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So wirbt Sachsen um Milliarden für die Chip-Industrie

Das Europäische Chip-Gesetz soll im Konkurrenzkampf mit Asien und den USA helfen. Dafür arbeiten auch Sachsen-Minister Thomas Schmidt und der Lobby-Verband Silicon Saxony zusammen.

Von Georg Moeritz
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Europas Mikrochip-Hersteller können auf neue Milliarden-Hilfen hoffen. Sachsen setzt sich bei der EU-Kommission für die Interessen der Fabrikanten ein.
Europas Mikrochip-Hersteller können auf neue Milliarden-Hilfen hoffen. Sachsen setzt sich bei der EU-Kommission für die Interessen der Fabrikanten ein. © Archivfoto: SZ/Thomas Lehmann

Dresden. Sachsens Landesregierung setzt sich bei der EU-Kommission für noch höhere Subventionen an die Mikrochipfirmen ein, die in Dresden bereits produzieren. Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt (CDU) sagte am Freitag in Brüssel, "bestehende Halbleiter-Leuchttürme" müssten weiter gestärkt werden. Bei seiner Stellungnahme zum geplanten Europäischen Chip-Gesetz wurde Schmidt von Frank Bösenberg unterstützt, dem Geschäftsführer des Branchenverbands Silicon Saxony in Dresden.

Der sächsische Minister Schmidt ist der zuständige Berichterstatter für das geplante Chip-Gesetz im Europäischen Ausschuss der Regionen - der Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der EU. Dieser Ausschuss wird von der EU-Kommission vor wichtigen Entscheidungen angehört, auch beim Chip-Gesetz. Mit diesem Gesetz (European Chips Act, ECA) will die EU-Kommission im Konkurrenzkampf mit Asien und den USA aufholen und den Marktanteil von Mikrochips aus der EU bis 2030 verdoppeln, auf 20 Prozent.

EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton hatte bei einem Dresden-Besuch im November der Halbleiter-Industrie hohe Subventionen versprochen. Das sächsische Kabinett hat im Mai auf seiner auswärtigen Kabinettssitzung in Brüssel die Bedeutung des European Chips Act für die Entwicklung des Freistaats Sachsen bekräftigt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) äußerte die Sorge, das Förderprojekt könne in Brüssel "verbummelt" werden.

Subventionen nach Plan: Intel investiert verteilt in der EU

Schnell voran geht es mit dem Chip-Gesetz nicht: Minister Schmidt stellte am Freitag seine Stellungnahme in einer Fachkommission des Ausschusses der Regionen vor. Im Oktober soll die Stellungnahme von den Ausschussmitgliedern beschlossen und "anschließend den Organen der EU übermittelt" werden. Innerhalb der EU-Kommission gibt es auch Bedenken gegen die Milliarden-Fördergelder, weil damit der weltweite "Subventionswettlauf" weiter angeheizt wird.

Mit dem Chip-Gesetz will die EU 43 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Geldern mobilisieren, damit neue Mikrochipfabriken gebaut werden und auch wieder "innovative Halbleitertechnologien" in der EU eine Rolle spielen. Vorbild ist ein ähnliches Gesetz in den USA.

Von den Subventionen wird auch der US-Konzern Intel profitieren, der in Magdeburg Mikrochipfabriken bauen will. Intel berücksichtigt dabei die europäischen Bedürfnisse und investiert auch Geld in seine bestehende Fabrik in Irland sowie in Frankreich, Italien, Polen und Spanien. Sachsen macht sich Hoffnung auf den weiteren Ausbau der bestehenden Fabriken in Dresden und auf Zuwachs für die Branche im "Silicon Saxony".

Sachsen-Minister Schmidt: Mehr "frisches Geld" nötig

Minister Schmidt sagte, das Europäische Gesetz sei "die richtige Initiative zum richtigen Zeitpunkt". In seinen Gesprächen mit Wirtschaft, Politik und Forschung sei jedoch die Finanzausstattung des Chip-Gesetzes kritisiert worden. "Klar ist, dass es mehr frisches Geld braucht", sagte Schmidt. Bestehende Förderprogramme dürften nicht dadurch geschwächt werden, dass Geld in das neue Programm umgelenkt werde.

Schmidt schlägt vor, die Förderung auch auf Unternehmen auszuweiten, die neuartige Vorprodukte oder Produktionsanlagen herstellen. Kleine und mittlere Unternehmen müssten Zugang zu neuen Pilotanlagen bekommen. Ein Schlüssel zum Erfolg des Gesetzes ist laut Schmidt die Aus- und Fortbildung von Fachkräften. Allein bei Intel in Magdeburg sollen im ersten Schritt 3.000 Arbeitsplätze in der Produktion von Mikrochips entstehen, bei Erfolg später mehr. Bisher ist die Branche dort nicht vertreten.

Darf die EU strategisch in die Produktion eingreifen?

Kritisch sieht Minister Schmidt in seiner Ausschuss-Stellungnahme den Wunsch der EU-Kommission, notfalls strategisch in die Halbleiterproduktion eingreifen zu können. Mikrochips sind derzeit knapp, außerdem wird ihre Bedeutung wachsen - laut EU-Kommission nicht nur für hoch automatisierte Fahrzeuge und Rechenkapazitäten, sondern auch fürs Militär.

Die EU-Kommission möchte, dass in der EU auch Chips mit sehr feinen Strukturen hergestellt werden, wie sie derzeit vor allem in Asien produziert und eingebaut werden. Aus Dresden kommen beispielsweise Halbleiter für Autos und Elektrowerkzeuge, bei denen es nicht auf äußerste Winzigkeit ankommt. Im Vorstand des Silicon Saxony e. V. sind die Hersteller Globalfoundries und Infineon vertreten, die sich vom Wettrennen um immer kleinere Chipstrukturen bewusst verabschiedet haben.

Minister Schmidt sagte zu den EU-Vorhaben, staatliche Eingriffe in die Produktion könnten nicht funktionieren. Darin seien sich "alle, mit denen ich gesprochen habe, einig". Eine kurzfristige Umstellung der Produktion sei bei Halbleitern kaum oder gar nicht möglich, verursache hohe Kosten und brauche Zeit. Er habe Sorge, mit solchen Plänen Investoren abzuschrecken statt neue zu holen. Neue würden aber gebraucht.