Den Salto nach einem Treffer schlägt er schon, als Miroslav Klose noch in der Jugend der SG Blaubach-Diedelkopf spielt. Das ist sein Markenzeichen, zum Publikumsliebling aber wird Marek Penksa mit einer einmaligen Aktion. Erst schlägt der kleine Slowake nach seinem Kopfballtor gegen Schalke 04 im April 1994 die obligatorische „Penksarolle“, dann setzt er sich in der Nähe der Eckfahne mal eben auf den Ball, um etwas Zeit zu schinden. Die gut 20 000 Zuschauer toben vor Begeisterung.
Der Schiedsrichter zeigt ihm für die Showeinlage die Gelbe Karte, Penksa mimt auf seine Schweijksche Art den Unschuldigen. Trainer Sigfried Held meinte hinterher trocken: „Marek, das macht man nicht gerade in einem Spiel gegen eine so bekannte Mannschaft.“ Dynamo gewinnt dieses vorletzte Heimspiel der legendären Bundesliga-Saison – und überhaupt hat der Mittelfeldspielern mit jedem seiner drei Tore für einen Sieg gesorgt: Gegen Werder Bremen, den VfB Leipzig und eben Schalke gewinnen die Dresdner jeweils mit 1:0.
Insgesamt bestreitet Penksa 26 Spiele und nicht nur die Fans hätten ihn gerne weiter im schwarz-gelben Trikot gesehen. Doch der stets gut gelaunte Lockenkopf ist von Frankfurt nur ausgeliehen, muss nach einem Jahr zur Eintracht zurück. Den Hessen war sein Talent früh aufgefallen. In seinem Geburtsort Velky Krtis in der Slowakei hatte Penksa mit dem Fußball begonnen. Nach seinem Wechsel zu Dukla Banska Bystrica feierte er mit 16 bereits sein Debüt in der ersten Liga der damaligen Tschechoslowakei. Ein Jahr später gewann er mit der CSSR die U16-Europameisterschaft, die 1990 in Thüringen ausgetragen wurde.
Der nur 1,71 Meter große Mittelfeldspieler beeindruckte die vielen Scouts mit seiner Schnelligkeit und technischen Fertigkeit und wurde als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet. Noch vor seinem 18. Geburtstag unterschrieb er in Frankfurt seinen ersten Profivertrag. Das war noch illegal. „Als wir das erste Mal im Westen waren, ist mein Vater mit mir nachts über die Grenze gefahren. Ich lag hinten im Auto und schlief“, erzählt Penksa. „Kurz danach war die Polizei bei uns und suchte nach mir, aber es war nur meine Mutter zu Hause. Wenige Wochen später war die Grenze offen, der Wechsel kein Problem.“
Die Bayern aus dem Pokal geworfen
Die Eltern haben ihren Sohn begleitet, die Familie mietete ein Haus in Bad Vilbel. Der Einstieg bei der Eintracht war für den Burschen allerdings kein Zuckerschlecken. „Ich war schon froh, überhaupt im Bundesligakader zu stehen. Schließlich spielten damals Weltklassekicker wie Manfred Binz, Uwe Bein, Rudi Bommer, Jörn Andersen oder Anthony Yeboah für die Eintracht.“ Immerhin brachte er es schon auf zwölf Erstligaeinsätze, bevor er im Sommer 1993 nach Dresden gehen durfte.
