SZ + Löbau
Merken

Das Sanierungswunder vom Löbauer Dichterviertel

Bis vor wenigen Jahren verströmte das Quartier noch DDR-Tristesse. Doch eine Sanierungs-Offensive der Wobau hat das ganze Viertel wachgeküsst.

Von Markus van Appeldorn
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Wobau-Chef Ullrich Wustmann im neu begrünten Innenhof des Wohn-Gevierts Äußere Bautzner Straße / Goethestraße / Lessingstraße / Pestalozzistraße.
Wobau-Chef Ullrich Wustmann im neu begrünten Innenhof des Wohn-Gevierts Äußere Bautzner Straße / Goethestraße / Lessingstraße / Pestalozzistraße. © Markus van Appeldorn

Bis vor einigen Jahren war die Äußere Bautzner Straße eine Kulisse in Sepia, die grau-braunen und bröckeligen Fassaden eine Erinnerung an DDR-Tristesse. Leerstand herrschte. Doch nun fängt die Straße nach und nach wieder an zu leuchten und zu leben. Der stadteigenen Wohnungsverwaltung und Bau GmbH Löbau (Wobau) gehört ein Großteil der Häuser im Wohn-Geviert Äußere Bautzner Straße / Goethestraße / Lessingstraße / Pestalozzistraße - das sogenannte Dichterviertel. Und Wobau-Chef Ullrich Wustmann hat seinen Masterplan zur Sanierung dieser Häuser zu einer Erfolgsgeschichte für das gesamte Quartier gemacht. Wo dort saniert wird, bleibt keine Wohnung mehr leer. Das Dichterviertel ist wieder beliebt wie einst.

Ullrich Wustmann hat sein Werk noch nicht vollendet. Und so lange das so ist, wird er nicht in Rente gehen. "Ich will dieses Quartier hier in einem schönen Zustand übergeben, das ist mein Ziel", sagt er. Und er ist auch schon auf der Zielgeraden. 2017 war die Wobau mit der Sanierung der Hausnummern 25 bis 31 gestartet. "Das waren 2017 alles Ruinen", sagt er. Außen bekamen die Häuser einen leuchtend gelben Anstrich und wurden kernsaniert. Zwei bekamen sogar einen Aufzug. "Die Wohnungen in diesen beiden Häusern sind die begehrtesten", sagt Wustmann. Aber vermietet sind nach Abschluss der Sanierung alle.

Die sanierte Häuserzeile an der Äußeren Bautzner Straße in Löbau,
Die sanierte Häuserzeile an der Äußeren Bautzner Straße in Löbau, © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Attraktives Wohnviertel mit vielen Vorteilen

Wustmann nennt gleich mehrere Gründe, warum die Mietinteressenten ihm hier quasi die Tür einlaufen. "Zum einen hat uns die Verkehrsberuhigung des Viertels sehr in die Karten gespielt. Es ist ruhig, es gibt nur noch Anliegerverkehr", sagt er. Außerdem seien zwei Schulen, zwei Kitas und Einkaufsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe und in die Stadt hat man es auch nicht weit. "Und bald kommt sogar noch ein Edeka in die Nachbarschaft", sagt er. Diese Umstände machen das Quartier attraktiv für Mieter sämtlicher Altersgruppen. "In den Wohnungen hier leben alte Menschen und junge Familien, auch Rückkehrer, die Sachsen nach der Wende verlassen hatten", sagt Wustmann.

In jüngster Zeit bekam auch die Häuserzeile an der Goethestraße einen glänzenden Fassadenanstrich. Und auch dort saniert die Wobau Wohnungen. "Aus der Hausnummer 7 werden drei Wohnungen saniert und bekommen eine moderne Zentralheizung", sagt Wustmann. In diesem Haus erinnert ein kleines Schaufenster daran, dass dort zu DDR-Zeiten mal ein Kiosk war. "Da habe ich als Kind immer meine Lollis gekauft", erinnert sich Wustmann. Und auch dort soll wieder Leben einkehren. "Aus Denkmalschutzgründen dürfen wir daraus keine Wohnung machen", sagt er. Deshalb entsteht dort ein kleines Begegnungszentrum für die Nachbarschaft. "Ich habe jetzt schon Anfragen für Feiern dort", sagt Wustmann.

