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Debatte mit Kretschmer - das sind die sechs größten Probleme der Ebersbach-Neugersdorfer

Michael Kretschmer und Landrat Stephan Meyer sind zu einem Bürgerforum nach Ebersbach-Neugersdorf gekommen. Das Krankenhaus und die stillgelegte Bahnstrecke waren zwei der Themen.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Die 90-jährige Marianne Fiedler kritisierte den Abbau am Ebersbacher Krankenhaus.
Die 90-jährige Marianne Fiedler kritisierte den Abbau am Ebersbacher Krankenhaus. © Matthias Weber/photoweber.de

Marianne Fiedler ist 90 Jahre alt. In ihrem langen Leben hat sie viel erlebt - auch, wie der Mediziner Robert Wanke einst das Ebersbacher Krankenhaus aufbaute und in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg weiter entwickelte. "Man hat mir dort das Leben gerettet", erzählt die Seniorin. "Ich wäre schon lange unter der Erde, hätte es das Krankenhaus hier nicht gegeben." Dass es nun so massiv abgebaut wird, stimmt sie traurig. "Ich hätte mir gewünscht, dass es in der bisherigen Form erhalten bleibt."

Die 90-Jährige sitzt im Sport- und Rehazentrum in Neugersdorf, als sie das erzählt. Auf der Bühne steht Landrat Stephan Meyer (CDU), neben ihm sein Parteikollege und Ministerpräsident Michael Kretschmer. Beide sind ins Oberland gekommen, um sich Sorgen der Einwohner anzuhören - eine Veranstaltung in der Reihe "MK direkt", die Kretschmer schon seit Jahren anbietet. 150 Menschen hörten ihnen im Saal zu und fragten. Noch einmal 500 verfolgten das Bürgerforum im Internet.

Das örtliche Krankenhaus war eines der Themen, die den Gesprächs-Abend bestimmen. Der Landkreis plant einen umfangreichen Umbau der Krankenhauslandschaft - zulasten der stationären Versorgung in Ebersbach. Dort soll künftig vorrangig ambulant gearbeitet werden. Wie emotional das Thema für die Ebersbach-Neugersdorfer ist, zeigt die Erzählung von Marianne Fiedler.

Landrat Stephan Meyer beim offenen Gesprächsabend in Ebersbach-Neugersdorf.
Landrat Stephan Meyer beim offenen Gesprächsabend in Ebersbach-Neugersdorf. © Matthias Weber/photoweber.de
Bürgermeisterin Verena Hergenröder führte durch den Abend mit MP Kretschmer (vorn) und Landrat Meyer.
Bürgermeisterin Verena Hergenröder führte durch den Abend mit MP Kretschmer (vorn) und Landrat Meyer. © Matthias Weber/photoweber.de

Beim Bürgerforum bekamen sie und die anderen Einwohner viele Erklärungen - aber wenig konkrete Antworten. Was der Landrat und der Ministerpräsident zum Krankenhaus sagten - und welche Themen die Ebersbach-Neugersdorfer außerdem bewegten:

Kritik am Krankenhaus-Abbau in Ebersbach

"Wir verursachen längere Wege - vor allem für ältere Menschen, die Hilfe brauchen", fasste Stadtrat Thomas Kriegel zusammen. Ein Fakt, den Landrat Stephan Meyer nicht von der Hand weist. Aber: er führt vor allem wirtschaftliche Gründe an, wie er bereits wiederholt erklärt hat. "Auch, wenn viele der Meinung sind, dass es bei der Gesundheit nicht um wirtschaftliche Aspekte gehen sollte." Schlussendlich bestehe aber die Gefahr, dass von anderer Stelle eingegriffen würde, wenn sich die Klinik irgendwann nicht mehr trägt. Da sollte man lieber vorher selbst handeln. "Wir haben es aber nicht allein in der Hand", so Meyer. Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung hätten auch mitzureden. So könnten heute viele Behandlungen bei den Kassen nur noch ambulant abgerechnet werden, wo früher eine stationäre Behandlung üblich war. Auch die Medizin sei heute so weit, dass vieles ambulant operiert werden könne, wo ein Patient noch vor Jahren mehrere Tage im Krankenhaus verbringen musste. "Wir wollen die Standorte erhalten", betonte Meyer.

Das Krankenhauspersonal hatte eine Petition gestartet. Diese wird derzeit im Petitionsausschuss des Landtags bearbeitet. Ein Ergebnis steht noch aus.

Sorge um den Kreißsaal - auch in Zittau

Im Zusammenhang mit dem Krankenhaus-Umbau wird nach jetzigem Stand auch die Entbindungsstation abgeschafft. Für werdende Mütter bedeutet das: Sie müssen zum Kreißsaal mindestens bis nach Zittau fahren, den zweiten Standort des Klinikums Oberlausitzer Bergland. "Wir haben uns damit noch nicht abgefunden", sagte Anne Goldberg, Beleghebamme in Ebersbach. Im Sächsischen Krankenhausplan steht zum Thema Geburtshilfe, dass Entbindungsstationen "eine gewisse Abteilungsgröße" vorweisen müssen, damit sie aufrechterhalten werden können. Was das konkret bedeutet, darüber trifft der Plan keine Aussagen. Auch Geburtenzahlen, die erreicht werden müssten, nennt der Plan des Freistaats nicht. Deshalb sorgt sich Anne Goldberg auch darum, wie es dann perspektivisch mit dem Kreißsaal Zittau weitergehen wird. "Was ist diese 'gewisse Größe'? Wird Zittau dann als nächstes geschlossen?" Eine echte Antwort hatte Landrat Meyer für die Hebamme und ihre Kolleginnen nicht. "Das müssen wir im Auge behalten und klären", so Meyer.