Auf die Frage, welches Spiel ihm besonders in Erinnerung geblieben ist, muss der 45-Jährige auch heute nicht lange überlegen: „Der Pokalsieg im November 1993 gegen die Bayern. Ich schoss das 1:0, Mehmet Scholl glich aus, und Olaf Marschall traf in der 89. Minute zum 2:1.“ Im Stadionmagazin Kreisel erzählt er: „Woran ich mich außerdem erinnere, ist die Feier nach dem Spiel in der Gaststätte im Stadion. Die war top! Es waren einige Fans dabei, und ich habe die meiste Zeit auf dem Tisch getanzt.“
Im Viertelfinale setzte sich Dynamo gegen Bayer Leverkusen im Elfmeterschießen durch, aber gegen Werder Bremen war dann Endstation. „Leider“, meint Penksa – und er malt sich auch Jahre später in Gedanken aus, was beim Finale im Berliner Olympiastadion los gewesen wäre. „Die Leute in Dresden hatten mir erzählt, wie es früher in der DDR war, als die halbe Stadt nach Berlin fuhr, um Dynamo bei den Endspielen im Pokal zu unterstützen. So wäre es garantiert auch 1994 vor 76 000 Zuschauern gewesen, zumal wir gegen Rot-Weiß Essen auch gute Chancen gehabt hätten.“
Mit der Rückkehr nach Frankfurt konnte Penksa unter Trainer Jupp Heynckes international spielen, kam aber in der Bundesliga nur zu elf Einsätzen für die Eintracht. Danach begann seine Europatour mit Stationen in Österreich, Polen und Ungarn. „Mit Rapid Wien habe ich in der Champions League gegen Manchester United und Juventus Turin gespielt, mit Ferencvaros Budapest und Wisla Krakau im Uefa-Cup.“ In Budapest bekam er die inzwischen legendäre „99“ aufs Trikot. „Ich wollte eigentlich die 9, aber die war vergeben. Da habe ich mich für die 99 entschieden. Wir wurden Meister und Pokalsieger und für mich war klar, dass diese Trikotnummer mein Glücksbringer ist.“
Deshalb hat er sich die auch aufs Trikot drucken lassen, als er im Sommer 2007 ein zweites Mal bei Dynamo auftauchte, und zwar zunächst überraschend im Trainingslager im Lutzmannsburg/Österreich. Eine Woche zuvor hatte er beim „Spiel der Legenden“ zum Abschied vom alten Rudolf-Harbig-Stadion einige seiner Kabinettstückchen gezeigt. „Dort sprachen mich Ralf Minge und Thomas Kontek (Sponsor und Aufsichtsrat/d. A.) an, ob ich mir eine Rückkehr vorstellen könnte. Ich bin dann ohne Vertrag mit ins Trainingslager gefahren. Und das passte.“
Auch nach der Rückkehr wichtig
Allerdings wollte Trainer Norbert Meier zuerst sehen, ob der „Turbozwerg“ fit genug ist, dabei zu helfen, das Saisonziel zu erreichen. Das war die Qualifikation für die neue Liga, dafür musste mindestens Platz zehn in der Regionalliga erreicht werden. Eine Sponsoren-Initiative machte Penksas Rückkehr möglich, doch die Freude wich schnell der Ernüchterung. Nach acht Spielen strich ihn Meier aus dem Kader, doch vier Tage später wurde der Coach nach einem 1:2 in Emden gefeuert.
Eduard Geyer übernahm. Beim einstigen Meistertrainer stand Penksa dann fast immer in der Startelf. Und selbst, wenn er von der Bank kam, konnte er etwas bewirken wie am 5. April 2008 im Heimspiel gegen Emden. Bis zur 87. Minute lagen die Dresdner mit 0:1 zurück, bei einer Niederlage hätten sie nur noch einen Punkt Vorsprung auf Platz elf gehabt. Doch die Joker drehen das Spiel, erst trifft Ivo Ulich in der 87. Minute, dann Penksa per Kopf in der 89. „Zum Glück haben wir es mithilfe unserer Fans geschafft. Ihre Unterstützung ist in dieser schwierigen Phase besonders wichtig für uns“, sagte der Siegtorschütze.
Nach seinem zweiten Engagement in Dresden spielte Penksa weiter, mit 41 immerhin noch in der vierten ungarischen Liga und zum Schluss wieder in seinem Geburtsort Velky Krtis. „Nach einem Tor habe ich auch dort noch den Salto gemacht, aber nur bei den Heimspielen.“ Später eröffnete er zwei Fußballschulen und arbeitete als Nachwuchscoach in Banská Bystrica.
Letzter Teil der Serie „Dynamos vergessene Helden“.
Bisher erschienen:
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