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Wie Löbau mit EU-Geld die Nudelfabrik retten will

Löbau ist eine von nur fünf deutschen Städten, die für ein EU-Programm ausgewählt wurden und Fördergeld bekommen. Davon sollen Brachen profitieren - in Löbau die "Nudelei".

Von Romy Altmann-Kuehr
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Die Nudelfabrik in Löbau gehört zum Stadtbild. Zusammen mit der benachbarten Villa Schminke bildet sie ein einzigartiges architektonisches Ensemble.
Die Nudelfabrik in Löbau gehört zum Stadtbild. Zusammen mit der benachbarten Villa Schminke bildet sie ein einzigartiges architektonisches Ensemble. © Matthias Weber/photoweber.de

Eine Zukunft für die Löbauer Nudelfabrik wird greifbarer. Wie sie die Brachfläche retten kann, daran will die Stadt Löbau in den nächsten zwei Jahren arbeiten - und zwar gemeinsam mit anderen europäischen Städten. Löbau nimmt teil am Projekt "Green Place" im Programm UrbAct. Was es damit auf sich hat und welche Chancen das für Löbau und die Nudelfabrik hat:

Worum geht's bei UrbAct?

UrbAct ist ein europäisches Förderprogramm für nachhaltige Stadtentwicklung. Finanziert wird es vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre) und den 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen und der Schweiz. Teilnehmende Kommunen sollen sich mit anderen europäischen Städten vernetzen und gemeinsam an Plänen für ihre jeweiligen lokalen Herausforderungen arbeiten und diese umsetzen. Man geht davon aus, dass die Kommunen so von den Erfahrungen anderer profitieren können.

Am Ende genehmigte ein Begleitausschuss 30 Netzwerke. Involviert sind dabei 252 einzelne Partner aus 28 europäischen Ländern. Als einer davon ist Löbau ausgewählt worden. Lediglich fünf deutsche Städte wurden als Netzwerkpartner genehmigt.

Welche Rolle spielt Löbau?

Löbau nimmt als Partner am Projekt "GreenPlace. Let's do it together" teil, teilt die Stadtverwaltung auf Nachfrage mit. Ein Partner ist Wrocław (Breslau) - die polnische Stadt hat bei dem Netzwerk sozusagen den Hut auf - sowie acht weitere europäische Städte. Ziel ist es, vergessene städtische Plätze - also Brachflächen - wiederherzustellen, sie bewohnbar und umweltfreundlich zu machen. Dabei sollen vor allem vorhandene Ressourcen optimal genutzt werden - vor dem Hintergrund der Umweltkrise und der allgemeinen Finanzlage.

Die Stadt Löbau sieht das Programm als Chance, Konzepte und Ideen zu entwickeln, wie Brachflächen im Allgemeinen wiederbelebt werden können und ganz konkret die Nudelfabrik. Begleitet wird das Programm von Expertin Marcelline Bonneau, die für UrbAct in ganz Europa Projekte betreut. Sie hat jetzt Löbau besucht, die Macher vor Ort kennengelernt. "Wir haben ihr unsere schöne Stadt vorgestellt und eine lokale UrbAct-Gruppe gegründet", berichtet Rathaussprecherin Eva Mentele. Zu der Gruppe gehören Oberbürgermeister Albrecht Gubsch sowie zwei weitere Mitarbeiter aus der Stadtverwaltung. Außerdem die Kolleginnen vom Haus Schminke, Citymanagerin Sarah Weiß, Tobias Berg vom Messepark, zwei Vertreter der Kultur- und Weiterbildungsgesellschaft sowie vom Verein "Löbau lebt".

Wie geht es jetzt weiter?

Seit diesem Sommer und bis Ende 2025 tauschen sich die Städtepartner aus und lernen voneinander. Im Ergebnis sollen Handlungskonzepte für die jeweiligen Herausforderungen vor Ort entstehen. Löbau will dabei seine Erfahrungen aus der Landesgartenschau 2012 einfließen lassen. Im Zuge dessen wurde in Löbau schon einmal eine große Industriebrache völlig umgestaltet. Auf dem Gelände standen mehrere Fabriken der Textilindustrie sowie verschiedene Gebäude der Zuckerfabrik. 2002 schloss mit der Zuckerfabrik das letzte Werk. Mit dem Messe- und Veranstaltungspark wurde dort dauerhaft eine grüne Oase geschaffen.

