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Görlitzer Bauherren im Glück

Nach sehr fetten Jahren gab es 2022 kaum noch Fördermittel für private Bauherren. Jetzt ist wieder mehr Geld da. Fünf Hausbesitzer profitieren davon.

Von Ingo Kramer
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Klaudia Szeremeta hat schon mehrere Häuser in Görlitz saniert. Als Nächstes kümmert sie sich um die James-von-Moltke-Straße 9.
Klaudia Szeremeta hat schon mehrere Häuser in Görlitz saniert. Als Nächstes kümmert sie sich um die James-von-Moltke-Straße 9. © Martin Schneider

Klaudia Szeremeta hat doppelt Grund zur Freude: Zusammen mit ihrem Mann Slawomir Szeremeta hat die aus dem polnischen Boleslawiec stammende Görlitzer Architektin das Haus James-von-Moltke-Straße 9 gekauft, die alte Goethe-Apotheke, deren Fassade noch bis vor kurzem völlig mit Bäumen und Sträuchern zugewachsen war. Und: Für die Sanierung der äußeren Hülle – also vor allem Dach, Fassade und Fenster – kann das Ehepaar mit einer Förderung von 111.000 Euro rechnen.

Nachdem die hohen Bäume und Sträucher verschwunden sind, ist das Gebäude der ehemaligen Goethe-Apotheke in der James-von-Moltke-Straße 9 wieder gut zu erkennen. Es soll saniert werden.
Nachdem die hohen Bäume und Sträucher verschwunden sind, ist das Gebäude der ehemaligen Goethe-Apotheke in der James-von-Moltke-Straße 9 wieder gut zu erkennen. Es soll saniert werden. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Das Geld kommt aus dem Förderprogramm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ (WEP) im Aufwertungsgebiet Innenstadt. Die Stadträte im Technischen Ausschuss haben zugestimmt. „Das Geld ist eine sehr wichtige Unterstützung“, sagt Klaudia Szeremeta: „Ohne den Zuschuss wäre die Sanierung eine finanzielle Katastrophe.“ Die Summe verteile sich auf die gesamte äußere Hülle: „Wir bekommen 19 Prozent Zuschuss für jedes Gewerk.“

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Das Ehepaar will denkmalgerecht sanieren. Der Stuck am Gebäude sei zu DDR-Zeiten zum Großteil abgeschlagen worden – genau so, wie es das Landratsamt kürzlich bei seinen Gebäuden Salomonstraße 13 und 14 getan hat. „An unserem Haus will ich den Stuck wieder herstellen“, sagt die Architektin. Auch die Fenster, die derzeit in dem Haus verbaut sind, entsprechen nicht dem Original: „Sie sollen wieder so hergestellt werden, wie sie einmal aussahen.“ Mit den Fördermitteln werde der denkmalpflegerische Mehraufwand unterstützt. Und im Gegensatz zum Landratsamt, weiß die Architektin das Bauerbe zu schätzen.

Die einzige Hürde der Fördermittel: Das Geld muss bis Jahresende verbaut sein. „Aber das schaffen wir“, sagt Klaudia Szeremeta: „Im Mai beginnen die Arbeiten.“

Geld für ein frei stehendes Hinterhaus

Sie ist nicht die Einzige, die Geld aus dem Förderprogramm WEP im Aufwertungsgebiet Innenstadt erhält. Insgesamt fassten die Stadträte im Technischen Ausschuss zuletzt fünf solcher Beschlüsse. Die anderen vier sind das allseitig frei stehende Hinterhaus der Bautzener Straße 46 (130.600 Euro), die Häuser Bahnhofstraße 35 (144.300 Euro), Bahnhofstraße 37 (124.400 Euro) und Landeskronstraße 38 (149.500 Euro). Das letztgenannte Gebäude ist eine Ruine, die einst Loreen Peters gehörte, einer Vertrauten des inhaftierten Immobilienspekulanten Karl-Leo Spettmann. Dieses Haus soll jetzt erst einmal gesichert werden, damit es nicht weiter verfällt. Bei allen anderen Baumaßnahmen handelt es sich um Komplettsanierungen.

