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Hellerer Asphalt soll in Dresden den Klimawandel abmildern

Auch 2023 war es in Dresden bislang zu warm und zu trocken. Vor allem dicht besiedelte Stadtteile überhitzen. Können hellere Straßen helfen?

Von Dirk Hein
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Der Asphalt in Dresden soll zukünftig heller werden, fordert ein Antrag.
Der Asphalt in Dresden soll zukünftig heller werden, fordert ein Antrag. © Symbolbild: Marion Doering

Dresden. Noch bis Freitag hat eine Hitzewelle Dresden im Griff. Tagsüber werden bis zu 30 Grad im Schatten erreicht. Nachts sinkt das Thermometer auch am Stadtrand kaum unter 20 Grad - tropische Nächte sind nicht nur in den dicht besiedelten Stadtteilen die Folge. Damit sich vor allem Straßen nicht mehr so stark aufheizen, soll zukünftig nahezu überall hellerer Asphalt zum Einsatz kommen - fordert jetzt ein neuer Antrag.

Wie warm war 2023 bisher in Dresden?

"Der Klimawandel schreitet ungehindert voran", sagt Franziska Reinfried. Die Meteorologin im Umweltamt der Landeshauptstadt verfolgt seit 13 Jahren intensiv das Dresdner Wetter. Ihre Ergebnisse sind deutlich: Die Jahresmitteltemperatur der letzten zehn Jahre war in Dresden 1,5 Grad höher als im Durchschnitt von 1961 bis 1990. Der Januar 2023 war in Dresden im Vergleich zu der Klimaperiode zwischen 1961 und 1990 im Durchschnitt 4,6 Grad zu warm. Auch alle anderen Monate liegen mit Ausnahme des Aprils über dem Durchschnitt.

Die Junitemperatur lag 2,3 Grad über dem langjährigen Klimamittel, der Juli sogar 2,6 Grad. Vor allem der Mai war zudem deutlich zu trocken, April und Juni lagen hingegen nahezu im Durchschnitt.

Welche Pläne gegen Hitze in der Stadt gibt es bisher?

In erster Linie sollen die Auswirkungen der extrem heißen Tage abgemildert werden. Seit einigen Jahren baut Dresden verstärkt Trinkbrunnen in der Innenstadt. In immer mehr Läden kann man sich zudem kostenlos Trinkwasser nachfüllen. Wo dies möglich ist, werden verrohrte Bäche wieder freigelegt, umso das Mikroklima zu verbessern.

Aktuell noch ohne durchschlagenden Erfolg, versucht Dresden zudem die Zahl der Straßenbäume zu erhöhen. Zu oft bleibt es noch bei kleineren Erfolgen. Am Rande des Altmarktes werden etwa 20 neue Bäume gepflanzt.

Im Sommer 2023 hat Dresden das bundesweit erste Hitze-Handbuch für Gorbitz vorgelegt. Parallel dazu arbeitet die Stadt an einem Hitze-Aktionsplan für ganz Dresden. Erste Ergebnisse sollen bis zum Sommer 2024 vorliegen, die dann ab dem Sommer 2025 umgesetzt werden.

Wie sollen hellere Straßen zukünftig helfen?

Die Grünen im Rat haben einen neuen Antrag eingebracht. Findet der eine Mehrheit, würde OB Dirk Hilbert (FDP) beauftragt, zukünftig "bei allen Straßenbauvorhaben helle Deckschichten einzusetzen, um so die Überhitzungseffekte in der Stadt zu verringern."

Der sogenannte Lichtreflexionswert des Asphalts soll dabei zwischen 0,25 und 0,30 Albedo liegen. Zum Vergleich: Frisch gefallener Schnee hat einen Albedowert von bis zu 0,9. Er speichert also kaum Wärme. Normaler Asphalt liegt bei einem Wert von 0,15. Er speichert relativ viel Wärme. In von Überhitzung weniger betroffenen Stadtgebieten kann laut Antrag im Einzelfall von der Vorgabe abgewichen werden. Die Abweichung muss dann jedoch begründet werden.

