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"Chrupalla verbreitete Lügen über mich"

AfD-Landtagsabgeordnete Silke Grimm sagt, warum sie ihrer Meinung nach nicht wieder für die Wahl im Südkreis Görlitz aufgestellt wurde.

Von Thomas Mielke
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Silke Grimm bei der Arbeit im Landtag.
Silke Grimm bei der Arbeit im Landtag. © Archivfoto: Robert Michael

Es wird keine weitere Amtszeit für die AfD-Landtagsabgeordnete Silke Grimm geben. Die im Südkreis bekannte Unternehmerin aus Zittau, die für Löbau im Landtag sitzt, ist bei der Nominierung auf dem Kreisparteitag am Wochenende nicht wieder aufgestellt worden. Auch auf die Landesliste hat sie es nicht geschafft. Kreisvorsitzender Tino Chrupalla aus Weißwasser hat das ihren Angaben zufolge mit zu wenig gezeigter Aktivität begründet. Frau Grimm sieht das anders, wie sie im SZ-Interview sagt.

Frau Grimm, was haben Sie falsch gemacht, dass Sie weder als Direktkandidat aufgestellt wurden, noch auf die Landesliste gesetzt wurden?

Ich stand auf der Abschussliste von Tino Chrupalla. Trotzdem habe ich versucht, mich wieder für den Wahlkreis 59 - Löbau - aufstellen zu lassen und bin beim Kreisparteitag am 20. Januar in Niesky auch gewählt worden. Meiner Meinung nach war diese Wahl ab den Wiederholungswahlen korrekt. Die Akkreditierungsmängel die zur Wahlwiederholung der Wahlkreise 59 & 60 geführt haben, waren zu diesen Zeitpunkt nachweislich ausgeräumt. Trotzdem ist die Wahl annulliert worden. Bei der erneuten Wahlwiederholung am 23. März bin ich dann nicht mehr gewählt worden. Beim Landesparteitag in Markneukirchen am 8. Februar habe ich für Listenplatz 12 kandidiert. Aber mein eigener Kreisverband hat mich nicht unterstützt und die anderen Kreisverbände wurden im Vorfeld gegen mich mobil gemacht. Hier nutzte Tino Chrupalla seine Macht als Chef im Landessenat. Er verbreitete überall Lügen über mich. So wurde ich nicht gewählt. Aufgrund der Stimmenanzahl war für mich sofort klar, welches Spiel gespielt wurde. Deshalb bin nur einmal angetreten, weil ich es nicht nötig habe, mich durchreichen zu lassen. Offensichtlich war durchgestellt worden, dass ich nicht gewählt werden soll.

Durchgestellt?

Ja, ich behaupte, dass Tino Chrupalla die anderen Kreisverbände instrumentalisiert hat, dass sie mich nicht wählen sollen. Meine Rede - die auf YouTube zu sehen ist - war jedenfalls in Ordnung, was mir im Nachhinein auch viele Mitglieder bestätigten. Aber 4,5 Jahre Landtagsarbeit und gute Sachpolitik reichten nicht aus, um wieder gewählt zu werden und damit die neue Fraktion zu stärken.

Warum sollte ausgerechnet Ihr eigener Kreisvorsitzender Stimmung gegen Sie machen?

Weil er seine Freunde aus dem Nordkreis mit guten Posten versorgen wollte oder diese sogar schon versprochen hatte.

Ist denn der Direktkandidat, der an Ihrer Stelle nominiert wurde, aus dem Norden?

Nein, dafür haben sich die Regionalgruppen aus dem Süden stark gemacht. Herr Kumpf war im Januar in Zittau und ich in Löbau gewählt worden, nachdem die Nordkandidaten gescheitert sind. Unsere komplizierte und mit hohen Hürden, im Januar noch geltende Kreiswahlordnung machte mehrere Wahlgänge und Stichwahlen erforderlich. Aber wir hatten es geschafft zwei Südkandidaten für die Südwahlkreise! Mario Kumpf hat sich nach der Wahlannullierung aber schnell an die Gruppe um Tino Chrupalla angeschlossen.

Was kennzeichnet diese Gruppe?

Sie ist Tino Chrupalla hörig. Was er will, wird gemacht. Ich dagegen habe eine eigene Meinung und spreche offene Worte. Ganz nach dem Motto „Mut zur Wahrheit“. Es ging sogar soweit, dass Mitglieder am 22. März noch von Tino Chrupalla angerufen wurden, dass ich für den Wahlkreis 59 nicht zu wählen sei… und das nennt er dann auch noch demokratischen Wettstreit, welcher angeblich in der AfD so offen und demokratisch stattfindet, wie in kaum einer anderen Partei. Demokratie sieht bei mir anders aus! Auch wurde Christian Siegert drei Tage vor der Wahl noch überzeugt, in Zittau anzutreten. Ihm wurde dafür die volle Unterstützung versprochen, was an der Stimmenanzahl deutlich zu erkennen war. Hoffentlich wird er nicht das nächste Bauernopfer von Tino Chrupalla. Das würde mir leid tun.

Teilen Sie die Beobachtungen, dass sich diese Gruppe dem "Flügel" zugehörig fühlt und den Kreisverband in die entsprechende Richtung führt?

Nein, das kann ich so nicht sagen. Aber sie hat den Kreisverband gespalten. Als Tino Chrupalla vor zwei Jahren Kreisvorsitzender wurde, gab es noch Zusammenhalt. Jetzt, so ist mein Eindruck, ist ihm die Macht zu Kopf gestiegen. Er ist jedenfalls in meiner Wahrnehmung völlig abgehoben, hat die Bürgernähe verloren und geht über Leichen.

Haben Sie denn keine Unterstützung von Ihrer Löbauer Regionalgruppe bei der Nominierung bekommen?

Doch. Wir wollten das andere Wahlverfahren, bei dem nur die in den Regionalgruppen wohnenden Mitglieder, ihren Direktkandidaten wählen dürfen. Da hätte ich etwa 80 Prozent der Stimmen bekommen. Das Gleiche wollte auch die Regionalgruppe Zittau. Aber wir hatten leider nicht die Mehrheit, da am 23. März deutlich weniger Mitglieder von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht haben als im Januar, was ich bei so wichtigen Wahlen schade finde.

Also haben Sie es dem Nordkreis zu verdanken, dass Sie nicht aufgestellt wurden?

Nein, eher Tino Chrupalla und seinen Machenschaften inklusive Lügen, Absprachen und Zettelschiebereien während der Parteitage. Eigentlich hörten wir das bisher nur von den Altparteien. Wir als AfD wollten anders sein, aber was hier für Intrigen an den Tag gelegt wurden, übertrifft alle Erwartungen.

Wie geht es jetzt für Sie persönlich weiter?

Ich mache meine Landtagsarbeit bis zum Ende der Legislatur gewissenhaft zu Ende. Danach widme ich mich wieder stärker meinem Unternehmen. Ich habe auch ohne AfD genug zu tun und stehe immer noch mit beiden Beinen im Berufsleben. Wenn man fast 30 Jahre ein Unternehmen führt, verlernt man das Arbeiten nicht!

Ohne die AfD? Treten Sie aus?

Das steht noch nicht fest. Aber auf keinen Fall gehe ich zu einer anderen Partei, denn mit dem Parteiprogramm der AfD kann ich mich weiterhin voll identifizieren.

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