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Innenministerium führt Gespräche mit Telegram

Wie stellt man Kontakt zu den Verantwortlichen des Messengerdienstes Telegram her? Selbst die Bundesregierung stellte das vor Probleme. Bis jetzt.

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Das Bundesinnenministerium hat einen direkten Kontakt zur Konzernspitze des umstrittenen Messengerdienstes Telegram hergestellt.
Das Bundesinnenministerium hat einen direkten Kontakt zur Konzernspitze des umstrittenen Messengerdienstes Telegram hergestellt. © Andy Wong/AP/dpa

Berlin. Einem Medienbericht zufolge hat das Bundesinnenministerium einen direkten Kontakt zur Konzernspitze des umstrittenen Messengerdienstes Telegram hergestellt. Wie ein Ministeriumssprecher dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" sagte, fand am Mittwoch "ein konstruktives Gespräch mit Vertretern aus der Konzernspitze von Telegram per Videokonferenz" statt. Das sei über eine durch Google vermittelte E-Mail-Adresse verabredet und koordiniert worden.

Der Messengerdienst Telegram dient Corona-Leugnern und Verschwörungsideologen als Plattform zur Verbreitung ihrer Inhalte und von Aufrufen zu Demonstrationen. Vermehrt wurden in den vergangenen Monaten Aufrufe zu Gewalt und sogar Mord bekannt. Nach dem deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist die Plattform zwar verpflichtet, diese Inhalte zu löschen. Dies geschieht jedoch nicht. Auch den durch das Gesetz vorgeschriebenen Ansprechpartner hat das in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Unternehmen für Deutschland nicht benannt.

Laut "RedaktionsNetzwerk Deutschland" hat Staatssekretär Markus Richter aus dem Innenministerium mit weiteren Vertretern des Bundesinnen- und des Bundesjustizministeriums das Gespräch mit Telegram geführt. Dabei habe die Konzernspitze ihre größtmögliche Kooperationsbereitschaft mit den deutschen Behörden erklärt, sagte der Ministeriumssprecher. Für den künftigen direkten Austausch über die bekannte Kontaktadresse sei von Telegram ein hochrangiger Ansprechpartner benannt worden.

Auch Innenministerin Nancy Faeser schrieb am Freitag auf Twitter, dass Kontakt zum Messenger-Dienst Telegram hergestellt wurde. "In einem ersten konstruktiven Gespräch zur weiteren Zusammenarbeit haben wir vereinbart, den Austausch fortzusetzen und zu intensivieren", schrieb die SPD-Politikerin. "Dieser Schritt ist ein guter Erfolg, auf dem wir aufbauen werden." Details nannte sie nicht.

Die Justizminister der EU-Staaten beraten am Freitag über Hassrede und Hassverbrechen im Internet. In Deutschland steht vor allem Telegram im Fokus, weil sich über den Dienst teils radikale Gegner der Corona-Politik organisieren. Das Bundeskriminalamt hatte kürzlich angekündigt, Telegram stärker ins Visier zu nehmen. Für die Bundesregierung soll Justizminister Marco Buschmann (FDP) an dem Treffen teilnehmen.

Telegram hat den Ruf, jegliche Inhalte ohne Moderation zuzulassen. Die Größe von Gruppen oder das Weiterleiten von Nachrichten sind so gut wie nicht beschränkt, anders als etwa auf WhatsApp. Das hat vor allem während der Pandemie Akteure angezogen, die auf Plattformen wie Youtube oder Facebook wegen Falschinformationen oder verhetzenden Inhalten gesperrt wurden.

Neben Einzel- und Gruppenchats gibt es auf Telegram auch Kanäle, die meistens öffentlich einsehbar sind. Ähnlich wie bei Twitter-Profilen sendet hier der Kanalbetreiber seine Botschaften an eine beliebig große Zahl von Abonnenten. Die eigenen Richtlinien von Telegram verbieten zwar, in öffentlichen Kanälen zu Gewalt aufzurufen. Zu Sanktionen oder Löschungen kommt es aber nur äußerst selten. Das Unternehmen galt als schwer zu erreichen.

Erst im Dezember letzten Jahres wurde durch einen Medienbericht bekannt, dass die Gruppe "Dresden Offlinevernetzung" in einer öffentlichen Telegram-Chatgruppe den Mord an Michael Kretschmer sowie Angriffe auf Polizisten geplant hatte. Auch ein Vertreter eines Neonazi-Netzwerks aus den USA war Mitglied der Gruppe. (epd/dpa)

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