Schon seit Jahrzehnten schließt die Stadt Förderverträge mit privaten Dritten. Das Geld kommt zu je einem Drittel von Bund, Land und Kommune. Die Abstimmung zwischen allen Beteiligten ist ein komplizierter Prozess, erklärt Hartmut Wilke, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung: „Das ist über 50 Jahre gewachsen, im Osten über 30 Jahre.“ Görlitz sei in dieser Zeit immer aktiv gewesen. „Es gab mal mehr und mal weniger Geld, das verteilbar war“, sagt Wilke. Auch die Bedingungen für die privaten Eigentümer hätten sich verändert: „Aktuell erhalten sie nur noch ein Viertel der förderfähigen Kosten, zuvor war es ein Drittel – und davor noch mehr.“

Im Durchschnitt knapp 1,7 Millionen Euro pro Jahr

Der Amtsleiter hat die Summen für die vergangenen elf Jahre zusammengetragen. Demnach wurden zwischen 2013 und 2023 pro Jahr im Durchschnitt knapp 1,7 Millionen Euro an private Bauherren überwiesen. Im Detail schwanken die Summen jedoch ganz erheblich. Bis zum Jahr 2020 lagen sie jedes Jahr im Millionenbereich. Höhepunkt war 2019, als fast fünf Millionen Euro ausgereicht wurden. Danach gab es einen dramatischen Einbruch: 2020 gab es nur noch gut eine Million Euro, 2021 nur noch 600.000 Euro. 2022 wurde mit 210.000 Euro ein absoluter Tiefpunkt erreicht. 2023 ging es mit 581.000 Euro endlich wieder nach oben – aber nur, weil vier der fünf oben genannten Häuser noch ins Jahr 2023 fielen. Insofern will Wilke noch nicht von einer Trendwende sprechen: „Solche Beschlüsse wird es künftig nicht regelmäßig im Technischen Ausschuss geben.“ Ihm seien aktuell keine weiteren konkreten Häuser bekannt, für die demnächst Beschlüsse gefasst werden sollen.

Die Gründe seien vielfältig. Von privaten Bauherren würden die Fördermittel derzeit gar nicht so stark nachgefragt – einerseits, weil weniger gebaut wird, andererseits auch, weil sich die Förderbedingungen verschlechtert hätten, Zuschüsse gesunken seien. Doch es liege nicht nur an den Bauherren, sondern auch an den Haushalten von Bund, Land und Stadt – und nicht zuletzt an sich stetig verändernden Fördergebieten. So hat Görlitz die Sanierungsgebiete Altstadt, Nikolaivorstadt und Innenstadt Nord längst abgeschlossen. „Damit war auch die Fördergrundlage weg“, so Wilke. 2020 habe es dann eine Neuaufstellung der Programme mit anderen Namen gegeben. Grundlage seien jetzt nicht mehr Sanierungsgebiete, sondern Erhaltungssatzungsgebiete. „Die haben wir weiterhin auch in der Alt- und Nikolaivorstadt, zudem natürlich in der Innenstadt und einem Teil der Südstadt“, sagt er.

Die Stadt versuche immer, möglichst viel zu nutzen und stets zu schauen, was gerade möglich ist. Das aktuelle Programm WEP als Nachfolger des früheren Programmes Stadtumbau jedenfalls werde vor allem in der Innenstadt angewandt, denn für Alt- und Nikolaivorstadt gebe es noch das Programm LZP, in dem allerdings nicht alle Straßen enthalten seien. Und zusätzlich verweist Wilke auch auf Geld von der EU über das Efre-Programm, von dem vor allem die Innenstadt West profitiert. Grundsätzlich sehe es also gar nicht so schlecht aus für die Bauherren, sodass die finanzielle Talsohle von 2022 offenbar durchschritten ist und Bauherren Chancen auf Geld haben – sofern sie es denn beantragen: „Grundsätzlich sieht es jetzt positiv aus.“