Auch die Häuserzeile an der Goethestraße glänzt wieder.
Auch die Häuserzeile an der Goethestraße glänzt wieder. © Markus van Appeldorn
Hinter dem Schaufenster, wo einst ein Kiosk war, soll ein Begegnungszentrum für die Nachbarschaft entstehen.
Hinter dem Schaufenster, wo einst ein Kiosk war, soll ein Begegnungszentrum für die Nachbarschaft entstehen. © undefined

Mehr Wohnqualität ohne Preissteigerung

Die Häuser an der Lessingstraße bekamen alle rückwärtige Balkons. Und auch der große Innenhof, den das Geviert umschließt, wurde begrünt und hat jetzt wieder echte Wohnqualität für die Mieter. Was heute wie ein kleiner Park anmutet, war früher alles voll mit Schuppen. "Das war völlig unattraktiv, voller Karnickelställe und irgendwelchen Baracken - wie zu DDR-Zeiten", sagt Ulrich Wustmann. Und das schönste für die Mieter: Trotz deutlich gestiegener Wohnqualität müssen sie nicht mehr zahlen. "Die Miete ist um ein paar Euro gestiegen, weil die Mieter für die Balkonfläche zahlen müssen, aber mehr nicht", sagt Wustmann. Und die Mieter haben das dankbar angenommen. "Die haben hier gleich als das fertig war, ein Hoffest gefeiert", sagt er.

Gut sechs Millionen Euro hat die Wobau bisher in die Sanierungen investiert. Weitere drei Millionen Euro werden folgen für die letzten vier Häuser auf der Äußeren Bautzner, die Ullrich Wustmann sich vorgenommen hat. "Noch in diesem Jahr fangen wir mit den Hausnummern 13 und 15 an", sagt er. Dort wird ein Eingang weggenommen und alle Wohnungen werden über einen gemeinsamen Eingang zugänglich sein. "Wir bauen dort einen barrierefrei zugänglichen Fahrstuhl ein", sagt er. Diese Häuser werden wahrscheinlich 2023 bezugsfertig sein und: "Es gibt bereits Mietinteressenten."

Im Innenhof des Wohn-Gevierts Äußere Bautzner Straße / Goethestraße / Lessingstraße / Pestalozzistraße wurde Lebensraum für die Mieter geschaffen.
Im Innenhof des Wohn-Gevierts Äußere Bautzner Straße / Goethestraße / Lessingstraße / Pestalozzistraße wurde Lebensraum für die Mieter geschaffen. © Markus van Appeldorn

Das Schönste kommt zum Schluss

Und seine beiden Lieblingshäuser hat sich Ullrich Wustmann für den Schluss aufgehoben. "Diese Häuser sind unsere Prunkstücke", sagt er und zeigt auf die Häuser mit der Hausnummer 21 und 23 in der Äußeren Bautzner. Sie stehen leer, bei einem wächst schon ein Baum aus dem Dach. Im Inneren im Eingang hängt der Deckenanstrich in Fetzen herunter. "Das ist die Folge eines Wasserschadens wegen eines Brandes vor Jahren im Nachbarhaus", sagt er. Aber das wird alles wieder schön. "In den Häusern sind wunderbare Gründerzeitwohnungen mit bis zu 100 Quadratmetern und in den Wohnungen stehen noch kostbare Kachelöfen", sagt er. Auch die will er, wenn möglich mit modernen Brennstoffen wieder in Betrieb nehmen. Starten soll die Sanierung im nächsten Jahr. "Wir müssen uns sputen. 2024 läuft die Förderung Städtebaulicher Denkmalschutz für das Viertel aus", sagt er

Diese Fördermittel haben die Sanierung überhaupt erst möglich gemacht. Und Wustmanns Initiative hat im Viertel eine ganze Sanierungswelle angestoßen. Auch Privateigentümer nutzen die Förderperiode und putzen ihre Häuser an der Äußeren Bautzner wieder heraus. Etwa das Backsteinhaus mit der Nummer 11, das 2019/20 saniert wurde - und mittlerweile komplett vermietet ist. "Wir haben einem Investor auch Häuser an der Äußeren Bautzner verkauft, weil wir als Wobau das in der Zeit nicht alles geschafft hätten. Die werden jetzt auch saniert", sagt Wustmann.

Die Gründerzeithäuser auf der Äußeren Bautzner 21 und 23 sind die Prunkstücke der Wobau.
Die Gründerzeithäuser auf der Äußeren Bautzner 21 und 23 sind die Prunkstücke der Wobau. © Markus van Appeldorn
Noch hängt im Eingangsbereich der Anstrich von der Decke.
Noch hängt im Eingangsbereich der Anstrich von der Decke. © undefined
Ullrich Wustmann zeigt einen der kostbaren historischen Kachelöfen.
Ullrich Wustmann zeigt einen der kostbaren historischen Kachelöfen. © undefined