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Was Pirnas neuer OB vorhat – und was nicht

Zu den Schwerpunkten seiner künftigen Arbeit hält sich Pirnas neuer Oberbürgermeister Tim Lochner (für die AfD) weiter bedeckt. Nur wenige Punkte hat er bisher umrissen. Ein Überblick.

Von Thomas Möckel
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Pirnas OB Tim Lochner (für die AfD): "Ich werde für mich keinen Dienstwagen anschaffen."
Pirnas OB Tim Lochner (für die AfD): "Ich werde für mich keinen Dienstwagen anschaffen." © Daniel Förster

Tim Lochner (für die AfD) ist am 17. Dezember 2023 im zweiten Wahlgang zum neuen Pirnaer Oberbürgermeister gewählt worden, am 26. Februar 2024 – vier Tage später als der fristgemäße Wechsel – hat er sein Amt angetreten. Bereits am Wahltag und in den Wochen danach deutete er erste Amtshandlungen an, die er nach seinem Amtsantritt vollziehen wolle. Allerdings wechselten sie von Termin zu Termin. Mehr offenbarte er zunächst nicht.

Zu Schwerpunkten und Zielen seiner künftigen Arbeit hielt sich Lochner auch in seiner ersten Pressekonferenz als OB am ersten Amtstag bedeckt. Er habe zwar einen Plan für die ersten 100 Tage und darüber hinaus, sagt er, den erfahre aber nicht die Presse - und damit die Öffentlichkeit - zuerst. Gleichwohl äußerte er sich oft vage und kurz zu etlichen Fragen der Reporter, auch zu Punkten, die er im Vorfeld selbst schon thematisiert hatte. Sächsische.de gibt dazu einen Überblick.

Rathaus-Mitarbeiter auf Loyalität prüfen

Noch am Wahltag kündigte Lochner in einem Interview mit dem Mitteldeutschen Rundfunk an, er werde versuchen, die Mitarbeiter im Rathaus möglichst einzeln kennenzulernen – und auf Loyalität prüfen. Später erklärte er, er habe das nicht als Gesinnungsprüfung der Beschäftigten gemeint. Auf Nachfrage von Journalisten sagte Lochner am Montag, wie diese Prüfung vonstattengehen soll, habe er bislang offengelassen. Jeder Mitarbeiter sei der Loyalität verpflichtet, zur Loyalität gegenüber dem Dienstherrn. So wolle er seine Aussage verstanden wissen, er habe damit in erster Linie um Loyalität werben wollen. Juristisch gesehen ist die Loyalität ("Treuepflicht") eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag und besagt, dass ein Arbeitnehmer die Interessen des Arbeitgebers wahren muss. All das spielt aber in einem Unternehmen oder eben im Rathaus erst eine Rolle, wenn es eine vermeintliche Pflichtverletzung gibt.

Lochner sagt, er habe aber keine Zweifel daran, dass es diese Loyalität gibt. Zu der Frage nach möglichen Konsequenzen, sollte sich ein Mitarbeiter als illoyal erweisen, sagte er, das werde man dann sehen, wenn so etwas festgestellt werde. Er sei sich aber sicher, dass man letztlich über dieses Thema gar nicht reden müsse.

Dienstwagen für den OB oder nicht?

Ebenfalls in dem Interview mit dem MDR am Wahltag sagte Lochner, er wolle als erste Amtshandlung als neuer OB den Dienstwagen abschaffen und stattdessen mit dem Privatauto fahren. Allerdings fuhr Lochners Vorgänger Klaus-Peter Hanke (parteilos) schon lange keinen Dienstwagen mehr, den hatte er im Sommer 2021 an den Beigeordneten Markus Dreßler (CDU) übergeben, seither fuhr Hanke mit seinem Privat-Pkw. Lochner sagt, das Wort „abschaffen“ habe er so nie gesagt, vielmehr stellte er klar, dass er am bisherigen Prozedere nichts ändern und für sich keinen Dienstwagen anschaffen wolle.

Gebührenpflicht für E-Mobil-Parkplätze

Nach der Wahl kündigte Lochner auch an, er wolle zuerst die kostenlosen Parkplätze für E-Autos in der Stadt abschaffen. Kostenlose Parkplätze für E-Mobile gibt es bislang nur auf dem Altstädter Elbeparkplatz – und neben den öffentlichen E-Ladesäulen, wo die Mobile für die Ladedauer kostenfrei stehen dürfen. Auf Nachfrage erklärt Lochner, seine Aussage bezog sich vor allem auf „kostenlos“.

