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Trotz Regen: Böden in Dresden sind noch immer viel zu trocken

Der ersten verregneten Augusttage sind für die Dresdner Böden ein "Tropfen auf den heißen Stein": Die Grundwasserstände sind nur halb so hoch, wie sie eigentlich sein müssten. Wie Meteorologin Franziska Reinfried das bisherige Wetterjahr bewertet.

Von Bettina Klemm
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Es hat viel geregnet in den vergangenen Tagen in Dresden. Doch der Niederschlag reicht bei weitem nicht aus, um das Grundwasserdefizit auszugleichen.
Es hat viel geregnet in den vergangenen Tagen in Dresden. Doch der Niederschlag reicht bei weitem nicht aus, um das Grundwasserdefizit auszugleichen. © Marion Doering

Dresden. Der Sommer macht eine Pause und schon geraten die Hitzetage im Juli in Vergessenheit. "Der Klimawandel schreitet jedoch ungehindert voran", sagt Franziska Reinfried. Die Meteorologin und Sachbearbeiterin für das Stadtklima im Umweltamt der Landeshauptstadt Dresden verfolgt seit 13 Jahren intensiv die Entwicklung.

"Die Klimamodelle zeigen alle in Richtung Erwärmung. Erstaunlich, wie wenig Gehör dem geschenkt wird und die Klimaanpassung nach wie vor eine freiwillige Aufgabe ist", bedauert sie. Die Jahresmitteltemperatur der letzten Dekade war in Dresden bereits 1,5 Grad höher als im Durchschnitt von 1961 bis 1990. Für die Sächsische.de hat Franziska Reinfried aktuelle Daten zusammengestellt.

Die Temperaturen: Juni und Juli waren deutlich zu warm

Der Januar war in Dresden im Vergleich zu der Klimaperiode zwischen 1961 und 1990 im Durchschnitt 4,6 Grad zu warm. Auch alle anderen Monate liegen über dem Durchschnitt, mit einer Ausnahme: Der April, der lag 0,4 Grad unter dem Wert. Auch der Mai war nur minimal wärmer als üblich. Der Junitemperatur lag bereits wieder 2,3 Grad über dem langjährigen Klimamittel, der Juli sogar 2,6 Grad. Von 1990 bis 2022 stieg die Anzahl der heißen Sommertage im Mittel von 6,5 auf 9,5.

Der Sonnenschein: 30 Prozent mehr Sonnenschein im Sommer

Im Januar mussten die Dresdner in weiten Teilen auf Sonnenschein verzichten. Nur 62 Prozent der durchschnittlichen Zeit ließ sich Klärchen blicken. Dafür verwöhnte der Juni und Juli mit 30 Prozent mehr Sonnenstunden die Dresdner.

Der Regen: Der Mai war besonders trocken

Im März hat es überdurchschnittlich viel geregnet (168 Prozent, 70 Millimeter statt durchschnittlich 42 Millimeter). Während die Niederschlagsmengen im April und Juni weitestgehend dem Durchschnitt der Vergleichswerte entsprachen, sah das vor allem im Mai völlig anders aus: Es fiel nur 15 Prozent der üblichen Regenmenge – nur 9 statt durchschnittlich 63 Millimeter.

Nicht nur die Niederschlagsmenge spielt eine Rolle. Problematisch ist extrem starker Regen, der in kurzer Zeit alles überschwemmt und schnell abfließt, ohne in den Boden dringen zu können. Ein Beispiel waren die Regengüsse in der Nacht vom 22. zum 23. Juni in der Altstadt. Kein Vergleich aber zu den aktuellen Überschwemmungen in Österreich und Slowenien.

Auch die Verschiebung der Wassermenge in den Jahreszeiten hat gravierende Auswirkungen auf die Vegetation: Im Winter und Frühjahr regnet es zu wenig. Hohe Temperaturen und intensive Sonneneinstrahlung im Mai, Juni und den ersten beiden Dritteln des Julis wiederum steigern die Verdunstung massiv. Fehlt der Niederschlag, entsteht keine Verdunstungskühle, das verstärkt die Erwärmung zusätzlich, erklärt Franziska Reinfried. "Dürre hat ein langes Gedächtnis und die Verdunstung ist der Treiber."

Was schon seit geraumer Zeit bekannt ist und sich Dresden inzwischen mehr und mehr annimmt: Regenwasser stärker als bisher zu speichern und bei Bedarf den Bäumen zur Verfügung zu stellen. Reinfried plädiert dafür, dass "wir das Regenwasser als essentielle Ressource deutlich wertschätzen sollten. Wir sollten es nicht verschwenden, sondern auffangen und zur Bewässerung der Vegetation zu nutzen. Es kommt einfach so, kostenlos. Wir müssen es auffangen und speichern, um es unseren Bäumen wieder zur Verfügung stellen zu können, wenn es fehlt."

