiben das "Schmidts" in Hellerau. Sie öffnen "nur" noch bis 22 Uhr, eine Corona-Altlast sozusagen, die jedoch aus wirtschaftlichen Gründen beibehalten wurde. © Sven Ellger

Vorübergehende Schließungen werden wieder aufgehoben

Das Bräustübel am Körnerplatz in Loschwitz hat auch "nur" bis 22 Uhr offen. "Wir sind noch jung in unserem Betrieb, der Personalstamm hat sich durch die Eröffnung während der Corona-Pandemie noch nicht so zusammengefunden, wie es im 'Gerücht' ist", sagt Chef Matteo Böhme, der sowohl das Bräustübel als auch die Laubegaster Kneipe "Gerücht" führt.

Das Bräustübel hat im Moment von Mittwoch bis Sonntag von 17 bis 22 Uhr geöffnet. Montag und Dienstag wird derzeit geschlossen. Auch die Öffnung über Mittag und Nachmittag musste Böhme wegen des Personalmangels vorerst einstellen.

Im "Gerücht" dagegen ist Mittwoch bis Sonntag bis 1 Uhr offen. "Das funktioniert so gut, weil wir als Kneipe auf Personal zurückgreifen können, das schon viele Jahre, teils Jahrzehnte hier arbeitet", so Böhme.

Optimistisch blickt Florian Leisentritt, Chef des Gewandhaus Dresden und Sprecher der Hotel-Allianz, in die Zukunft. Das Steakrestaurant Meatery war nach der Corona-Zeit sonntags und montags geschlossen. Doch jetzt will er - ähnlich wie das Brauhaus Watzke - wieder einen Tag mehr in der Woche öffnen. Denn die Gäste, die warten sehnsüchtig.