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Corona-Schulalltag: Maske auf - Bücher raus

Die Görlitzer Melanchthon-Oberschule hat viel Platz. Das ist ihr Vorteil nun, wo wieder mehr Schüler da sind. Kompliziert ist der neue Schulalltag trotzdem.

Von Susanne Sodan
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Seit sechs Wochen zum ersten Mal wieder im Klassenzimmer.
Seit sechs Wochen zum ersten Mal wieder im Klassenzimmer. © Nikolai Schmidt

Sportlehrer Rolf Grünberg kann seine neue Begrüßung für die Schüler bestimmt im Schlaf aufsagen. Er steht am Hintereingang - jetzt der Haupteingang für die Melanchthon-Oberschule in der Görlitzer Südstadt. Statt mit „Sport frei“ begrüßt er jeden der Neuntklässler, die in Abstands-Schlange vor der Tür stehen, mit den neuen Schulregeln, den Schutzmaßnahmen in Kurzform. Die Langversion gibt’s im Klassenzimmer.

Erster Schultag nach sechs Wochen

Seit Mitte März sind die Schulen geschlossen gewesen. Eine erste Öffnung gab es, als die Abschlussklassen der Gymnasien, Ober- und Berufsschulen zurückkehrten. Nächster Schritt nun: Die Grundschulen öffnen für die Viertklässler, die weiterführenden Schulen für die Vorabschlussklassen, in den Oberschulen die Neunten.

Schulleiterin Uta Dietzel wirft einen Blick auf die Warteschlange vor dem neuen Haupteingang. „Bei den Zehnten hatte das sehr gut geklappt“, erzählt sie. „Zwei Tage, dann war jedem bewusst, was anderthalb Meter Abstand sind.“ Hat man die Tür passiert, warten Rolf Grünberg, ein blaues Brett, ein Desinfektionsmittelspender.

Auch mit den neunten Klassen ist nur ein Bruchteil der Schüler vor Ort. Bei den Lehrern ist das anders. Nicht nur wegen des Unterrichts werden sie gebraucht. "Wir haben die Aufsichten verdoppelt", erklärt Schulleiterin Uta Dietzel.
Auch mit den neunten Klassen ist nur ein Bruchteil der Schüler vor Ort. Bei den Lehrern ist das anders. Nicht nur wegen des Unterrichts werden sie gebraucht. "Wir haben die Aufsichten verdoppelt", erklärt Schulleiterin Uta Dietzel. © Nikolai Schmidt

Nach Betreten des Schulhauses die Hände waschen oder desinfizieren - daran hat sich nichts geändert. Auf dem blauen Brett stehen die Regeln. Dazu Listen, welche Gruppe welcher Klassenraum zugewiesen ist. „So haben wir von vornherein weniger Bewegung im Schulhaus“, erklärt Uta Dietzel. Jede Gruppe hat ihren Raum und nur die Lehrer wechseln in den Pausen das Zimmer. Außer bei den Naturwissenschaften, wenn die Schüler in die Fachkabinette müssen. Dann werden auch die Masken getragen. Immer, wenn man in Bewegung ist, also auf den Fluren, während der Pausen im Klassenzimmer oder auf dem Schulhof.

Im Unterricht sollen die Lehrkräfte mit den Schülern entscheiden. „Wir haben ja auch ältere Lehrer, die gar nicht kommen müssten, und die verständlicherweise sagen: Wenn ich jetzt Unterricht mache, dann bitte unter bestmöglichem Schutz.“ Ab 1. Juni können sich Lehrer, die nun wieder im Schulbetrieb sind, freiwillig beim Hausarzt auf eine Corona-Infektion testen lassen, teilte der Freistaat jetzt mit.

Es gibt auch Schüler, die zur Risikogruppe zählen. Ob sie überhaupt kommen darf, will eine Neuntklässlerin, Asthmatikerin, sichergehen. Sie darf, aber sie muss nicht, erklärt Uta Dietzel. „Ich denke, wir konnten relativ sichere Bedingungen schaffen. Aber die Schüler haben auch das Recht, zu sagen, sie möchten weiterhin zu Hause lernen.“ Die Entscheidung liege letztlich bei den Eltern.

