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Meißen: Folgt auf das 9-Euro-Ticket eine Preiserhöhung?

Falls die Energiepreise nicht sinken, sei eine Preiserhöhung unvermeidbar. Das 9-Euro-Ticket wird den Stadtverkehr auslasten, nicht aber im ländlichen Raum.

Von Marvin Graewert
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Durch das Neun-Euro-Ticket könnten die Fahrgastzahlen im gut angebundenen Stadtverkehr steigen. Im ländlichen Raum seien zuerst Investitionen in zusätzliche Fahrten und Linien erforderlich, erklärt der VGM-Chef.
Durch das Neun-Euro-Ticket könnten die Fahrgastzahlen im gut angebundenen Stadtverkehr steigen. Im ländlichen Raum seien zuerst Investitionen in zusätzliche Fahrten und Linien erforderlich, erklärt der VGM-Chef. © Claudia Hübschmann

Meißen. Wenn es in den Bussen im Kreis Meißen eng wird, bekommt die Verkehrsgesellschaft Meißen (VGM) das sofort mit: Jeder dritte Bus erfasst alle Fahrgäste - die größer als 1,20 Meter sind - automatisch. Als im März die Spritpreise explodierten, stiegen gleichzeitig die Fahrgastzahlen leicht an: "Einen direkten Zusammenhang mit den Kraftstoffpreisen haben wir noch nicht festgestellt. Dies wird sich erst langfristig bemerkbar machen", sagt VGM-Geschäftsführt Jens Dehnert. Es seien vermehrt Schülerinnen und Schüler zugestiegen und auch der Saisonverkehr hat zugenommen.

Insgesamt bewegen sich die Fahrgastzahlen immer noch auf Vorjahresniveau, die Erlöse liegen sogar deutlich unter denen vor der Pandemie – und das bei steigenden Ausgaben. Vor allem durch die erhöhten Kraftstoffpreise: "Sollten die Energiepreise auf diesem Niveau bleiben, wird eine Fahrpreiserhöhung nicht zu vermeiden sein", verkündet der VGM-Chef.

PlusBus nicht ausreichend finanziert

Bevor ein Preisanstieg droht, werden die Tickets so günstig wie nie: Vom 1. Juni bis zum 31. August soll ein Monatsticket neun Euro kosten: Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) wirft dem Bundesverkehrsministerium vor, die Kosten für die billigen Monatskarten "teilweise an die Bundesländer" abzuwälzen. Den Verkehrsbetrieben sollen die Mindereinnahmen ausgeglichen werden, ob und wie die Mehrbelastungen ausgeglichen werden, ist derzeit noch nicht bekannt. Um das Angebot einheitlich umzusetzen, gebe es derzeit deutschlandweite Abstimmungen zwischen den Verbänden, wie der Verkehrsverbund Oberelbe mitteilte, in den auch die VGM eingegliedert ist.

Der Geschäftsführer der VGM Jens Dehnert ist davon überzeugt, dass erst Fahrten und Linien ausgebaut werden müssten, bevor sich auch im ländlichen Raum ein nennenswerter Anteil an Kunden gewinnen lässt.
Der Geschäftsführer der VGM Jens Dehnert ist davon überzeugt, dass erst Fahrten und Linien ausgebaut werden müssten, bevor sich auch im ländlichen Raum ein nennenswerter Anteil an Kunden gewinnen lässt. © Norbert Millauer

Ob die auf drei Monate begrenzte Subventionierung langfristig Kunden binden kann, sei schwer zu sagen: In den gut angebundenen Stadtverkehren, angrenzend an Dresden, gebe es zwar noch Potenzial. "Im ländlichen Raum wird eine nachhaltige Nachfragesteigerung eher verhalten ausfallen", so Dehnert, der sich gefreut hätte, wenn mit den eingeplanten Mitteln zuerst das Angebot im gesamten Liniennetz attraktiver gestaltet würde. Um auch dort einen nennenswerten Anteil der Bewohner zum Umstieg zu ermutigen, seien nachhaltige Investitionen in zusätzliche Fahrten erforderlich: "Zum Beispiel ist derzeit eine auskömmliche Finanzierung der PlusBus-Linien nicht mehr gegeben, da der Zuschuss vom Freistaat seit dem Ausgangsjahr 2019 bisher nicht an die gestiegenen Kosten angepasst wurde", sagt Dehnert. Außerdem müsste in neue und moderne Fahrzeuge investiert werden. Über diese Förderanträge wird dieses Jahr entschieden.

Mit dem Geld zur Finanzierung des Neun-Euro-Tickets wäre eine Menge möglich. Um eine Vorstellung zu bekommen, um wie viel Geld es geht, erklärte VVO-Chef Burkhard Ehlen, dass mit dem Geld fast alle noch fehlenden Stationen im Verbund barrierefrei umgebaut werden.

Wendepunkt für Autofahrer

Der Verkehrsbetrieb ist immer noch von der Pandemie gebeutelt – erst durch Lockerungen im Hotel- und Gaststättengewerbe und die Rückkehr der Touristen sei wieder etwas Normalität einkehrt. "Wir spüren das vor allem bei unseren Saisonverkehren und den Elbfähren. Im Linienverkehr hatten wir durch den Schülerverkehr immer eine relativ konstante Auslastung", so Dehnert.

Durch die Einführung des Neun-Euro-Tickets rechnet die VGM neben einem ausgelasteten Stadtverkehr auch mit einer erhöhten Nachfrage in Touristenzielen wie Meißen und Moritzburg. Da das Ticket bundesweit im Nahverkehr gelten soll, können Touristen einsteigen, ohne einen Fahrschein zu ziehen.

Sollte es deshalb kurzzeitig zu einem sprunghaften Anstieg kommen, könnten größere Fahrzeuge unterstützend eingesetzt werden: "Das machen wir auch heute schon so bei besonderen Ereignissen, wie zum Beispiel dem Weinfest", sagt der VGM-Chef, der bereits ehemalige Fahrer als flexible Aushilfen beschäftigt. "Zur größten Not kann auch unser Verwaltungs- und Werkstattpersonal mit einspringen", so Dehnert, der im Landkreis Meißen aber nicht mit extremen Nachfrageschwankungen rechnet. Zumal die Gültigkeit des günstigen Monatstickets in eine Zeit falle, in der Abschlussklassen Bus und Bahn nicht mehr regelmäßig nutzen.

Für Gelegenheitsfahrer gibt es in Meißen mit dem Carsharing-Anbieter "Teilauto" seit November eine Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr. Doch auch bei dem Leipziger Unternehmen sei die Nachfrage in Meißen nicht sprunghaft angestiegen. "Wir glauben aber, dass sich die Entwicklung der Spritpreise langfristig auf unser Angebot auswirkt", sagt Unternehmenssprecherin Franziska Wilhelm. Die aktuelle Situation identifiziert sie als Umbruchsmoment. Viele Meißner würden zumindest darüber nachdenken, ob sich das eigene Auto noch lohnt.

Nach derzeitigem Stand, wird das 9-Euro-Ticket beim Busfahrer, im Kundencenter Meißen und Großenhain sowie an den Automaten erhältlich sein. Auch Bestandskunden sollen im Juni, Juli und August jeweils neun Euro bezahlen.