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Pumpspeicherwerk Niederwartha: Klimaexperten für Erhalt

Experten haben sich mit dem Klimaschutzkonzept für Dresden auseinandergesetzt. In einer Anhörung haben gleich mehrere der Fachleute herausgestellt, wie wesentlich das Pumpspeicherwerk in Niederwartha ist.

Von Andreas Weller
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Das Pumpspeicherwerk Niederwartha könnte noch eine wichtige Rolle in Dresden einnehmen, allerdings ist es stillgelegt.
Das Pumpspeicherwerk Niederwartha könnte noch eine wichtige Rolle in Dresden einnehmen, allerdings ist es stillgelegt. © René Meinig

Dresden. Wissenschaftler und andere Experten haben sich in einer Anhörung des Stadtrates mit dem Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept (IEK) für Dresden auseinandergesetzt. Der Plan, wie Dresden spätestens 2040 klimaneutral sein soll, wurde in Teilen hart kritisiert, erhielt aber auch Anerkennung.

Mehrere der Experten äußerten sich auch zum mittlerweile endgültig stillgelegten Pumpspeicherwerk Niederwartha.

Worum ging es in der Anhörung?

Im Mai soll der Stadtrat über das Klimaschutzkonzept der Stadt entschieden. Es sieht unter anderem vor, über Fotovoltaikanlagen auf Feldern, Freiflächen und Parkplätzen rund 409 Gigawattstunden Strom pro Jahr zu speichern. 315 Gigawattstunden Strom sollen Windkrafträder erzeugen, über deren Aufstellung in Dresden diskutiert wird.

Vor allem die Dekarbonisierung und der Ausbau der Fernwärme bei der Sachsen-Energie soll einen großen Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Im Verkehr soll es zudem große Umstellungen geben. Unter anderem soll mehr öffentlicher Nahverkehr genutzt und mehr E-Auto gefahren werden.

Den großen Rahmen dafür gibt das IEK vor. Bevor die Räte es beschließen, haben sie sich Experten eingeladen. Eine solche Expertin ist zum Beispiel Anna-Sophia-Busch von der Klimaschutzinitiative Dresden Zero, die mit einer Petition erreichte, dass der Stadtrat beschlossen hat, Dresden solle bis 2035 klimaneutral werden.

Weitere Experten sind der Professor für Gebäudetechnik und Wärmeversorgung Clemens Felsmann von der TU Dresden und Stefan Müller von Bosch, der als Experte für die Halbleiterindustrie in der Runde ist. Für die Wohnungswirtschaft ist der Chef der kommunalen Wohnen in Dresden Steffen Jäckel. Auch dabei: der Umweltschutz-Chef der Sachsen-Energie Frank Wustmann, die Direktorin des UN-Instituts der TU Dresden und Wirtschaftswissenschaftlerin Professorin Edeltraud Günther, der Physik-Professor im Ruhestand Sigismund Kobe, der Professor für Wasserwesen Thomas Grischek von der HTW Dresden - und eben der ehemalige Umweltamtsleiter von Dresden, Christian Korndörfer.

Wie bewerten die Experten das IEK?

Grundsätzlich wird von allen anerkannt, dass das Konzept umfassend sei und alle Aspekte beschrieben sind. Als "löblich und ambitioniert" bezeichnet es Felsmann. Aber es enthalte Zahlen, "die einen erschlagen", Zahlen und Annahmen wirken "beliebig".

Günther empfiehlt: "Vergleichen Sie die Kosten." Wenn man handle, wie bei der Umsetzung solcher Konzept, entstehen immer enorme Kosten - alleine die Sachsen-Energie plant für die Dekarbonisierung mit rund 1,5 Milliarden Euro kosten. Im IEK gibt es noch gar keine abschließenden Kosten, weil dazu auch noch das Konzept für die Mobilität in Dresden fehlt. "Aber auch das Nichthandeln verursacht Kosten, beispielsweise durch entgangene Einsparungen", so Günther.

Die Experten kommen zu dem Schluss, dass das IEK einen "systematischen Ansatz" hat, wie es Wustmann nennt. "Es gibt fachliche Hinweise, aber kein fertiges Umsetzungsergebnis." Auch seien aber beispielsweise Kosten für den Ausbau der Infrastruktur nicht bedacht.

Welches sind die Hauptkritikpunkte?

Das Konzept lasse zu wenig Raum für Kompensation, wenn in einzelnen Bereichen die Ziele nicht erreicht werden, kritisiert Grischek. "So ist die Klimaneutralität bis 2040 schwierig erreichbar."

Der ehemalige Umweltamtsleiter Korndörfer hat gleich an mehreren Stellen den Finger in die Wunde gelegt. "Das Thema Solarthermie ist nicht ausreichend behandelt, das Konzept ist zu sehr auf Fotovoltaik ausgerichtet." Dennoch empfehle er, das Konzept schnell zu beschließen, damit Geld für die Umsetzung im Haushalt eingeplant werden kann. "Allerdings sollte der Beschluss, keine Windkraftanlagen in Dresden aufzustellen, aufgehoben werden - sie sind leistungsfähiger als Fotovoltaik."

Außerdem stellt Korndörfer klar: "Ich halte es für absurd, dass Niederwartha nicht in Betrieb bleibt", und meint damit das stillgelegte Pumpspeicherkraftwerk.

Weshalb sind die Experten für das Werk?

Auch Grischek, Wasserwesen-Experte der HTW Dresden äußerte sich zum stillgelegten Pumpspeicherwerk. "Die Energiespeicherung ist nicht ausreichend behandelt. Der Weiterbetrieb des Pumpspeicherwerks Niederwartha ist ein Ziel, das verfolgt werden sollte."

Physiker Kobe stellte die Wichtigkeit des Werks ebenso heraus. Aus aktuell einem Prozent erneuerbare Energien 50 Prozent zu machen, sei "schlicht unmöglich". "20 Prozent sind realistisch." Zu Niederwartha sagt er: "Das Werk hatte eine Leistung von 120 Megawatt." Dresden Verfüge über keinen ähnlich großen Speicher. "Ohne Niederwartha lässt sich das Konzept nicht umsetzen", so Kobe.

Weshalb wird das Werk nicht weiter betrieben?

Eigentümer Vattenfall hat es energiewirtschaftlich endgültig stillgelegt. Jetzt könnte nur Dresden beziehungsweise Sachsen-Energie es übernehmen und wieder in Betrieb nehmen. Sachsen-Energie-Vertreter Wustmann erklärt in der Anhörung, dass es politisch derzeit keine Chance gebe, wenn sich so ein Werk nicht rechne. "Geld verdienen kann man nur, wenn Energie abgerufen wird, nicht für das Speichern." Da Dresden kein Schwerpunkt für starke Stromschwankungen sei, werde der Bund keine Umlage der Kosten ermöglichen.

Das Werk in Niederwartha ist laut Wustmann "eines der schlechtesten Werke bundesweit". Man müsse etwa 300 Millionen Euro investieren und das werde "sich nicht rechnen".

Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) gibt das Werk hingegen noch nicht auf. "Das Thema Nutzung ist für uns nicht vom Tisch, es geht um Nutzungsoptionen und die klären wir unabhängig von Vattenfall." Dazu sei sie auch mit Sachsen-Energie weiter im Gespräch.