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Mobilitätskompass: Coswig ist sächsischer Spitzenreiter

Radfreundliche Ampelschaltungen, Großstadtanbindung und günstige Parkplätze: Coswiger lieben ihre Stadt und schneiden bei einer Umfrage am besten ab.

Von Martin Skurt
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Die Coswigerinnen und Coswiger fühlen sich von der Großstadt nicht abgeschnitten. Dafür sorgt neben der S-Bahn auch die Straßenbahnlinie vier, die derzeit als Schienenersatzverkehr fährt.
Die Coswigerinnen und Coswiger fühlen sich von der Großstadt nicht abgeschnitten. Dafür sorgt neben der S-Bahn auch die Straßenbahnlinie vier, die derzeit als Schienenersatzverkehr fährt. © Arvid Müller

Coswig. Die Industrie- und Gartenstadt kann sich in der diesjährigen SZ-Umfrage als klarer Sieger behaupten. 101 Befragte küren Coswig als Sieger. Im ganzen Landkreis gab es etwa 1.100 gültige Interviewergebnisse, die seit Ende August abgefragt wurden. Nun liegen die Ergebnisse vor. Coswig bietet laut Mobilitätskompass die besten Bedingungen in Sachsen.

Doch was wurde getestet? Sächsische.de und Sächsische Zeitung stellten Fragen zum Nahverkehr, zur Sicherheit sowie Auto-, Rad- und Fußgängerinfrastruktur. Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten Noten vergeben. Von 1 – volle Zustimmung zur Aussage – bis 5 – überhaupt keine Zustimmung. In der Gesamtnote liegt das Angebot in Coswig mit 2,81 über dem sächsischen Durchschnitt 2,95. Im Landkreis liegt der Wert bei 2,96.

Zu wenige und schmale Radwege

Besonders gut schnitten das Nahverkehrsangebot sowie die Autoinfrastruktur ab. Schlecht wurden hingegen die Sicherheit und die Radinfrastruktur bewertet. Die Ergebnisse sind für die Menschen in der Stadt nicht neu. Sie loben die Nähe zu Dresden, durch eine S-Bahn-Strecke sowie die Straßenbahnlinie vier, bemängeln jedoch die schlechten Zustände der Radwege und die vielen Fahrradschutzstreifen. Darüber hat Sächsische.de schon berichtet.

Trotzdem bewerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer besonders positiv, dass die Ampelschaltungen fahrradfreundlich sind. Dafür gibt es eine Note 2,35 – die beste im Themenkomplex Fahrradinfrastruktur. Ebenso ausreichend werden die Abstellmöglichkeiten für Räder empfunden. Die Infrastruktur für Fahrräder im Allgemeinen sei gut und erhält eine 2,81. Im Vergleich zum Landkreis landet Coswig mit der Note 3,13 auf Platz drei, am schlechtesten wird Radebeul bewertet. Den Coswigerinnen und Coswiger missfällt jedoch, dass es kaum durchgehende Radwege gebe, es zu wenige und diese auch zu schmal seien. Außerdem werden im Winter die Wege nur langsam beräumt.

Sicherere Fußwege in Coswig

Dafür fühlen sich Fußgänger in Coswig offenbar sicher. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bewertete diesen Umstand mit 2,3. Schlechtere Noten gab es für die Barrierefreiheit (2,57) sowie das Freihalten der Wege von Autos, Rädern (2,76) oder E-Rollern (2,53). Letzteres wird sicherlich leicht besser bewertet, da es kaum im Stadtbild vorkommt. Die Menschen fühlen sich aber insgesamt zufrieden mit den Gegebenheiten (1,95).

Diese Aussagen stehen im krassen Gegensatz zum Sicherheitsgefühl. Besonders schlecht mit der Note 3,96, also vier, bewerten die Menschen, dass Autos Radler mit Abstand überholen. Offensichtlich bewegt das viele. Genauso wie, dass Kinder nicht gefahrlos Rad fahren können (3,51), Radfahrer sich an Regeln halten (3,50) und es rücksichtsvolle Elterntaxis vor Schulen oder Kitas gibt (3,76). Etwas besser bewerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das rücksichtsvolle Verhalten im Straßenverkehr (3,30).

