SZ + Radebeul
Merken

Konflikte zwischen dem Bürgermeister und dem Moritzburger Gemeinderat

Der Rücktritt von Jörg Hänisch ist auch eine Reaktion auf den Streit zwischen dem Moritzburger Bürgermeister und Gemeinderat. Dieser warf Hänisch immer wieder fehlende Kommunikation und Kompromissbereitschaft vor.

Von Lucy Krille
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Moritzburgs scheidender Bürgermeister Jörg Hänisch (parteilos) wurde 2020 mit großer Mehrheit wieder gewählt. Doch zwischen ihm und den Gemeinderäten gab es etliche Kontroversen.
Moritzburgs scheidender Bürgermeister Jörg Hänisch (parteilos) wurde 2020 mit großer Mehrheit wieder gewählt. Doch zwischen ihm und den Gemeinderäten gab es etliche Kontroversen. © Arvid Müller

Moritzburg. Der vorzeitige Rücktritt von Bürgermeister Jörg Hänisch aus dem Rathaus kam für manche Gemeinderäte überraschend, andere hatten es schon befürchtet. Vergangene Woche verkündete Hänisch, dass er zum Ende des Jahres in den Ruhestand gehen will. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion Marcel Vetter macht keinen Hehl daraus, dass er die Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister oft als schwierig empfand. Gibt aber auch zu: "Der Gemeinderat hat auch nicht immer alles richtig gemacht."

Aus der AfD-Fraktion kommen gegenüber Saechsische.de versöhnliche Worte. "Es gibt gewisse Kontroversen. Aber gewünscht hat sich das keiner", sagt André Hettmann, der denkt, dass das seine Fraktionskollegen ähnlich sehen.

Peter Christen, Vorsitzender der Fraktion SPD/Die Linke war schon länger erstaunt "über die Belastbarkeit" des Bürgermeisters. Immer wieder hätten sich destruktive Ansätze im Gemeinderat durchgesetzt. Der Rücktritt scheint die logische Folge zu sein. Er erlebte Hänisch gegenüber seiner Fraktion als einen offenen und kooperativen Bürgermeister.

Gemeinderäte werfen Hänisch vor, Parteipolitik zu betreiben

Das sehen manche Gemeinderäte anders, auch aus dem eigenen Lager. Klaus Schiffner, noch Mitglied der SPD-Fraktion im Gemeinderat, hatte gar Angst davor, wie sich die restliche Amtszeit des Bürgermeisters gestalten sollte. Er sah Konflikte, die nicht mehr zu überbrücken gewesen seien. Die Verantwortung dafür sieht er auch bei Hänisch. "Man muss auch eine gegenteilige Meinung aushalten können", sagt Schiffner.

Diese Kompromissbereitschaft fehlte ihm oft. Schiffner hatte deshalb schon vergangenen Herbst entschieden, bei den diesjährigen Wahlen nicht mehr für die "Bürgermeister-Partei" anzutreten. Denn, dass Hänisch der SPD/Linken-Fraktion nah stand, war kein Geheimnis.

Bei seiner ersten Wahl 2013 wurde er über die SPD aufgestellt. Zur Wiederwahl trat er als unabhängiger Kandidat an. Dennoch hat die Gemeinde dieses Links-Rechts-Problem, wie Gerald Bibas (Wählervereinigung Pro Steinbach) es nennt, nie abgelegt. Angesprochen auf den Vorwurf, zu parteiisch zu sein, bestätigt Hänisch, eher links verortet zu sein. So habe er beispielsweise während der Flüchtlingskrise einen klaren Standpunkt vertreten. "Ich bin der Meinung, ein Dorf muss wissen, wie sein Bürgermeister tickt", sagt Hänisch im Nachhinein.

Moritzburger Amtsblatt: ein ewiges Streitthema

Doch viele Gemeinderäte sehen Parteipolitik in einer so kleinen Gemeinde wie Moritzburg fehl am Platz. Zugespitzt hat sich dieser Konflikt im Moritzburger Amtsblatt. Das wird von der Gemeinde herausgegeben und von einer Redaktion mit zum Teil ehrenamtlichen Mitarbeitenden gefüllt. Schon seit Jahren versucht die CDU-Fraktion ein Redaktionsstatut einzuführen.

Die Räte, allen voran Gerald Bibas, werfen dem Bürgermeister vor, den amtlichen Teil für seine Meinungsäußerung zu missbrauchen. Zudem sei der nicht-amtliche Teil zu stark vom Bürgermeister kontrolliert. Hänisch habe Artikel zurückgehalten und Beiträge von Fraktionen einem Faktencheck unterzogen, so der Vorwurf.

Der Bürgermeister betont immer wieder, dass das Amtsblatt keine Zeitung sei. Meinungsäußerungen und Berichte müssten deshalb begrenzt werden, auch, weil der nicht-amtliche Teil seitenmäßig dem amtlichen untergeordnet ist. Zudem verweist er auf das Rechts- und Kommunalamt, das Teile des von der CDU gewollten Redaktionsstatuts als rechtswidrig ansah.

Misstrauen auf der einen Seite, wenig Kommunikation auf der anderen

Auch wenn es zu diesem Thema irgendwann einen rechtmäßig einwandfreien Beschluss geben sollte, so ist das Verhältnis zwischen Hänisch und dem Gemeinderat zerrüttet. Der Bürgermeister beklagt ein großes Misstrauen der Gemeinderäte gegenüber ihm, aber auch der gesamten Verwaltung. Die Räte berufen sich auf die angespannte finanzielle Situation, durch die man jede Ausgabe und den Haushaltsplan genau prüfen müsse.

Gleichzeitig werfen sie Hänisch mangelnde Kommunikation vor. Nachfragen würden beispielsweise oft nur schriftlich und spät beantwortet. Dabei sei es normal, dass sie als Ehrenamtler Fragen zu bestimmten Vorgängen haben, weil sie nicht so im Stoff stehen wie die Verwaltungsexperten. "Er redet nicht mit uns", beklagt etwa der Fraktionsvorsitzende Marcel Vetter. Sein Kollege Peter Christen teilt diesen Vorwurf nicht. Als Gemeinderat müsse man bei Fragen im Vorfeld aktiv werden und nicht erst zur Sitzung.

Frank Schreier von der Fraktion Freie Wähler Moritzburg will weniger über alte Konflikte sprechen, sondern blickt in die Zukunft. Da gelte es, einen Nachfolger zu finden, "der die Geschicke gut oder besser in die Hand nimmt". Am wichtigsten sei es, in Zukunft immer zügig einen Haushalt auf die Beine zu stellen, damit die Gemeinde handlungsfähig ist. Der Haushalt ist einer der Punkte, über den sich Bürgermeister und Gemeinderäte erst nach zähen Sitzungen einigen konnten.