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Warum die gesenkte Steuer der Gastronomie wenig hilft

Von Hotel bis Bowling - Norbert Hauffe kennt sich als Görlitzer Gastronom aus. Besucher, Touristen fehlen - und das wird noch eine Weile so bleiben, sagt er.

Von Matthias Klaus
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Norbert Hauffe ist der Inhaber der Bowlingbahn im City-Center Görlitz. Den großen Kundenansturm brachte die gesenkte Mehrwertsteuer bisher nicht.
Norbert Hauffe ist der Inhaber der Bowlingbahn im City-Center Görlitz. Den großen Kundenansturm brachte die gesenkte Mehrwertsteuer bisher nicht. © André Schulze

Es ist kurz nach zwei am Nachmittag und es wird laut. Ein Trupp nicht mehr ganz so junger Männer entert die Bowlinganlage im City-Center. Norbert Hauffe, Chef des City Bowling Görlitz, so nennt es sich korrekt, lächelt. Ja, er kennt die Herren. "Sind alles alte Eisenbahner. Sie kommen regelmäßig", erzählt er. Groß mit Gesprächen halten sich die fidelen Bowler nicht auf. Zielstrebig geht es auf die Bahn. "Guck mal, ob wir noch eine Zehner haben", ruft Norbert Hauffe einem Lehrling zu. Jeder bekommt eine personalisierte Kugel, oder einen Ball, wie es bei den Bowlern heißt - Hygienevorschriften in Corona-Zeiten. Auf der Bahn fallen die ersten Kegel, abgerechnet wird zum Schluss. Auch, was der Spaß kostet in Zeiten gesenkter Mehrwertsteuer.

Umstellung ist nicht das Problem

"Von der Sache her ist das mit der Mehrwertsteuer schon eine tolle Geschichte", sagt Norbert Hauffe, ganz der Gastronom. Bei Speisen sinkt die Mehrwertsteuer immerhin von 19 auf fünf Prozent, bei der Bowlingbahn sind es statt 19 nun 16 Prozent. Im Hotel "Zum Firstenstein" in Königshain, dessen Inhaber er und seine Frau Heike sind, sinkt die Mehrwertsteuer bei den Zimmerpreisen von sieben auf fünf Prozent, das Frühstück von 19 auf 16 Prozent. Sieht man in diesem Zahlenwirrwarr eigentlich noch durch? 

Norbert Hauffe winkt ab. "Alles halb so wild", sagt er. Man müsse nur einfach den Mehrwertsteuersatz ändern und die entsprechende Zuordnung. "Für uns war das kein großes Problem", so Norbert Hauffe. Ja, die Kassenumstellung kostet schon, sagt er. Aber sein Steuerberater habe hingegen viel mehr zu tun und er die entsprechenden Kosten.  "Da denkt man erst einmal gar nicht dran, erst, wenn die Abrechnung kommt und da plötzlich vielleicht statt 400 Euro 800 Euro an Kosten stehen", schildert Norbert Hauffe.

Bonuskarte für Bowlingbahn ausgedacht

Das Frühstück im Hotel kostet so viel wie vor der Steuersenkung, auch die Zimmerpreise bleiben gleich. Abgerechnet wird aber mit dem gesenkten Steuersatz. "Dafür stellen wir  Wasser aufs Zimmer und Obst", sagt Norbert Hauffe. Für die Bowlingbahn denkt er an ein Bonussystem: Wer neun Spiele bezahlt hat, bekommt das zehnte umsonst. "Es wird eine entsprechende Karte dazu geben", so Norbert Hauffe.

Seit 45 Jahren ist er im Geschäft. In diesem Jahr war es das erste Mal, dass Norbert Hauffe zwei Monate am Stück coronabedingt frei hatte. Zuletzt hat er sich auch noch eine Woche Urlaub an der Müritz gegönnt. "Wir hatten uns in der Verganenheit ein gutes Polster angelegt, deshalb sind wir relativ gut durch diese Zeit gekommen", sagt Norbert Hauffe. Aber so langsam könnte es doch wieder richtig losgehen mit den Besucherzahlen, dem Umsatz - gerade in Zeiten gesenkter Mehrwertsteuer.

Besucher fehlen immer noch

Im April und Mai war das City Bowling dicht. Stromkosten kamen trotzdem zusammen, 240 Euro. Kühlschränke und, und, und liefen weiter. Nach und nach lief dann alles wieder an: Gastronomie, Billard, Bowling. Im Juni hatte Norbert Hauffe einen Umsatz von 9.000 Euro. "Davon gehen allein 7.000 Euro für die Miete drauf", sagt er. Norbert Hauffe hat zwei Gründe ausgemacht, warum es noch nicht so richtig läuft. Zum einen: "Die Leute haben immer noch viel zu viel Angst rauszugehen." Zum anderen sitze das Geld eben in Zeiten von Kurzarbeit und steigenden Arbeitslosenzahlen nicht so locker. "Im Freizeitbereich ist es echt schwer, regelrecht ätzend", sagt Norbert Hauffe.

Auch im Hotel "Zum Firstenstein" sehe es nicht viel besser aus. Touristen fehlen. "Letztens hatten wir zumindest ein paar Wanderer da. Sie waren auf dem Jakobsweg unterwegs", schildert er.  Bis alles wieder wie in Vor-Corona-Zeiten laufe, dauere es bestimmt noch einen Monat, sagt Norbert Hauffe. Inzwischen ärgert er sich über Preissteigerungen. Fleisch werde teurer, der Bezahlsender Sky, Gema, GEZ. "Wir sind schon so etwas wie die Melkkuh. Viele halten die Taschen auf", so Norbert Hauffe.

Sommer ist keine gute Zeit für Bowling-Center

Die Sommermonate seien schon zu normalen Zeiten keine gute Zeit für das Bowling-Center. Ein Drittel weniger Umsatz, damit rechnet Norbert Hauffe auch ohne Corona. Allein im Restaurant ist die Hälfte der Tische gesperrt. "Jetzt im Sommer funktioniert das schon", sagt Norbert Hauffe. Aber später... Er weiß es nicht, gesenkte Mehrwertsteuer hin oder her.

Einer der bowlenden Ex-Eisenbahner kommt an den Tisch:  "Norbert, auf einer Bahn zeigt es einen Kegel nicht an. Kannste mal was machen? "Norbert" kann. Er schickt einen Lehrling, um das Problem zu beheben: "Er kennt sich mit Technik aus." Norbert Hauffe schmunzelt. Dann zieht es ihn hinter den Tresen - falls doch noch ein Gästeansturm droht.

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