"Wir erleben es auch jetzt gerade: Unsere Städte werden immer heißer. Dunkler Asphalt gibt seine Wärme über Nacht ab. Das ist der Moment wo alle in der Stadt ihre Fenster aufmachen wollen. Wenn es draußen aber nicht kühl wird, weil Häuser, Autos und Straßen Wärme abgeben, wird das zum Problem", sagt Stadträtin Susanne Krause (Grüne). Heller Asphalt soll daher zur neuen Standardvariante werden.

Stadträtin Susanne Krause (Grüne) will helleren Asphalt in Dresden. Auf der Riesaer Straße (F.) hat Dresden dies bei der Sanierung getestet.
Stadträtin Susanne Krause (Grüne) will helleren Asphalt in Dresden. Auf der Riesaer Straße (F.) hat Dresden dies bei der Sanierung getestet. © Marion Doering

"Höhere Kosten, die gegebenenfalls durch andere Zuschlagstoffe im Asphalt oder andere Bauweisen entstehen, rechtfertigen sich mit dem Schutz der Gesundheit von insbesondere älteren Menschen und Kindern", so Frau Krause weiter.

Der Antrag beschreibt auch Regeln für Radverkehrsanlagen. Werden diese neu gebaut, sollen sie zukünftig verbindlich mit "hell-farbig durchgefärbten Asphaltschichten" angelegt werden. Im Gegensatz zu aufgebrachter Farbe ist dies deutlich langlebiger.

Welche Erfahrungen gibt es mit hellem Asphalt?

Ein Extrembeispiel ist Los Angeles. Dort wurde 2017 damit begonnen, Straßen weiß anzumalen. Zwei Jahre später folgte Athen. Tests haben ergeben, dass die Oberflächentemperatur des Asphalts tagsüber um knapp zwei Grad, nachts um bis zu zehn Grad sinken kann. Tatsächlich durchgesetzt hat sich dieser Ansatz aber nicht.

Mehrere Städte in Deutschland haben ebenfalls erste Versuche unternommen. Eine Abkühlung der Fahrbahnoberfläche um bis zu acht Grad wurde erfasst. Die Stadt Bad Nauheim in Hessen verwendet seit 2019 bei Bauvorhaben nur noch hellgrauen Asphalt.

In Dresden hat die Stadt bei der Sanierung der Riesaer Straße helleren Asphalt verwendet. Beigemischte helle Gesteinspartikel sollen das Sonnenlicht bis zu zehn Prozent besser reflektieren. Die Straße wirkt damit zum Beispiel in der Dämmerung heller. Das erhöht die Verkehrssicherheit. Zudem sinkt die Asphalttemperatur. Bis zu sechs Grad weniger sind im Sommer realistisch. Ergebnisse liegen jedoch noch nicht vor

Waren die weißen DVB-Gleise erfolgreich?

An zwei Stellen testen die Dresdner Verkehrsbetriebe seit 2022 weiße Schienen. In Gorbitz zwischen den Stationen Kirschenstraße und Schlehenstraße sowie in Klotzsche zwischen der Arkonastraße und dem Industriepark Klotzsche wurde das Gleis auf einer Länge von 400 Metern mit weißer Farbe gestrichen. Hohe Temperaturen in Verbindung mit intensiver Wärmestrahlung sorgen für eine Erwärmung der Schienen. Diese dehnen sich aus, es entstehen Spannungen innerhalb des Materials. Der weiße Anstrich soll dies reduzieren.

Die Erfahrungen damit liegen deutschlandweit zwischen "kaum messbar" und einer Senkung um bis zu sieben Grad Celsius. "Unsere Messungen ergaben, dass die weiße Farbe eine Reduktion der Temperatur von bis zu drei Grad erbrachte", sagt DVB-Sprecher Christian Schmidt.

Derzeit halten die DVB-Fachleute allerdings nach einer beständigeren Farbe Ausschau, die den Erschütterungen durch die darüberfahrenden Bahnen besser standhält. "Es hat sich gezeigt, dass die im letzten Jahr aufgebrachte Farbe entgegen den Erwartungen fast überall stark verblichen oder pulverisiert ist. Insofern braucht es hier noch bessere Materialien."