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Trauerspiel um den Demianiplatz

Autos weg, Alkoholverbot und die Hoffnung aufs Kaufhaus: Es gibt Vorschläge für den Innenstadt-Platz. Aber wenig Konkretes.

Von Susanne Sodan
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In welche Richtung soll es für den Demianiplatz gehen? Vor allem das Thema Verkehr erhitzt die Gemüter.
In welche Richtung soll es für den Demianiplatz gehen? Vor allem das Thema Verkehr erhitzt die Gemüter. ©  Nikolai Schmidt

Wie es dem Demianiplatz ohne dm geht? Eine Frage, die viele Resonanz ausgelöst hat. Nach einem SZ-Beitrag dazu meldeten sich viele Görlitzer zum Beispiel in den sozialen Medien zu Wort. 

Der Platz vor dem Jugendstilkaufhaus hat in den vergangenen Jahren verloren – darüber herrscht Einigkeit. Bei der Frage, woran es liegt, gehen die Meinungen auseinander. Manchmal seien es die kleinen Dinge, „die Hauseigentümern und Verwaltern das Leben in unserer Stadt unerträglich machen“, so Ronny Otto, der am Demianiplatz eine Fahrschule betreibt.

So gebe es für Gewerbetreibende regelmäßig harte Diskussionen mit dem Denkmalschutz, wenn sie Werbung anbringen oder verändern wollen. Eine andere Herausforderung: Parkgenehmigungen für Gewerbemieter, „allein der kurze Stop vor dem Büro hat regelmäßig ein Knöllchen zur Folge“, schreibt Otto. Die Probleme am Demianiplatz sollten die Stadtverwaltung und die EGZ, die unter anderem für Wirtschaftsförderung zuständig ist, auf den Plan rufen, fordert er.

Mit der Schließung von dm am Demianiplatz sind die Schwierigkeiten noch mal extra deutlich geworden. 
Mit der Schließung von dm am Demianiplatz sind die Schwierigkeiten noch mal extra deutlich geworden.  © André Schulze

Erleichterung für Bus und Bahn

In der Tat ergebe die Situation am Demianiplatz derzeit ein düsteres Bild, so Axel Krüger vom Netzwerk Motor Görlitz: „Mehrheitlich leer stehende Geschäftsräume, eine intensive verkehrliche Nutzung, die keine Aufenthaltsqualität bietet und die Aussicht auf umfangreiche Bauarbeiten geben hier weiteren Anlass zur Sorge.“

Die SZ hat alle Stadtratsparteien gefragt, welche Vorschlage sie für den Demianiplatz haben. SPD und CDU antworteten bis Redaktionsschluss nicht. Bei allen anderen scheint das Thema Verkehr groß zu sein: „Der Demianiplatz ist ein Knotenpunkt, wo viele Menschen sich bewegen, umsteigen und kurz verweilen“, so Karsten Günther-Töpert von den Bürgern für Görlitz. „Daraus ergibt sich möglicherweise ein neuer Markt für Einzelhändler.“

Der Demianiplatz ist zwar eine wichtige Haltestelle für Busse und die Straßenbahnen, aber keine leichte: Es ist eng. Bereits Ende der Ferien sollen die Verhältnisse für den ÖPNV entspannter werden, erzählt Axel Krüger: Seit der dm-Markt geschlossen ist, fällt dort auch der Lieferverkehr weg. Das soll genutzt werden, „um einen Flaschenhals des ÖPNV zu entschärfen, indem die Haltestelle des Regionalverkehrs auf Höhe des ehemaligen dm-Marktes verlegt wird“.

Ob das die Situation entlastet, wird beobachtet. Denn spätestens mit den Niederflurstraßenbahnen werden dann ohnehin Umbauten nötig sein. Wichtig sei vor allem die Barrierefreiheit, wofür möglicherweise der Platz großflächig angehoben werden müsste, erklärt Krüger. Bei all dem müssen auch die Sanierungspläne fürs Kaufhaus einbezogen werden.

Weg mit den Autos?