Hebamme Anne Goldberg sprach in der Diskussionsrunde das Problem Kreißsaal an.
Hebamme Anne Goldberg sprach in der Diskussionsrunde das Problem Kreißsaal an. © Matthias Weber/photoweber.de

Forderung nach mehr Geld für Gemeinden

Der Zustand der Straßen und ihre Sanierung sind leidige Themen in vielen Kommunen. Oft fehlt das Geld dafür. Ebersbach-Neugersdorf geht es da nicht anders. Für die Stadt führte Stadtrat Thomas Kriegel ein Beispiel an, dass die Situation verdeutlicht: die Spreedorfer Straße, die rund dreieinhalb Kilometer lange Verbindung zwischen Neugersdorf und Ebersbach, wird seit mehreren Jahren abschnittsweise saniert - und ist immer noch nicht fertig. "Da helfen auch Förderprogramme nicht, wenn die Kommunen nicht die Eigenanteile stemmen können." Beim Thema Finanzausstattung der Kommunen sieht MP Kretschmer den Bund in der Pflicht. "Das müssen wir mit dem Bund neu verhandeln, damit die Länder mehr Geld bekommen." Denn: von dem Geld, das der Freistaat an die Kommunen weiterreicht, müssten zum Beispiel die Landkreise inzwischen viel höhere Sozialausgaben stemmen. "Das Geld fehlt dann für Investitionen", so Kretschmer.

Ruf nach bürgerfreundlichen Ämtern

Die Behörden des Landratsamtes sind schlecht erreichbar, vor allem bei der Führerscheinstelle hakt es. Das stellte ein Selbstständiger aus Ebersbach-Neugersdorf fest. Für Berufstätige sei es kaum möglich, vor Ort etwas klären zu können. Landrat Meyer erläuterte, dass es jetzt ein Ticketsystem gibt, bei dem sich Bürger online einen Termin buchen können. Er hält das für eine gute Lösung, weil die Leute dann auch nicht lange warten müssten im Amt. Parallel hätten die Behörden aber auch ganz normale Sprechzeiten, die jeder aufsuchen kann. Was da speziell bei der Führerscheinstelle in Löbau zuletzt schiefgelaufen ist, will er prüfen. Das könne nur mit Krankheitsausfällen zu tun haben, vermutet er.

Wunsch nach Wiederbelebung der Bahnstrecke

Die Bahnstrecke Ebersbach - Löbau sollte endlich wieder belebt werden und dort regelmäßig Züge fahren. Das forderte der Ebersbacher Karl-Ernst Simm - und spricht damit für viele Bahnanhänger. "Dass das funktioniert, hat ja der Umleitungsverkehr auf der Strecke im vorigen Jahr gezeigt", sagte er. Die Antwort von Landrat Meyer dazu lässt die Hoffnung, dass dies zeitnah geschieht, kleiner werden. "Wir müssen erst einmal bestehende Strecken erhalten." Schon dafür reiche das Geld nicht. Aber er sagt auch, man sollte stillgelegte Strecken erst einmal liegen lassen und nicht etwa Radwege darauf bauen. Denn mit neuen Technologien könnten sich vielleicht auch wieder neue Möglichkeiten für die Strecken ergeben.

Forderung nach Bürokratieabbau

Die Landkreisbehörden müssen schneller arbeiten und Entscheidungen treffen, so ein Einwohner. "Die Leute verstehen vieles nicht mehr." Er verwies auf Fälle wie die geplanten Sanierungsarbeiten am Berg Oybin oder die Probleme mit dem Denkmalschutz beim Hackerbräu in Löbau. Vieles gehe in der Region auch deshalb nicht voran, weil Antragsverfahren so lange dauern würden. Sein Vorschlag: es müsse eine Frist für die Bearbeitung von Genehmigungsverfahren geben. Gibt es in der Zeit keinen Bescheid vom Amt, gilt der Antrag als genehmigt. Ganz so einfach ist es freilich nicht, sagen Meyer und Kretschmer. "Wir müssen Anzeigen nachgehen und das prüfen, wenn uns zum Beispiel jemand darauf hinweist, dass da ein seltenes Tier brütet, was einem Bauvorhaben im Weg stünde", nennt er ein Beispiel. Er wolle aber in seiner Behörde dafür sorgen, dass sich die Fachämter künftig besser untereinander abstimmen. Kretschmer verweist erneut auf die Bundespolitik, wo es in Sachen Bürokratieabbau noch viel Nachholbedarf gebe. Da seien den Behörden auch die Hände gebunden, denn sie müssten sich an die Gesetze halten.