Er halte es für bedenklich, dass Fahrer von meist hoch subventionierten E-Autos ihre Fahrzeuge auch noch kostenlos abstellen dürften. Er möchte stattdessen für eine Gleichstellung sorgen. „Wer in Pirna parkt, soll dafür Gebühren zahlen“, sagt er. Vor allem die Parklücken an den Ladesäulen würden ja dem öffentlichen Parkraum entzogen und stünden oft leer. Daher wolle er dort auch eine Gebührenpflicht einführen, Pirna wäre seiner Aussage nach nicht die erste Stadt mit einem solchen Modell.

Zuwanderung nach Pirna

Zuwanderung, sagt Lochner, sei generell ein gutes Signal. Er könne sich Pirna auch gut als Stadt mit 45.000 Einwohnern vorstellen. Junge Familien sollten sich in Pirna wohlfühlen, das sehe er auch als eine seiner Aufgaben an. Doch nicht alles heißt er gut. Er wiederholte am Montag noch einmal die nach der Wahl gemachte Aussage, dass er einen Ausländeranteil in gewissen Stadtteilen von 38 Prozent in Kitas und Grundschulen für alarmierend halte und dass das für ihn schon ein Austausch der einheimischen Bevölkerung sei. Sollten daher nur Deutsche nach Pirna ziehen? Nein, sagt Lochner. Jeder sei willkommen, der hier ins Berufsleben einsteige – und nicht ins Sozialregister.

Regenbogenfahne vor dem Rathaus

Lochner betont zwar immer wieder, wie konstruktiv das Gespräch mit dem Pirnaer CSD-Verein zu Wahlzeiten gelaufen sei. In seiner Amtszeit – anders als bei seinem Vorgänger – werde allerdings zum CSD-Tag in Pirna keine Regenbogenfahne vor dem Rathaus hängen, solange ihm die sächsische Verwaltungsvorschrift über die Beflaggung von Dienstgebäuden dieses Vorgehen gestatte.

Zuschüsse für Vereine anders verteilen

Die AfD-Fraktion im Stadtrat hat nicht erst einmal versucht, projektbezogene städtische Zuschüsse für den Verein „Aktion Zivilcourage“ – beispielsweise für das Projekt „Gläserne Stadt“ – zu streichen oder zu kürzen. Lochner will diesen Zuschuss nicht komplett streichen, jedoch kürzen und anders verteilen – unter anderem zugunsten des Heimatspielvereins „Der Retter der Stadt Pirna – Theophilus Jacobäer“. Die Kosten für die Aufführungen hätten sich laut Lochner derart erhöht, dass der Verein nicht weiß, wie er sie decken soll. Die Aktion Zivilcourage hält er finanziell für so gut ausgestattet, dass sie bei dem Projekt auch mit weniger Geld auskomme.

Demos gegen Rechts

Wie er zu den auch in Pirna stattfindenden Demos gegen Rechts und Rechtsextremismus stehe, wollte ein Reporter wissen. Jeder dürfe das hier tun, sagt Lochner, so blicke er auf die Demos. Allerdings könne er sich nicht vorstellen, an einer solchen Demo teilzunehmen.

Kandidatur zur Kommunalwahl im Juni

Mit Amtsantritt hat Lochner – er ist seit 2020 Mitglied der AfD-Fraktion im Pirnaer Stadtrat – sein Stadtratsmandat niedergelegt. Gleichwohl tritt er zur Kommunalwahl am 9. Juni 2024 als Kandidat an, obwohl er ein dann möglicherweise errungenes Mandat als OB nicht annehmen darf. Der sächsische Gesetzgeber lasse laut Lochner ein solches Prozedere zu. „Diese Möglichkeit nutze ich, ich finde das nicht unredlich“, sagt er. Dieses Verhalten ist nicht AfD-typisch. Auch Bürgermeister anderer Parteien – beispielsweise Freitals früherer Rathauschef Klaus Mättig (CDU) – traten wiederholt zu Stadtratswahlen an, um Stimmen für ihre Partei zu ziehen, wohl wissend, dass sie das Mandat nicht annehmen. Dafür gab es sogar interne Kritik - in Mättigs Fall etwa vom damaligen CDU-Landesparteichef Georg Milbradt.