© Mobilitätskompass/Mehrwertmacher

Autofahrer empfinden die Bedingungen in Coswig jedoch als gut. Immerhin hat jeder befragte Haushalt mindestens ein Auto, das er fast täglich oder wöchentlich nutzt. So kommt die Note 2,45 zustande. Besonders positiv bewerten die Teilnehmer die Infrastruktur für Autos im Allgemeinen (1,81). Das günstige Parken (2,42), seltene Staus (2,61) und autofreundliche Verkehrsplaner (2,52) honorieren die Menschen. Allerdings glauben einige, dass es mehr Parkplätze geben könnte (2,87).

Sauberer und günstiger Nahverkehr

Ähnlich bewerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Nahverkehr in Coswig. Er ist sauber (2,22), sicher (2,06) und Wohngegenden sind mit Bus und Bahn gut erreichbar (1,97). Zudem fährt der ÖPNV für die Menschen in Coswig zu praktikablen Zeiten (2,47). Auch die Nutzbarkeit mit Rollator, Rollstuhl und Kinderwagen, die gute Großstadtanbindung und die Infrastruktur im Allgemeinen können punkten. Pünktlichkeit, Ausfallquote und einfache Fahrradmitnahme wird hingegen als schlechter empfunden.

Die Tarife im Nahverkehr erhalten ebenso schlechte Noten. Niedrige Ticketpreise sind scheinbar nicht vorhanden, denn sie bewerten die Menschen mit einer 4,03, das schlechteste Ergebnis in der Umfrage zu Coswig. Dafür sind die Fahrpläne verständlich (2,20) und die Vielzahl an Bezahlmöglichkeiten wird hervorgehoben (2,48). Kritisch sehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aber den einfachen Online-Ticketkauf (2,76) sowie genügend Ticketautomaten (2,75) und die Informationen zu Fahrplanänderungen (3,04). Viele finden zudem nicht den passenden Tarif (3,33). Drei Viertel der Befragten nutzen zum Beispiel das 49-Euro-Ticket nicht. Sie stört der Abozwang, die kostenpflichtige Fahrradmitnahme und fehlende Übertragbarkeit.

© Mobilitätskompass/Mehrwertmacher

Wie ticken die Coswiger?

Trotzdem wollen zwei von drei Befragten ein besseres Nahverkehrsangebot. Etwa die Hälfte spricht sich für Gratis-ÖPNV aus. Ähnlich viele verlangen von der Verkehrspolitik ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf deutschen Autobahnen. Ein Drittel wünschen sich mehr Straßenfläche für Radwege und mehr autofreie Bereiche in der Stadt. Genauso viele fordern finanzielle Anreize für eine klimafreundliche Mobilität.

Einige Teilnehmer erwähnen in den offenen Fragen die mangelnde Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) aufgrund hoher Preise und unzuverlässiger Angebote. Anderen ist die fehlende Barrierefreiheit ein Hindernis, insbesondere für Personen mit Sehbehinderungen. Des Weiteren wird die Unpünktlichkeit des Nahverkehrs als problematisch empfunden, was die Nutzung erschwert.

  • Mehr als 9.000 Menschen aus Ost- und Mittelsachsen haben für den Mobilitätskompass Einblick in ihr Mobilitätsverhalten gegeben. Der Mobilitätskompass wurde unter wissenschaftlicher Begleitung der Evangelischen Hochschule Dresden und in Kooperation mit der Agentur "Die Mehrwertmacher" entwickelt und ausgewertet, die darauf geachtet haben, dass die Aussagen belastbar sind. Bis Anfang Dezember veröffentlicht Sächsische.de die regionalen und lokalen Ergebnisse. Alle erschienenen Beiträge finden Sie auch auf www.saechsische.de/mobilitaetskompass

Einige Befragte betonen, dass das Auto für sie unverzichtbar ist, da es keine ausreichende Anbindung von Einkaufsmöglichkeiten und Besuchen von Familie in entfernten Orten bietet. Die Meinungen zur Fahrradinfrastruktur sind gemischt. Während einige Fahrradschutzstreifen als unzureichend und gefährlich empfinden, weisen andere auf die gestiegene Gefahr für Radfahrer durch E-Bikes und E-Scooter hin.

  • Die Befragung zum Mobilitätskompass fand online und anonym zwischen dem 26. August und dem 29. September 2023 in Ost- und Mittelsachsen statt.