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Letzter Schliff am Weißeritzknick

Dresdens gefährlichster Fluss ist flutsicher. Was für die Bauleute jetzt noch zu tun bleibt.

Von Peter Hilbert
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Projektleiter Christoph Rauch ist zufrieden, dass der Ausbau des Weißeritzknicks schneller als geplant abgeschlossen werden kann.
Projektleiter Christoph Rauch ist zufrieden, dass der Ausbau des Weißeritzknicks schneller als geplant abgeschlossen werden kann. © Marion Doering

Dresden. Christoph Rauch steht am Geländer der neuen Ufermauer, blickt auf den Weißeritzknick hinab. Gemächlich plätschert das Wasser durch das Flussbett. Als Projektleiter der Landestalsperrenverwaltung (LTV) hatte der 34-Jährige den Ausbau dieses einst besonders gefährlichen Abschnitts und damit der gesamten Weißeritz im Stadtgebiet mit vollendet. „Anderthalb Jahrzehnte wurde der Ausbau geplant und umgesetzt“, sagt der Dresdner Diplom-Ingenieur für Wasserbau. „Und jetzt sind wir fast fertig.“ Das Flussbett war schon im Mai hochwassersicher. Derzeit werden noch einige Restarbeiten ausgeführt.

Die Katastrophe: Weißeritz überschwemmt die Innenstadt

Wie gefährlich die Weißeritz ist, haben Hochwasser wie 1958 oder die Jahrhundertflut 2002 gezeigt, als der Fluss binnen kurzer Zeit zum reißenden Strom wurde. Nicht ohne Grund gilt die auf 8,2 Kilometern durch die Stadt verlaufende Weißeritz als Dresdens gefährlichster Fluss. Das hängt mit ihrem schnellen Abfluss und den kurzen Vorwarnzeiten zusammen. Am 5. und 6. Juli 1958 strömten 230 Kubikmeter je Sekunde gen Mündung. Und das, obwohl die Talsperren nicht übergelaufen waren. So ergossen sich die Wassermassen entlang des historischen Verlaufs in die Friedrichstadt, aber auch in Richtung Cotta und die Wilsdruffer Vorstadt. Dabei handelte es sich um eine Flut, die statistisch gesehen alle 100 Jahre kommt.

Noch viel härter kam es ab dem 12. August 2002. Mit über 400 Kubikmetern je Sekunde schoss damals fast doppelt so viel Wasser wie 1958 die Weißeritz hinab, trat über die Ufer und überschwemmte die Innenstadt. Dabei hatte es sich um ein sogenanntes 500-jährliches Hochwasser gehandelt. Die Weißeritz verursachte damals Schäden von 250 Millionen Euro.

Der Kraftakt: Fast fünf Kilometer in Dresden ausgebaut

Die LTV hat seit 2009 die Weißeritz zwischen Altplauen und der Mündung in die Elbe auf einer Länge von 4,7 Kilometern so ausgebaut, dass sie selbst eine 500-jährliche Flut wie 2002 sicher ableiten kann. Die Stadt beteiligt sich mit rund 14 Millionen Euro an den Gesamtkosten für den flutsicheren Ausbau von etwa 37 Millionen Euro. Denn der Freistaat übernimmt die Kosten nur bis zum Schutzgrad für ein 200-jährliches Hochwasser.

Begonnen hatten die Arbeiten in Altplauen und Löbtau. Ab 2009 wurde die Weißeritz auch von der Mündung an flussaufwärts ausgebaut. Dabei wurde das Flussbett um bis zu 1,5 Meter ausgebaggert und wieder befestigt. Außerdem haben die Wasserbauer kleine Wehrschwellen als Hindernisse für Fische und andere Wassertiere beseitigt sowie Fischtreppen gebaut. So können sie jetzt durchgängig in der Weißeritz schwimmen.

Bereits bei der Juniflut 2013 hatte sich das ausgezahlt. Der Fluss trat damals nicht über die Ufer. Nur an der Mündung gab es einige Schäden.

