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Minge über seine Zukunft: Es darf keine Zweifel geben

Dynamos Sportgeschäftsführer spricht im Trainingslager über die bisherigen Transfers und offene Wünsche. Aber wie geht es für ihn weiter?

Von Daniel Klein
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So groß sind die Fische, die sich Dynamo in der Winterpause geangelt hat? Sportgeschäftsführer Ralf Minge spricht im Trainingslager in Spanien auch über die bislang vier Neuzugänge.
So groß sind die Fische, die sich Dynamo in der Winterpause geangelt hat? Sportgeschäftsführer Ralf Minge spricht im Trainingslager in Spanien auch über die bislang vier Neuzugänge. © Lutz Hentschel

Er kam erst nach Spanien geflogen, als das Trainingslager schon fast vorbei war. Freitagnacht landete Ralf Minge in Andalusien, am Montagnachmittag fliegt die Mannschaft zurück. Das kann man als Zeichen werten, wie beschäftigt Dynamos Sportdirektor in der Heimat mit den Transfers für die restliche Rückrunde war. 

Als er in Mijas eintrifft, hat das Zweitliga-Schlusslicht bereits vier Profis ausgeliehen. Ein fünfter, das verrät der 59-Jährige im Gespräch mit den Journalisten, soll noch kommen. Im Interview spricht er auch über den neuen Konkurrenzkampf und dessen womöglich problematische Folgen sowie seine persönliche Zukunft.

Herr Minge, wie zufrieden sind Sie mit den bisher vier Neuzugängen?

Sehr zufrieden – auch im Wissen, dass eine Transferperiode im Winter nicht unproblematisch ist. Das Feedback vom Trainerteam ist sehr, sehr positiv. Wir sind, Stand heute, gut im Plan.

Alle vier Spieler wurden ausgeliehen, warum wurden sie nicht verpflichtet?

Man muss dabei verschiedene Szenarien abdecken und auch über die Saison hinaus denken. Wir haben uns bei drei Spielern eine Kaufoption gesichert, um die Zusammenarbeit – unter verschiedenen Voraussetzungen – fortzuführen. Wir haben es selber in der Hand, das war uns wichtig.

Das bedeutet jedoch, dass es im Abstiegsfall einen kompletten Umbruch im Kader geben wird.

In das Thema Abstieg wollen wir nicht so sehr abtauchen, sondern vielmehr die Ressourcen, die wir haben, in das Thema Klassenerhalt bündeln. Nach dem Ende der Transferperiode werden wir verschiedene Szenarien durchspielen. Aber wir hätten auch jetzt schon einige Spieler, die im Fall des Worst Case unter Vertrag stünden (zum Beispiel Kevin Ehlers/Anm. d. Red.). Damit würde ich es bei diesem Punkt aber gerne auch belassen.

Sind die Transferaktivitäten mit dem Leihquartett bereits abgeschlossen?

Wir werden uns mit dem Trainerteam noch mal zusammensetzen und alles analysieren. Parallel gucken wir natürlich: Was gibt der Markt noch her? Aber Aktionismus wäre jetzt fehl am Platz.

Sie hatten vor dem Trainingslager gesagt, dass Dynamo einen Abwehrspieler sucht. Der fehlt noch.

Ich hatte von der Defensive gesprochen. (Der tschechische Nationalspieler Josef Husbauer kam fürs Mittelfeld/Anm. d. Red) Das ist in der Tat so, da schauen wir. Aber es muss ganz klar ein Mehrwert für die Mannschaft da sein.

Ist bei dieser Suche Toni Leistner ein Thema, der 2013 von Dynamo aussortiert worden war und inzwischen beim englischen Zweitligisten Queens Park Rangers unter Vertrag steht?

Wenn ich mir das wünschen könnte, wäre Toni Leistner immer ein Thema, gerade auch mit seiner Dresdner Vergangenheit. Aber ich glaube, die Gesamtkonstellation wird es im Moment nicht hergeben, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen.

Hat Dynamo bei ihm angeklopft?

Wir prüfen alles, auch wenn es im ersten Augenblick unrealistisch erscheint. Wir wollen uns nicht den Vorwurf machen müssen, nicht alles versucht zu haben.

Der Dresdner Toni Leistner war bei den Dynamo-Fans beliebt, doch unter Trainer Peter Pacult verlor er die Lust bei seinem Heimatverein. Jetzt spielt er in England.
Der Dresdner Toni Leistner war bei den Dynamo-Fans beliebt, doch unter Trainer Peter Pacult verlor er die Lust bei seinem Heimatverein. Jetzt spielt er in England. © Robert Michael

Wie schwer ist es allgemein, Spieler in dieser Lage für Dynamo zu begeistern?

Wir haben in den vergangenen Wochen unzählige Gespräche geführt. Wenn ein Spieler sagt, er braucht noch eine Woche, um zu überlegen, ist er nicht der Richtige in unserer Situation. Patrick Schmidt und Marco Terrazzino waren Überzeugungstaten, sie haben im Schweinsgalopp gesagt, dass sie herkommen und das mit uns schaffen wollen. Das sind wichtige Signale, die es momentan braucht.

Mit Godsway Donyoh hatte Dynamo bereits im Sommer verhandelt. Warum kam der Wechsel erst jetzt zustande?

Da muss man fairerweise sagen, dass wir damals eine Konstellation hatten, in der wir der Meinung waren, dass wir es mit dem vorhandenen Kader gut geregelt kriegen – und vor allem mit dem Spielsystem.

Wie ist Dynamo auf einen Spieler aus der ersten dänischen Liga aufmerksam geworden?

