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Hamsterkäufe: So sieht es bei Öl, Mehl, Senf und Nudeln aus

In den Supermärkten zwischen Löbau und Zittau sind vor Ostern häufiger Regale leer. Wie die Lage ist, was die Märkte dazu sagen und wie sie gegensteuern.

Von Anja Beutler
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Leere Supermarktregale gibt es aktuell wieder häufiger. Der Grund sind Hamsterkäufe von Mehl, Nudeln, Öl und Senf.
Leere Supermarktregale gibt es aktuell wieder häufiger. Der Grund sind Hamsterkäufe von Mehl, Nudeln, Öl und Senf. © Archivfoto: Tom Weller/dpa

Der Herr mit den kurzen grauen Haaren presst am Dienstagvormittag im Löbauer Kaufland das Handy ans Ohr und läuft am leeren Mehlregal vorbei zum Speisesalz: "Salz habe ich", sagt er und fragt: "Und wenn ich jetzt das Öl finde, was soll ich da mitbringen?" Die Anweisungen am anderen Ende sind offenbar klar. Er nickt und schiebt den Wagen weiter. Mit Öl ist es - salopp gesagt - allerdings insgesamt eher Essig. Es sei denn, dem Kunden stand der Sinn nach Spezialitäten wie Knoblauch- und Erdnussöl - oder hochpreisigen Varianten. Denn die sind noch zu haben.

Öl, Mehl, günstige Nudeln und mittelscharfer Senf - das sind die Waren, die derzeit viele Kunden auf Vorrat anschaffen. Vielleicht nicht unbedingt nur, weil sie knapp zu werden drohen - sondern weil sich ein Preisanstieg abzeichnet. Durch den Ukraine-Krieg fallen möglicherweise die verfügbaren Erntemengen an Getreide und auch an Senf- und Ölsaaten auf dem Weltmarkt geringer aus.

Um dem Hamstern Einhalt zu gebieten, treten einige Märkte auf die Bremse: "Abgabe in haushaltsüblichen Mengen" steht wieder häufiger an Regalen - kombiniert mit Angaben wie "2 Flaschen" oder "4 Packungen". Im Kaufland Löbau bekommt man derzeit von einigen Ölen - wenn vorhanden - maximal zwei Flaschen. Es gibt nur zwei Tüten Mehl und bei bestimmten Nudelsorten höchstens "4 Packungen" pro Kunde. Im Penny an der B6 in Löbau ist ebenfalls das Öl rationiert: Unter dem Motto "Bitte seid solidarisch" erklärt die Marktleitung, dass man von vier Öl-Sorten jeweils nur eine Flasche erstehen kann. Auf die Frage einer Kundin, ob man denn - wenn vorhanden - aktuell noch mehrere Packungen Mehl oder Nudeln kaufen kann, bejaht die Penny-Kassiererin: "In haushaltsüblichen Mengen - und das sind bei mir keine fünf Packungen für eine Woche", fügt sie schmunzelnd hinzu.

Haushaltsübliche Menge wird vor Ort festgelegt

In der Tat liegt es im Ermessen des Personals vor Ort, die konkrete "haushaltsübliche Menge" für den Markt festzulegen. So ist es auch zu erklären, dass in verschiedenen Filialen derselben Kette im Landkreis unterschiedlich viele Nudel- oder Mehlpackungen pro Kunde akzeptiert werden. Die Schwankungen seien in der Tat sehr verschieden, heißt es von den Pressestellen der Lebensmittelmärkte. Das bestätigen SZ-Nachfragen bei Kaufland, Edeka, Penny, Lidl, Aldi und Rewe.

Im Löbauer Kaufland war das Regal mit den günstigen Nudeln schon am Dienstagvormittag gegen 10 Uhr leer.
Im Löbauer Kaufland war das Regal mit den günstigen Nudeln schon am Dienstagvormittag gegen 10 Uhr leer. © privat
Maximal zwei Packungen Mehl - viel mehr waren im Kaufland Löbau auch nicht mehr zu bekommen.
Maximal zwei Packungen Mehl - viel mehr waren im Kaufland Löbau auch nicht mehr zu bekommen. © privat
Das Öl-Regal im Löbauer Penny-Markt mit der Bitte, sich solidarisch zu zeigen und nicht zu hamstern. Die hochpreisigen Angebote sind noch verfügbar.
Das Öl-Regal im Löbauer Penny-Markt mit der Bitte, sich solidarisch zu zeigen und nicht zu hamstern. Die hochpreisigen Angebote sind noch verfügbar. © privat

Alle betonen zudem, dass es keine grundsätzlichen Versorgungsengpässe gebe - und auch "weiterhin keinen Anlass, zusätzliche Vorräte anzulegen". Zwar komme es vereinzelt zu kurzzeitigen Lieferengpässen, aber es gebe immer Produkt-Alternativen. Meint konkret: eine andere, gegebenenfalls auch teurere Nudelsorte. Die Versorgung mit "Gütern des täglichen Bedarfs" sei keinesfalls in Gefahr - auch nicht zukünftig - selbst wenn derzeit Speiseöle, die normalerweise aus der Ukraine geliefert werden, nicht in dem Maße erhältlich sind.

Solche Hamster-Phänomene sind in den vergangenen zwei Pandemie-Jahren stärker vorgekommen als sonst, bestätigt auch Meike Marschall von Edeka. Präsent ist vielen sicherlich noch der Ansturm aufs Klopapier. Aber auch zuvor gab es solche Auffälligkeiten immer wieder. 2011 hamsterten beispielsweise polnische Kunden in Deutschland günstigen Zucker - weil der Preis im Nachbarland enorm gestiegen war.

Psychologe: Egoistisches Phänomen

Worin liegt dieses Phänomen aber eigentlich begründet? Im Nachrichtenmagazin Spiegel erklärte jüngst Jan Häusser, Professor für Sozialpsychologie in Gießen, dass es sich beim Hamstern um ein zutiefst egoistisches und damit auch zutiefst menschliches Phänomen handele. Denn in Krisenzeiten haben Menschen von jeher Vorräte angelegt. Hinzu komme ein gewisser Schneeballeffekt: Erst denken nur einige, Mehl könnte knapp werden und kaufen mehr ein. Dadurch sehen andere, dass nicht mehr viel Mehl da ist und langen ebenfalls zu - bis es am Ende ausverkauft ist.

Die Mitarbeiter in den Lebensmittelmärkten im Südkreis beobachten diese Effekte seit Wochen täglich: "Mehl, Öl, Senf und Nudeln - das stelle ich sofort raus, wenn neue Ware kommt, aber das ist ganz schnell weg", sagt eine Mitarbeiterin im Löbauer Diska, die gerade Ware in die Regale räumt. Inzwischen gingen auch Konserven öfter als zuvor über den Kassenscanner. "Und jetzt geht es auch bei Honig und Marmelade los", meint sie achselzuckend. Glücklicherweise sind die Geschmäcker in der Oberlausitz verschieden - und die Kunden haben Chancen, anderswo das begehrte Gut zu bekommen: Außer dem günstigsten Ketchup, Dinkelmehl und Speiseöl war im Neugersdorfer Aldi an diesem Dienstag noch alles andere zu haben.