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Der Mann mit dem Draht nach Berlin

Als Linken-Abgeordneter möchte sich André Hahn weiter für den Kreis Meißen in der Bundeshauptstadt stark machen, etwa für S-Bahnen nach Riesa oder Großenhain.

Von Peter Anderson
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Hat Ziele vor den Augen: Der Bundestagsabgeordnete André Hahn sichert zu, bei einem erneuten Einzug ins Berliner Parlament dort auch Anliegen aus dem Kreis Meißen anzusprechen.
Hat Ziele vor den Augen: Der Bundestagsabgeordnete André Hahn sichert zu, bei einem erneuten Einzug ins Berliner Parlament dort auch Anliegen aus dem Kreis Meißen anzusprechen. © Claudia Hübschmann

Meißen. Wer S-Bahn fährt, der kennt die Not der "Kleinen Leute". Zum Beispiel wenn es auf dem Bahnhof keine funktionierende öffentliche Toilette gibt. So wie es in Meißen längere Zeit und immer wieder einmal der Fall ist.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete André Hahn hörte von diesen Sorgen und ging in die Spur. Er schrieb einen Brief an den Bahnchef, und vielleicht sorgte dieser Anstoß mit dafür, dass 2017 eine Lösung gefunden wurde.

Starke Konkurrenten vor der Nase

Das Einzelne steht für das Ganze. Der 57-Jährige erzählt diese Geschichte am Donnerstagmittag bei einem Besuch im Landkreis Meißen. Auch diesmal ist er mit der Bahn gekommen und vom Bahnhof zum Haus für Viele(s) gelaufen, wo er sein Wahlkreisbüro unterhält. Neben seinem Stamm-Wahlkreis Sächsische Schweiz und Osterzgebirge hat der studierte Lehrer zusätzlich den Kreis Meißen unter seine Fittiche genommen.

Zusammen mit der Vorsitzenden der Linken-Fraktion im Kreistag Bärbel Heym sowie Linken-Stadt- und Kreisrätin Uta Knebel aus Riesa zieht er bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Mandeltorte Bilanz und blickt in die Zukunft. Dafür gibt es einen triftigen Grund. Der Gohrischer möchte im Spätsommer erneut für seine Partei in den Bundestag einziehen. Beim demnächst anstehenden Wahlparteitag tritt er zusammen mit einem weiteren Kandidaten an.

Kann er sich durchsetzen, würde Hahn anschließend mit Corinna Franke-Wöller (CDU) auf die Frau von Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) treffen. Für die AfD tritt in Pirna Kreisrat Steffen Janich an. Ex-CDU-Mann Klaus Brähmig erwägt, als freier Bewerber sein Glück zu versuchen. Unabhängig vom Ausgang der Direktwahl dürfte der stellvertretende Vorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag allerdings auch über einen vorderen Platz auf der sächsischen Landesliste abgesichert sein.

Sportvereinen droht Überalterung

Was treibt Hahn an, nach 19 Jahren als sächsischer Landtagsabgeordneter und fast acht Jahren als Bundestagsabgeordneter, erneut ein Mandat in Deutschlands höchstem Parlament anzustreben? Kehrt nach einer so langen Zeit als Berufspolitiker nicht eine gewisse Müdigkeit ein?

Wer den aktiven Hobby-Fußballer an der langen Tafel im Haus für Viele(s) an diesem Mittag reden hört, wird schnell eines Besseren belehrt. Es sind vor allem die aktuellen Themen, bei denen der 57-Jährige schnell zu Bestform aufläuft. Die Folgen der Corona-Krise für Kinder und Jugendliche treiben ihn um. Schon vor der Pandemie hatte die Zahl der Nichtschwimmer beängstigend zugenommen. Seit Monaten sind jetzt die Schwimmhallen geschlossen, kann kein Schwimmunterricht stattfinden. Wie lässt sich dieses Defizit beheben? Auf solche Fragen will er Antworten finden.

Auf die Sportvereine kämen ebenfalls große Probleme zu, so der Parlamentarier. Wie viele der Mitglieder, welche mittlerweile gekündigt haben, werden zurückkehren? Es fehlen Neueintritte. Die Überalterung werde zunehmen. Und mit der Freigabe des Profisports habe die Politik viele Sympathien verspielt und Vertrauen verloren. Auf diesem Gebiet möchte der Spitzenmann der Linken gern Terrain zurückerobern.

Kritik grundsätzlicher Natur kommt von ihm in Bezug auf die Art und Weise, wie auf höchster politischer Ebene mit der Corona-Pandemie umgegangen wird. Beschlüsse, die weitreichend in Grundrechte eingreifen, könnten nicht von einer Runde der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder durchgewunken werden. Eine solche Institution sei in der Verfassung gar nicht vorgesehen, schimpft Hahn. Gegen Willkürakte in dieser Form werde sich die Linke im Reichstagsgebäude zur Wehr setzen.

Peripherie mit S-Bahn besser an Dresden anbinden

Die Zeit ist mittlerweile fortgeschritten. 13 Uhr steht ein erstes Treffen mit dem neuen Meißner Landrat Ralf Hänsel (parteilos) an. Auf die hohe Politik folgen die Mühen der Ebene. Eine letzte Frage noch: Wofür möchte sich ein Bundestagsabgeordneter André Hahn künftig vor Ort in Riesa, Großenhain und Radebeul engagieren?

Die Riesaer Kommunalpolitikerin Uta Knebel hätte da schon eine Idee und springt ein. Sie verweist auf das große Stadt-Land-Gefälle im Landkreis. Während das urbane Gebiet im erweiterten Speckgürtel von Dresden vom Boom der Landeshauptstadt profitiert und Zuzüge generiert, schrumpfen Gemeinden und Städte weiter außerhalb immer weiter. Riesa fällt unter die magische Grenze von 30.000 Einwohnern. Dagegen gibt es in der Stadt bezahlbare und gute Schulen mit ausreichend freien Plätzen. Ein dichter S-Bahn-Takt von Dresden in die Peripherie, das könnte ihrer Ansicht nach helfen, die Wohnungsnot der "Kleinen Leute" zu lindern. Vielleicht kann ein Gespräch mit dem Bahnchef helfen?