Vormittags die Zehnten, Nachmittags die Neunten

Die Zehntklässler sind an diesem Donnerstagmittag schon weg. Soweit möglich, will Uta Dietzel es immer so handhaben, dass nur eine Klassenstufe im Haus ist. Von Montag bis Donnerstag sieht der Plan so aus: Von der ersten bis zur dritten Stunde haben die Zehntklässler Unterricht in den Hauptfächern Deutsch, Englisch, Mathe. Die Klassen sind geteilt. „Jeder Lehrer hält jede Stunde also doppelt.“ Entsprechend hat jede Gruppe einen eigenen Stundenplan. In der vierten und fünften Stunde ist in Kleingruppen Prüfungsvorbereitung. Außerdem konnte jeder Schüler ein weiteres Fach auswählen, in dem er seine Note verbessern möchte, in der sechsten Stunde.

Ab der sechsten haben auch die Neuntklässler für zwei Stunden Unterricht - Prüfungsvorbereitung für den Hauptschulabschluss. Am Freitag dagegen haben sie das volle Programm bis zur siebenten Stunde. Und die Zehntklässler haben frei. Oder besser: Prüfungsvorbereitung zu Hause. So wird es auch kommende Woche laufen. In der darauffolgenden ist es anders: Für die Zehntklässler beginnt dann die letzte Phase vor den Prüfungen und sie werden nur noch zu den Konsultationen vor Ort sein.

"Ich hätte gerne wieder eine tägliche Routine für alle"

In anderen Schulen läuft es unterschiedlich, weiß Uta Dietzel. Zum Beispiel, dass die Neunten und Zehnten jeweils an abwechselnden Tagen Unterricht haben. „Das wollte ich nicht so gerne, ich hätte gerne wieder eine tägliche Routine für alle.“

Ein bisschen fühlt man sich wie bei Ikea. Erstens, weil es nach Umzug aussieht. Alle Bänke und Stühle, die in den genutzten Klassenräumen durch die Abstandsregelungen nicht benötigt werden, sind auf den Gängen gestapelt. Hat die Gruppe ihren Klassenraum verlassen, werden die verbliebenen Arbeitsplätze desinfiziert. Und zweitens: wegen des Klebebandes auf den Fluren, das die Laufwege markiert.

Wie viele Kilometer Klebeband der Hausmeister wohl verlegen musste? Die Melanchthonschule ist groß. Das ist ihr Vorteil jetzt. Der Nachteil: Die Zahl der Toiletten hat nie zur Schülerzahl gepasst.
Wie viele Kilometer Klebeband der Hausmeister wohl verlegen musste? Die Melanchthonschule ist groß. Das ist ihr Vorteil jetzt. Der Nachteil: Die Zahl der Toiletten hat nie zur Schülerzahl gepasst. © Nikolai Schmidt

Im Treppenhaus baumeln Hinweisschilder von den Geländern. „Immer mal eine kleine Erinnerung“, sagt Uta Dietzel. „Was außerhalb der Schule passiert, wenn sich Schüler dann doch in Gruppen treffen, das können wir kaum beeinflussen.“ Aber innerhalb der Schule würden die Regeln bislang gut eingehalten. Ob das klappen würde, war vor allem bei den Toiletten fraglich. Trotz ihrer Größe hat die Schule nur zwei. Eine für Damen, eine für Herren. Im Erdgeschoss. „Die Stadt hatte uns angeboten, weitere Toiletten im Schulhof aufzubauen“, erzählt Uta Dietzel. Ob sie auf das Angebot zurückkommen muss, wenn die jüngeren Schüler wieder in die Schule kommen, weiß sie noch nicht. „Aber mit den Zehntklässlern ging es erstaunlicherweise so. Die sind so diszipliniert bisher.“

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