Vor zwei, drei Jahren haben wir unseren Scoutingbereich ausgeweitet – auf Österreich und die Schweiz wegen der Sprache und auf Skandinavien wegen der Persönlichkeitsstruktur. Deshalb haben wir den Markt dort mehr in den Fokus genommen und sind auf Godsway gestoßen.

Wird der an Hansa Rostock ausgeliehene Osman Atilgan nach Dresden zurückkehren?

Damit werden wir uns nach dem Trainingslager beschäftigen. Er hatte die ersten beiden Spiele für Hansa bestritten, dann eine Leidenzeit mit einer sehr, sehr langwierigen Schambeinentzündung. Jetzt ist er im Aufbautraining und wir überlegen nun, welches Umfeld ihm guttut. Aber er wird uns aufgrund der vergangenen Monate nicht weiterhelfen können, da müssen wir realistisch sein.

Wird sich der Verein bis zum 31. Januar noch von Spielern trennen?

Wir sind nicht gezwungen, Spieler abzugeben. Natürlich sind wir im Austausch mit ihnen und den Beratern. Aber wir werden keine unnötigen Sachen machen, die uns in der Breite schwächen würden. (Moussa Koné hat jedoch die Freigabe mit anderen Vereinen zu verhandeln, zuletzt aber wieder mittrainiert/Anm. d. Red.)

Im Trainingslager waren es zum Schluss 30 Spieler. Sind das nicht zu viele?

Es stimmt, wir sind über die Zielgröße hinaus, die wir uns mal auferlegt hatten. Aber wir haben auch eine spezielle Situation. Das ist in Sachen Konkurrenzkampf sicher sportlich, aber den braucht es auch.

Mal angenommen, es kommen insgesamt fünf Neue, die dann beim ersten Zweitliga-Spiel im neuen Jahr gegen den Karlsruher SC auch alle in der Startelf stehen: Wie groß ist die Gefahr, dass darunter das Klima in der Mannschaft leidet, weil bisherige Stammkräfte plötzlich auf die Bank müssen?

Zunächst einmal: Wir versprechen uns von den Neuen vor allem auch, dass Leistungsträger vergangener Tage wieder ihr Level erreichen. Dass es dann Härtefälle geben wird, ist völlig klar. Aber es ist der falsche Zeitpunkt, um irgendwelche Sensibilitäten oder persönliche Interessen auszuleben. Da werden wir auch ganz genau hinschauen. Wenn Tendenzen sichtbar werden, die die Gesamtatmosphäre stören, werden wir auch dazwischen gehen. Das heißt nicht, dass jeder glücklich sein muss. Dass man unzufrieden ist, wenn man nicht spielt, ist völlig klar. Aber man kann unterschiedlich darauf reagieren: Es als Herausforderung annehmen, sich bemitleiden oder Theater machen. Wenn Letzteres passieren sollte, gehen wir dazwischen.

Wen man auch fragt: Das Duell gegen Karlsruhe wird als Schlüsselspiel bezeichnet. Sehen Sie das ähnlich?

Man muss kein Hellseher zu sein, um beurteilen zu können, was ein Sieg gegen den KSC für Folgen hätte – sowohl atmosphärisch wie auch tabellarisch.

Im Trainingslager stellt sich Dynamos Sportgeschäftsführer Ralf Minge (M.) den Fragen der Medienvertreter, darunter SZ-Sportredakteur Daniel Klein (3. v. l.). 
Im Trainingslager stellt sich Dynamos Sportgeschäftsführer Ralf Minge (M.) den Fragen der Medienvertreter, darunter SZ-Sportredakteur Daniel Klein (3. v. l.).  © Lutz Hentschel

Was macht Sie optimistisch, dass Dynamo die Klasse hält?

In erster Linie die Überzeugung. Die war uns, das muss man ehrlich sagen, zwischenzeitlich ein kleines bisschen verloren gegangen. Deshalb hat uns die Pause gutgetan. Und es tun uns die vier neuen Gesichter gut. Sie sind nicht vorbelastet, hatten mit dem Herbst nichts zu tun. Aber dass es eine riesige Herausforderung wird, darüber müssen wir nicht reden.

Wenn Sie den Zustand der Mannschaft vor Weihnachten mit dem jetzt vergleichen: Hat er sich verändert?

Als ich beim Wiedersehen am 3. Januar in die Gesichter der Spieler geschaut habe, war da eine ganz andere Spannung, ganz andere Mimik zu erkennen. Und die Neuen haben sich gut integriert.

Ist das auch ein Verdienst von Ex-Profi Silvio Schröter, der im Nachwuchs als Sportpsychologe arbeitet? Er kam mit Ihnen nach Spanien. Wird er nun enger an die Zweitliga-Mannschaft rücken?

Nein, er schreibt gerade seine Masterarbeit. Es war lange geplant, dass er hier einige Tage hospitiert. Er war für mich in den vergangenen sechs Monaten oder noch länger ein wichtiger Feedback-Geber, weil er nicht im Mühlenrad steckt, sondern Sachen von außerhalb bewerten kann.

Ein ganz anderes Thema: Der Aufsichtsrat möchte sich im Februar über Ihren am Saisonanende auslaufenden Vertrag als Sportdirektor unterhalten. Mit welchen Vorstellungen werden Sie in die diese Gespräche gehen?

Ich habe auch schon im Dezember mit dem Aufsichtratschef und dessen Stellvertreter gesprochen und die Situation analysiert: Was ist gut – nicht für einzelne Personen, sondern für den Verein? Es gibt in dieser Situation überhaupt keine Tabus.

Aber was sind Ihre Vorstellungen?

Das ist kein Wunschkonzert hier, ich bin nicht das Maß der Dinge. Letztlich läuft es doch auf eine Sache hinaus: Es darf auf beiden Seiten keine Zweifel geben. Sonst wäre es eine schlechte Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Und das gilt es jetzt abzuklopfen.