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Hilbert: "Dürfen die AfD nicht größer machen, als sie ist"

In vielen Dresdner Stadtteilen ist vor allem AfD gewählt worden. Wie der OB das einordnet und wer das aus seiner Sicht ändern könnte.

Von Andreas Weller
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Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) erklärt im SZ-Interview, wie er die Ergebnisse der Bundestagswahl für Dresden einordnet.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) erklärt im SZ-Interview, wie er die Ergebnisse der Bundestagswahl für Dresden einordnet. © Archiv/Sven Ellger

Dresden. Nach der Bundestagswahl wird deutschlandweit wieder auf die Bundesländer im Osten der Republik gezeigt. Weil dort viele AfD-Hochburgen liegen, ist auch Dresden im Visier. Denn in der Landeshauptstadt hat die AfD in vielen Stadtteilen die meisten Stimmen geholt, stadtweit liegt sie nur knapp hinter der enorm erstarkten SPD. Im SZ-Interview erklärt Oberbürgermeister Dirk Hilbert, was das Wahlergebnis für Dresden bedeutet.

Die AfD ist fast gleichauf mit der SPD und zweitstärkste Kraft in Dresden, wie bewerten Sie dies?

Zuerst gehört es sich, den Gewinnern zu gratulieren, nämlich Herrn Dr. Reichel und Herrn Rohwer von der CDU. Beide haben das Direktmandat geholt und werden Dresden im Bundestag vertreten. Die SPD hat ein sehr gutes Wahlergebnis bei den Zweitstimmen erzielt und auch Grüne und FDP haben Gewinne zu verzeichnen.

Trotzdem ist die AfD in den allermeisten Stadtteilen die stärkste Kraft geworden. Das muss Sie doch beunruhigen?

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich habe meine Position gegenüber der AfD immer klar und deutlich gemacht. In Teilen der Partei wird rechte Hetze nicht nur toleriert, sondern gefördert. Deshalb war ich auch zuletzt bei der Gegendemonstration, als Björn Höcke aufgetreten ist. Aber wir dürfen die AfD nicht größer machen, als sie ist. Ihre Themen und ihre Kandidaten haben nicht gezündet, der innerparteiliche Streit ist unübersehbar. Intern hat sich die AfD doch viel mehr in Dresden erhofft, als es letztendlich geworden ist.

Haben viele Dresdner kein Problem mit der in Teilen als rechtsextrem eingestuften AfD?

80 Prozent der Dresdnerinnen und Dresdner haben ein Problem damit und deshalb ihr Kreuz an einer anderen Stelle gemacht. Aber, und das ist durchaus beunruhigend, es gibt viele Menschen, die sich anscheinend am besten von der AfD repräsentiert fühlen. Das ist problematisch und muss alle demokratischen Kräfte zum Nachdenken bringen.

Weshalb ist das aus Ihrer Sicht so und weshalb ist das hier möglich?

Die Demokratie ist ein Wettbewerb der besten Ideen und Köpfe. Entsprechend muss man bilanzieren, dass sich rund 20 Prozent der Wähler nicht ausreichend von den großen Parteien von CDU bis Linke repräsentiert gefühlt haben. Die Stärke der AfD ist die Schwäche der anderen Parteien. Das ist im ländlichen Raum ja noch viel ausgeprägter.

Also müssen diese Parteien, allen voran die CDU und die Linke, sich fragen, warum ihr politisches Angebot auf viele Menschen nicht mehr passt. Verschärfend kommt für mich hinzu, dass Themen, die gerade Menschen in Thüringen und Sachsen bewegen, im Bundeswahlkampf kaum eine Rolle spielten. Es ärgert mich, dass jetzt schon wieder mit dem Finger auf diese Menschen und diese Regionen gezeigt wird: „Schaut mal, die stumpfen rechtsnationalen Ossis haben wieder gewählt…“ Das verstärkt nur das Gefühl, nicht gehört und nicht erst genommen zu werden.

Was ist in Dresden anders als in anderen Großstädten?

Auch bei der Bundestagswahl hat sich wieder gezeigt, dass wir stolz darauf sein können, dass die Wahlbeteiligung in Dresden zu den höchsten gehört. Sie ist mit über 80 Prozent höher als in Hamburg oder Leipzig und fast so hoch wie in München. So sah es schon bei der Europawahl aus. In Dresden sehe ich weder Demokratiemüdigkeit noch Politikverdrossenheit. Wir müssen es aber sehr wohl ernst nehmen, dass die AfD hier stark ist.

Die Gründe dafür sind vielschichtig und nicht in einem Satz zu erläutern, ohne wieder auf überflüssige Klischees zurückzugreifen. Ich bleibe dabei: Die anderen Parteien müssen bessere Angebote als die AfD machen. Rein hypothetisch: Würden wir dieses Gespräch führen, wenn die Union Markus Söder aufgestellt hätte?