Eine Frage sei auch, inwieweit diese Engstelle vom Autoverkehr entlastet werden kann, „und zukünftig vorrangig dem Lieferverkehr sowie dem ÖPNV gewidmet wird“, so Motor Görlitz. Auch die Linke spricht sich gegen mehr Autoverkehr aus - und für ein „Knotenpunktkonzept“ für den ÖPNV auf dem Demianiplatz, so Linken-Stadtrat Mirko Schultze. Der Platz soll damit nicht nur Umstiegspunkt sein, sondern sich zu einem „modernen Hotspot für Mobilität“ weiterentwickeln, erklärt er.

Dagegen sieht er eine weitere Öffnung des benachbarten Postplatzes für Autos, die Ausweitung von Parkplätzen im City-Center und die Öffnung der oberen Berliner Straße skeptisch. Um die Innenstadt attraktiver zu machen, schlägt er den Bereich vom Bahnhof über Postplatz, Demianiplatz bis zum Untermarkt eher als Fußgängerzone vor.

Für die Innenstadt-Belebung müsse die gesamte Achse vom Bahnhof bis zum Obermarkt und dann weiter bis zur Altstadtbrücke betrachtet werden, sagt auch Grünen-Stadtrat Joachim Schulze. „Demianiplatz und Steinstraße sind die nächsten ‚Baustellen‘“, bis dann in Zukunft auch der Obermarkt angefasst werden soll. Nun habe die Erfahrung aber gezeigt, dass solche Planungs- und Bauprozesse viel Zeit erfordern. „Was passiert in der Zwischenzeit und während einer eventuellen Bauphase?“, fragt Joachim Schulze.

Braucht es einen Citymanager?

„Unter Leitung des OB sollten rasch die verschiedenen Akteure an einen Tisch kommen: die EGZ, der Aktionsring, die GVB, Verkehrs- und Stadtplaner, die Grundbesitzer“, fordert er. Zum einen sei zu klären, was kurzfristig machbar ist, um Leerstand zu vermeiden, zum anderen, welche Potenziale der Demianiplatz für den Innenstadthandel hat und welche Funktionen er überhaupt erfüllen soll, wie für den ÖPNV.

In einem Punkt sind sich Linke und AfD einig: Sie wünschen sich einen Citymanager, „um die Stadt Görlitz insgesamt besser und geschlossen zu vermarkten“, so Sebastian Wippel von der AfD. „Außerdem muss es am Demianiplatz sicher sein und der Kunde muss sich auch wohlfühlen.“ Statt einem Aus für Autos spricht er sich allerdings für ein Alkoholverbot aus.

Zu hohe Mieten?

Gerade bei den kurzfristigen Schritten sprechen mehrere Parteien das Thema Gewerbemieten an. Die würden teils weit über denen benachbarter Straßenzüge liegen. Nun könne man da als Stadtrat oder Verwaltung kaum eingreifen, sagt Sebastian Wippel von der AfD. Dennoch, so Joachim Schulze von den Grünen, „Aufgabe der Immobilieneigentümer wäre es, über den Mietpreis attraktive Angebote für verträgliche Zwischennutzungen zu machen“.

Hoffnung aufs Kaufhaus

Tatsächliche Planungen für den Demianiplatz gibt es noch keine, hatte EGZ-Geschäftsführerin Andrea Behr der SZ gesagt. Und so liegt auch viel Hoffnung auf dem Kaufhaus, „ein wichtiges Projekt, um den Standort Demianiplatz auch wieder für umliegende Einzelhändler interessant zu machen“, so Karsten Günther-Töpert von den Bürgern für Görlitz. Auch die AfD-Fraktion geht davon aus, „dass die Neueröffnung des Kaufhauses dem Flair am Demianiplatz neue Impulse verschaffen wird“, so Sebastian Wippel.

„Mit dem Investor Herrn Stöcker, der sich seiner Verantwortung sehr bewusst ist, wird das auch gelingen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Stadt Görlitz dazu jede Unterstützung gibt.“ Wenn es wiederbelebt wird, dann wird das Kaufhaus den Demianiplatz prägen, sagt Mirko Schultze. „Das ändert aber nichts daran, dass wir den Verkehr davor organisieren müssen.“ Insgesamt, so Schultze, brauche es ein Innenstadtkonzept, das nach modernen Gesichtspunkten geplant ist und nicht auf alte Rezepte setze.

Ronny Otto hofft dagegen auf mehr Unterstützung für Eigentümer, Investoren oder Gewerbemieter, "dann könnte die Aussicht auf Verbesserung kommen".

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