Ein Blick ins ausgebaut Flussbett am Weißeritzknick. Die höheren Ufermauern und die Mittelwand wurden hier neu gebaut.
Ein Blick ins ausgebaut Flussbett am Weißeritzknick. Die höheren Ufermauern und die Mittelwand wurden hier neu gebaut. © Foto: Rene Meinig

Die Gefahrenstelle: Flussknick wird entschärft

Der einst rechtwinklige Weißeritzknick war besonders gefährlich. Denn dort verlässt die Weißeritz ihr altes Bett in Richtung Cotta. Ende des 19. Jahrhunderts war sie verlegt worden. Bei der Jahrhundertflut 2002 war der reißende Strom dort über die Ufer getreten und hatte sich seinen Weg in die Dresdner Innenstadt gebahnt.

Die Weißeritz wurde am Knick seit 2017 so ausgebaut, dass sie dort nur noch eine leichte Kurve schlägt. So können bei Hochwasser die Fluten in diesem zuvor gefährlichen Bereich besser abfließen. Im Weißeritzknick wurde auch eine 90 Meter lange Mittelwand gebaut. Schwillt der Fluss an und fließen mehr als 100 Kubikmeter je Sekunde, was einem zehnjährlichen Hochwasser entspricht, läuft das Wasser über die Mittelmauer. So kann es sich über eine neu gebaute Flutmulde gut verteilen und besser durch die anschließende Brücke abfließen. Experten der TU Dresden hatten bei einem Modellversuch bereits getestet, dass dies auch bei einer so großen Flut wie 2002 so wäre.

Am 3. Juni 2013 standen die Weißeritzfluten kurz unter der Brücke Löbtauer Straße. Das Flussbett der Weißeritz in Dresden war damals aber schon soweit ausgebaut, dass sie nicht über die Ufer trat.
Am 3. Juni 2013 standen die Weißeritzfluten kurz unter der Brücke Löbtauer Straße. Das Flussbett der Weißeritz in Dresden war damals aber schon soweit ausgebaut, dass sie nicht über die Ufer trat. © Foto: SZ/Peter Hilbert

Die letzten Arbeiten: Grünzug wird wieder hergestellt

Da die Wasserbauer sehr schnell waren, konnte das ausgebaute Flussbett im Mai zwei Jahre vor dem geplanten Abschluss bei einem offiziellen Termin am Weißeritzknick übergeben werden. Da standen schon die feuerverzinkten Geländer auf den neuen Uferwänden. Aufgrund der Coronakrise hatte sich aber der Geländerbau verzögert, erläutert Projektleiter Rauch. „Der Stahl aus anderen EU-Ländern konnte deshalb erst später geliefert werden.“ So konnten die beauftragen Metallbaufirmen die Geländer erst später fertigen und montieren. Doch zur Übergabe waren sie fertig.

Wieder begrünt sind diese Flächen. Im Oktober soll der Rad- und Gehweg am Weißeritzknick wieder freigegeben werden.
Wieder begrünt sind diese Flächen. Im Oktober soll der Rad- und Gehweg am Weißeritzknick wieder freigegeben werden. © Foto: Marion Doering

Der Weißeritz-Grünzug wird seitdem in diesem Abschnitt wiederhergestellt. So sind schon Grünflächen gestaltet und Bäume sowie Büsche gepflanzt worden. Andere Bereiche haben Bauleute neu gepflastert. Aufgestellt wurde zudem eine große Designer-Sitzbank, an der Handwerker beschädigte Holzlatten erneuert und alle anderen geschliffen und frisch lackiert haben.

Noch abgedeckt ist diese instand gesetzte Bank, auf der sich Spaziergänger an der Weißeritz künftig ausruhen können.
Noch abgedeckt ist diese instand gesetzte Bank, auf der sich Spaziergänger an der Weißeritz künftig ausruhen können. © Foto: Marion Doering

In den nächsten Wochen bis Oktober werden noch die letzten Baustellenflächen beräumt und begrünt. In dem Zuge wird auch das letzte Stück des Rad- und Gehwegs des Weißeritz-Grünzugs wieder freigelegt. „Zum Schluss wird noch die Baustelleneinrichtung an der Freiberger Straße beräumt“, sagt der Projektleiter.

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