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Todesgarage auf dem Sonnenstein: Initiative plant Kundgebung

Weiterhin gibt es massive Kritik an den Bauplänen in Pirna-Sonnenstein. Jetzt sollen die Bürger eingebunden werden. Auch eine politische Partei bezieht eindeutig Stellung.

Von Mareike Huisinga
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Die ehemalige Garage der sogenannten grauen Busse auf dem Gelände der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein soll zu Wohnungen umgebaut werden.
Die ehemalige Garage der sogenannten grauen Busse auf dem Gelände der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein soll zu Wohnungen umgebaut werden. © Karl-Ludwig Oberthür

Das Bauprojekt in Pirna-Sonnenstein mit Blick auf die Nazi-Zeit polarisiert weiterhin. Jetzt spricht sich auch die überregionale Initiative "Gegen das Vergessen" gegen eine aus ihrer Sicht weitere Zerstörung der ehemaligen Busgarage der sogenannten Todesbusse aus.

Es handelt sich um eine frühere Scheune, die 1940 zur Garage der berüchtigten grauen Busse umgebaut wurde. Die grauen Busse waren die Todestransporte im Zuge der "Euthanasie-Aktion" der Nationalsozialisten. In der Geheimaktion "T4" wurden behinderte und kranke Menschen in sechs Tötungsanstalten vergast oder auf andere Arten ermordet. Allein in Pirna-Sonnenstein wurden rund 14.000 Menschen umgebracht, so auch mindestens 51 Personen aus der Stadt selbst.

"Moralisch und ethisch ist es nicht nachvollziehbar, dass man dieses Gebäude zu Wohnungen ausbauen möchte. Was jetzt in Pirna stattfindet, ist die verantwortungslose Entsorgung von Zeugnissen der deutschen Geschichte", sagt Lothar Priewe, Gründungsmitglied der Initiative "Gegen das Vergessen", die ihren Sitz in Berlin-Brandenburg hat. Außerdem spricht er von einer Verletzung des Denkmalschutzes.

Petition und Kundgebung

Die Forderung der Initiative ist unmissverständlich. "Wir fordern die Verantwortlichen dringend auf, sofort die jetzt noch erhaltenen baulichen Spuren zu sichern, zu dokumentieren und eine Wiederherstellung des Bauwerks und den Erhalt seiner unmittelbaren Umgebung zu erwirken." Notwendig sei vielmehr eine Nutzungsform, die unter anderem das äußere Erscheinungsbild als Zeugnis der T4-Morde bewahrt und die Torfront zusammenhängend und unverstellt sichtbar und für die Öffentlichkeit zugänglich belässt.

Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat die Initiative bereits eine Online-Petition ins Netz gestellt. Außerdem findet am 23. Februar ein Aktionstag vor Ort in Pirna statt. Gegen 14 Uhr plant die Initiative eine Kundgebung, um mit Bürgern ins Gespräch zu kommen. "Mit dieser wollen wir unseren Unwillen und unser Nichteinverstanden sein der geplanten Umnutzung des Gebäudes und der schon stattgefundenen Zerstörung zum Ausdruck bringen", so Priewe.

Linke hat eindeutige Meinung

Allerdings lehnen nicht nur private Initiativen das Bauprojekt vehement ab. Auch die Partei "Die Linke" hat eine eindeutige Meinung zu dem Thema und bereits eine Anfrage an die sächsische Staatsregierung gestellt. Die Antwort? Aus Sicht der Partei eher enttäuschend. "Die ausweichende Antwort der Staatsregierung zeigt das Grundproblem: Wenn historisch einmalige Gebäude wie dieses Zeugnis nationalsozialistischen Tötungswahns in privater Hand sind, ist der Staat gegen Abriss- oder Umbaupläne nahezu machtlos. Aller Protest von Gedenkinitiativen und sogar der Gedenkstättenstiftung verfängt dann nicht", kritisiert Franz Sodann, kulturpolitischer Sprecher "Die Linke".

Seit 2012 wüssten die Stadt Pirna und der Freistaat Sachsen von den historischen Zusammenhängen. Dennoch habe die Stadt als untere Denkmalschutzbehörde bereitwillig zugestanden, dass für den Umbau zu Wohnraum eben 'Veränderungen auch im Bereich der Gebäudesubstanz' notwendig sind. "Immerhin soll das Dach sein vorheriges Aussehen wiedererhalten. Wie aber 'die Toreinfahrten der ehemaligen Busgarage auch nach der Umnutzung noch ablesbar sein sollen', ist mir schleierhaft", sagt Sodann. Für ihn persönlich sei die Vorstellung, in einem Teilgebäude der ehemaligen NS-Krankenmordanstalt zu wohnen, unerträglich.

Der Bauherr selber, ein Unternehmen aus der Region Dresden, wollte sich zu dem Thema nicht äußern.