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Gründerzeit mit Balkon und Ausblick: Der Traum vom Wohnen in Görlitz

Magdalena und Wiktor Borowski handeln weltweit mit edler Glaskunst. Jetzt sanieren sie ein Haus im Zentrum von Görlitz ebenso edel. Sie hoffen auf Mieter, die das zu schätzen wissen.

Von Ingo Kramer
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Magdalena Borowski steht in einem Zimmer des Hauses Emmerichstraße 57 in Görlitz. Sie saniert es zusammen mit ihrem Mann Wiktor und der Görlitzer Architektin Klaudia Szeremeta. Einige Ziegelwände bleiben künftig als Hingucker sichtbar.
Magdalena Borowski steht in einem Zimmer des Hauses Emmerichstraße 57 in Görlitz. Sie saniert es zusammen mit ihrem Mann Wiktor und der Görlitzer Architektin Klaudia Szeremeta. Einige Ziegelwände bleiben künftig als Hingucker sichtbar. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Auch wenn sie heute nicht mehr in dem Beruf arbeitet: Eigentlich ist Magdalena Borowski Innenarchitektin. Und als solche ist das Haus Emmerichstraße 57 in der Görlitzer Innenstadt, das sie mit ihrem Mann Wiktor saniert, für die 46-Jährige ein Traum: „Wir verlieben uns immer mehr in das Haus und entdecken viele kleine Details.“ Für sie und ihren Mann sei das Haus ein richtiges Herzensprojekt geworden.

Die beiden historischen Balkone an der Straßenfassade konnten erhalten und restauriert werden.
Die beiden historischen Balkone an der Straßenfassade konnten erhalten und restauriert werden. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Die Devise der Borowskis und ihrer Architektin Klaudia Szeremeta: Altes in den schon immer großen, herrschaftlichen Wohnungen mit Neuem zu einer hochwertigen Mischung verbinden. Die beiden historischen Balkone an der Straßenfassade konnten erhalten und restauriert werden, ebenso viele Türen, Stuck, Malereien, farbige Fenster im Treppenhaus und nicht zuletzt die großzügigen Grundrisse der Räume. Dazu kommen moderne Elemente: Ein Aufzug, der vom Keller bis ins Dachgeschoss fährt, ein barrierefreier Hauseingang, Photovoltaik, Luft-Wärme-Pumpe, Fußbodenheizung, dreifach verglaste Fenster, neue Balkone und Wintergärten, moderne Bäder und große Wohnküchen.

Selbst der an die ehemalige Molkerei grenzende Garten soll mit Beleuchtung, kleinem Teich mit Fontäne, Grillplatz und Pavillon zu etwas besonderem werden – zu einem schönen Aufenthaltsbereich für die Mieter der Wohnungen. Unter dem Garten ist eine Zehn-Liter-Zisterne vergraben, in der Regenwasser aufgefangen wird.

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Jetzt braucht es nur noch Mieter, die all das zu schätzen wissen – und bereit sind, 9,80 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter zu zahlen. Doch die bisherigen Gespräche stimmen Magdalena Borowski positiv: „Die Leute haben kein Problem mit dem Preis, denn sie wissen, dass sie einen Gegenwert bekommen.“ Aus ihrer Sicht sei das ein fairer Preis. Insgesamt entstehen zehn Wohnungen: drei Zweiraum- und sieben Dreiraum-Wohnungen. Die meisten davon messen 75 oder 95 Quadratmeter, aber im Dachgeschoss entstehen auch zwei 105 Quadratmeter große Maisonette-Wohnungen. Die erste Wohnung ist schon vermietet: Eine kleine deutsch-polnische Familie mit Kind, die derzeit noch in Zgorzelec lebt, zieht zum 1. Februar ein. Zu diesem Termin werden auch alle anderen Wohnungen fertig und einzugsbereit sein.

Die präzise nachgezeichneten Deckenmalereien sollen vor der Fertigstellung noch etwas Patina erhalten.
Die präzise nachgezeichneten Deckenmalereien sollen vor der Fertigstellung noch etwas Patina erhalten. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Doch die Borowskis haben auch schon Mietinteressenten abgelehnt, weil sie das Gefühl hatten, dass sie nicht ins Haus passen: „Wir wollen jeden Mieter persönlich kennenlernen, mindestens telefonisch.“ Es soll kein anonymes Haus werden, sondern ein gutes Miteinander. Eine der beiden Maisonette-Wohnungen im Dachgeschoss wollen die Borowskis selbst nutzen – als Ferienwohnung: „Zwei- bis dreimal im Jahr werden wir hier sein“, sagt die Eigentümerin. Eine Erdgeschoss-Wohnung wird eventuell nur temporär vermietet. So bleiben acht Wohnungen zur Dauervermietung.