Die Mitglieder des lokalen Teams werden das Projektkonzept erarbeiten. In Löbau soll dabei ganz konkret die Nudelfabrik im Vordergrund stehen. Es geht noch nicht um bauliche Maßnahmen, sondern erst einmal um eine schlüssige Idee. Die braucht die Stadt, um überhaupt Fördermittel für etwaige Sanierungsarbeiten beantragen zu können. Insgesamt fallen in den zweieinhalb Konzept-Jahren bis Ende 2025 Kosten von 73.750 Euro für das Projekt an. Die Förderung durch das EU-Programm liegt bei 70 Prozent. Bleibt ein Eigenanteil von gut 22.000 Euro.

Die Fabrikgebäude stehen unter Denkmalschutz.
Die Fabrikgebäude stehen unter Denkmalschutz. © Matthias Weber/photoweber.de
Ein Treppenhaus in der ehemaligen Anker-Nudelfabrik.
Ein Treppenhaus in der ehemaligen Anker-Nudelfabrik. © Rafael Sampedro
Die Nudelfabrik gehört zum Löbauer Stadtbild. Das Innere ist seit Längerem nicht mehr öffentlich zugänglich, birgt aber interessante Details.
Die Nudelfabrik gehört zum Löbauer Stadtbild. Das Innere ist seit Längerem nicht mehr öffentlich zugänglich, birgt aber interessante Details. © Matthias Weber
Das Stadtmuseum zeigte vor einiger Zeit eine Sonderausstellung über die Löbauer Nudelfabrik mit Utensilien und Raritäten aus dem Fabrikalltag.
Das Stadtmuseum zeigte vor einiger Zeit eine Sonderausstellung über die Löbauer Nudelfabrik mit Utensilien und Raritäten aus dem Fabrikalltag. © Matthias Weber/photoweber.de

Was könnte aus der Nudelfabrik werden?

Fest steht schon jetzt: Die ehemalige Nudelfabrik und das Schminke-Wohnhaus sollen im Zusammenhang betrachtet werden. Denn die Nudelfabrik ist mehr als ein Industriebau, so die Stadt. Gemeinsam mit dem benachbarten "Nudeldampfer" - dem weltberühmten Haus Schminke - bildet sie eine architektonische Einheit. Zwischenzeitlich, so stellt man bei der Stadt fest, hat sich in den Köpfen der Menschen beides voneinander entfernt. Das Haus Schminke ist in den Fokus gerückt. "Die Fabrik hingegen wurde immer mehr zu einer Industriebrache von vielen." Entstehen soll im Gebäudekomplex mit der Villa ein Green Place - ein "Grüner Platz", gemäß dem Umweltgedanken des internationalen Projekts. Ein Tagungsort für Tourismus, Architekten und Fachpublikum sowie eine Begegnungsstätte sind Ideen.

Wie können Löbauer sich einbringen?

"Eine öffentliche Beteiligung ist bei diesem Projekt nicht vorgesehen", heißt es von der Stadt. Es gibt aber auch Formate, bei denen sich die Löbauer einbringen können mit ihren Ideen für die Nudelfabrik. So etwa beim Projekt "Fabrik reanimiert". Involviert ist hier unter anderem der Seniorenrat Löbau. Er bittet um Mithilfe und Ideen: "Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Areals? Was brauchen wir in unserer Kleinstadt?", heißt es in einem Aufruf. "Gewerbe, Gastronomie, Dienstleistungen - was passt hierher?"

Zudem geht es um persönliche Erinnerungen, die Löbauer mit der Fabrik verbinden. Vieles sei durch die Treuhand verschleudert, verkauft, vernichtet worden, heißt es vom Seniorenrat. Die Geschichte der Fabrik lebendig zu erhalten, sieht der Seniorenrat als eine wichtige Aufgabe.