Das Grundwasser: Böden seit 2017 zu trocken

Auch wenn es in diesem Jahr in Summe bisher fast wieder durchschnittlich viel regnete, konnte das seit Ende 2017 aufgebaute Defizit an Trockenheit im Boden noch nicht ausgeglichen werden. "Derzeit liegen die Grundwasserstände im Gebiet der Landeshauptstadt an den Messstellen des städtischen Messnetzes im Durchschnitt etwa 50 Zentimeter unter dem Monatsmittel der letzten 15 Jahre", schätzt die Expertin Kirsten Ullrich ein. Der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung zeigt nach wie vor extreme bis außergewöhnliche Dürre im Boden des Stadtgebiets. Gerade in den tiefgründigen Lössdecken im Süden fehlt das Wasser.

Harald Kroll-Reeber, Fachmann für die Bäche in der Stadt, beklagt, dass beispielsweise der Kaitzbach, der Nöthnitzbach, Maltengraben und Weidigtbach kaum noch Wasser führen. Auch der Elbpegel liegt unter dem Durchschnitt. Das schränkt beispielsweise den Schiffsverkehr der Weißen Flotte ein. Der Wasserstand lag am Dienstagnachmittag bei 1,44 Meter - Normalbereich, jedoch das erste Mal seit vielen Wochen.

Die Maßnahmen: neue Baumarten, Hitzeschutz und sensible Bebauung

Die Stadt hat erst kürzlich als erste Stadt in Deutschland ein Hitze-Handbuch herausgegeben, was über die Risiken von Hitze aufklärt, mit praktischen Ratschlägen zum Kühlhalten der Wohnungen, Informationen zum Stadtklima und Empfehlungen für mehr Trinkbrunnen und Bäume. Es ist zugleich der Grundstein für einen Hitze-Aktionsplan, der im nächsten Jahr vorliegen soll. Seit 2017 forscht ein interdisziplinäres Team im Rahmen des Projekts Heat-Resilient-City, wie Stadtgebiete und Gebäude besser an sommerliche Hitze angepasst werden können. "Wir haben am Beispiel Gorbitz untersucht, welche Faktoren die Hitzebelastung im Freiraum und im Gebäude beeinflussen", sagt Reinfried.

Oberflächentemperatur am Schulstandort Marie-Curie-Gymnasium, ermittelt im Zuge einer Drohnenbefliegung.
Oberflächentemperatur am Schulstandort Marie-Curie-Gymnasium, ermittelt im Zuge einer Drohnenbefliegung. © Landeshauptstadt Dresden

Um die Bürger schneller zu warnen, beteiligt sich die Stadt am Forschungsvorhaben "Temperatursensorik Smart City". Mit 300 Temperatursensoren soll der Hitze in der Stadt besser auf die Schliche gekommen und Maßnahmen gezielt gesteuert werden. Für die potentielle Überflutungsgefahr durch Starkregen gibt die Stadt bereits Gefahrenkarten heraus.

Längst ist bekannt, dass Bäume nicht nur Schatten spenden, sondern auch die Temperaturen senken können. So kümmert sich das Amt für Stadtgrün schon lange darum, Straßenbäume zu pflegen, neue zu pflanzen und Arten zu testen, die mit Hitze und wenig Wasser gut zurechtkommen. Ein erfreuliches Beispiel sind die neuen Trompetenbäume am Altmarkt oder der Einbau von Baumrigolen am Pirnaischen Platz.

Die Umweltexperten kritisieren, dass Maßnahmen zur Klimaanpassung immer noch freiwillige Aufgaben sind, wo die Tatsachen doch auf der Hand liegen. "Es fehlen Grenzwerte zum Beispiel dafür, wie viel Überwärmung in einem Quartier zulässig ist", erläutert Franziska Reinfried. Mit dem Bundesforschungsvorhaben "Stadtklima im Wandel" soll die Hitzebelastung für Dresden in den Sommermonaten berechnet werden. "Das Modell soll es ermöglichen, die Auswirkungen konkreter Bauvorhaben auf Überwärmungseffekte sowie auf die für Dresden bedeutenden Kaltluftströmungen zu prüfen." Die Ergebnisse sollen als Argumentationsgrundlage bei stadtplanerischen Entscheidungen dienen.