Wiktor Borowski und seine beiden Brüder sind Eigentümer der seit 1992 bestehenden Glashütte Borowski im polnischen Boleslawiec (Bunzlau). Zudem ist er Geschäftsführer der Glasstudio Borowski GmbH, die sich um den internationalen Vertrieb der hochwertigen Glaskunst kümmert. Auch seine Frau ist in dieser Firma tätig. Die Glaskunst gibt es in den großen Galerien der Welt – und seit anderthalb Jahren auch auf der Görlitzer Neißstraße.

Die Eheleute haben sehr ähnliche polnisch-deutsche Biografien. Magdalena Borowski wurde in Gdansk (Danzig) geboren. Sie kam als Dreijährige mit ihren Eltern nach Deutschland, zunächst nach Trier, dann nach Mainz und schließlich nach Königswinter bei Bonn, wo sie und ihr Mann heute leben und wo auch die Glasstudio Borowski GmbH zu finden ist. Die in Polen gefertigten Waren werden alle nach Königswinter gebracht und von dort in die Welt exportiert. Ihr Mann stammt aus Krosno im Südosten Polens. Der 52-Jährige kam 1982 als Elfjähriger nach Deutschland.

Aus den oberen Etagen hat man einen Blick über die Innenstadt und bis hin zur Altstadt mit der Peterskirche.
Aus den oberen Etagen hat man einen Blick über die Innenstadt und bis hin zur Altstadt mit der Peterskirche. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

„Görlitz gefällt uns schon immer sehr gut, vor allem wegen der vielen sanierten Gebäude, aber auch wegen der Anbindung zum See“, sagt Magdalena Borowski. Sie seien oft als Touristen hier gewesen und hätten sich dabei auch schon das eine oder andere zu sanierende Haus angeschaut – auch wegen der Nähe zur Familie und zu Polen.

Doch erst durch den Kontakt zu Klaudia Szeremeta, die ihnen mehrere Häuser zeigte, haben sie sich schließlich entschlossen, in Görlitz ein Haus zu kaufen und zu sanieren. „Es sollte nahe am Bahnhof und am Stadtzentrum sein, in einer ruhigen Straße und in keinem allzu schlechten Zustand“, erklärt Magdalena Borowski. In der Emmerichstraße habe alles gepasst. Es ist das erste Mehrfamilienhaus, das sie sanieren – nicht nur in Görlitz, sondern generell. Es ist auch eine Altersvorsorge. Vielleicht ziehen sie im Alter sogar ganz nach Görlitz.

Doch warum haben sie sich für Görlitz entschieden und nicht für ein Haus in Polen? „Wir sind schon so viele Jahre in Deutschland, da kennen wir uns mit den Behörden hier besser aus als in Polen“, sagt Magdalena Borowski. Zudem sei Architektin Klaudia Szeremeta hier: „Wir hätten das Ganze mit keinem anderen umsetzen wollen.“ Die 32-Jährige sei sehr verlässlich, kümmere sich um alle Details.

Architektin Klaudia Szeremeta öffnete das Gebäude Emmerichstraße 57 im Juni zum Tag der offenen Sanierungstür. Damals entstand dieses Foto. Mittlerweile sind die Räume fast fertig saniert.
Architektin Klaudia Szeremeta öffnete das Gebäude Emmerichstraße 57 im Juni zum Tag der offenen Sanierungstür. Damals entstand dieses Foto. Mittlerweile sind die Räume fast fertig saniert. © Martin Schneider

Klaudia Szeremeta hatte im Juni mit Baukosten von rund 1,4 Millionen Euro gerechnet. Magdalena Borowski will keine genauen Summen nennen, sagt aber, dass das Budget annähernd gehalten werden konnte. „Die Ausschreibungen und die Verträge mit den Handwerkern haben wir zum Glück schon vor anderthalb Jahren gemacht“, sagt sie: „In dieser Qualität wäre es jetzt mit Sicherheit nicht mehr zu dem Preis zu bekommen.“ Wegen der gestiegenen Preise kann sie auch nicht sagen, ob sie noch ein zweites Haus in Görlitz sanieren würden: „Erst einmal wollen wir das Erste fertigstellen.“ Bei diesem hätten sie nur positive Erfahrungen gemacht. Insofern will sie ein zweites Haus nicht ausschließen: „Wir müssen einfach schauen, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt.“