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Krieg im Nahen Osten: USA erörtern mit Israel Vorgehen in Rafah

Leiche von Deutsch-Israelin Shani Louk im Gazastreifen gefunden, Hilfsgüter erreichen provisorische Anlegestelle im Gazastreifen - unser Newsblog zum Krieg im Nahen Osten.

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Ein Flugzeug wirft über dem südlichen Gazastreifen bei Rafah humanitäre Hilfe mit Lebensmitteln für vertriebene Palästinenser ab.
Ein Flugzeug wirft über dem südlichen Gazastreifen bei Rafah humanitäre Hilfe mit Lebensmitteln für vertriebene Palästinenser ab. © Abed Rahim Khatib/dpa

Angriff auf Israel - das Wichtigste in Kürze:

Hinweis: Berichte über das Kriegsgeschehen im Nahen Osten sowie Angaben von israelischer und palästinensischer Seite lassen sich nur schwer unabhängig prüfen.

Montag, 20. Mai 2024, 7.55 Uhr: Bidens Sicherheitsberater fordert politische Strategie von Israel

Der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden hat die israelische Regierung erneut aufgefordert, ihre Militäreinsätze im Gazastreifen mit einer politischen Strategie zu verknüpfen. Das teilte das Weiße Haus am Sonntag nach Treffen Jake Sullivans mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Präsident Izchak Herzog in Jerusalem mit. Durch diese Strategie müsse eine dauerhafte Niederlage der islamistischen Hamas, die Freilassung aller israelischen Geiseln und eine bessere Zukunft für den Gazastreifen gewährleistet werden können. Zuvor hatte Sullivan in Saudi-Arabien den Kronprinzen und faktischen Herrscher, Mohammed bin Salman, getroffen.

Die USA fordern seit längerem von Israel, eine Strategie für die Verwaltung des umkämpften Küstengebiets vorzulegen. Sie haben auch wiederholt vor einem großangelegten Angriff auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens an der Grenze zu Ägypten gewarnt. Der israelische Regierungschef Netanjahu schrieb nach dem Treffen auf der Plattform X, die Fortsetzung des Kriegs in Gaza, insbesondere das Vorgehen in Rafah, und die Verstärkung der humanitären Bemühungen in dem Küstengebiet seien ausführlich diskutiert worden.

Sullivan schlug laut Weißem Haus darüber hinaus eine Reihe von Maßnahmen vor, um sicherzustellen, dass mehr Hilfsgüter in den abgeriegelten Gazastreifen gelangen. Er habe auch Schritte zur Einrichtung fester Korridore innerhalb des Küstengebiets erörtert, um zu gewährleisten, dass die Hilfsgüter alle Not leidenden Zivilisten in Gaza erreichen könnten.

21.30 Uhr: Hamas-Offizier bei israelischem Luftangriff im Südlibanon getötet

Bei einem israelischen Luftangriff im Südlibanon ist ein Hamas-Offizier in seinem Auto getötet worden. Das gaben die Kassam-Brigaden, der militärische Arm der islamistischen Hamas, am Freitagabend bekannt. Die staatliche libanesische Nachrichtenagentur berichtete, bei dem Angriff seien zudem zwei Menschen verletzt worden. Dabei blieb unklar, ob es sich um Hamas-Kämpfer oder Zivilisten handelte.

Die israelische Armee bestätigte am Abend die gezielte Tötung des Mannes, der nach israelischen Angaben eine Reihe von Angriffen gegen Israel aus dem Libanon gesteuert haben soll.

19.15 Uhr: UN: Werden Hilfslieferungen per Schiff für Gaza koordinieren

Nach der Fertigstellung des neuen schwimmenden Piers an der Küste des Gazastreifens haben sich die Vereinten Nationen bereiterklärt, die Koordination von Hilfslieferungen zu übernehmen. "Nach monatelangen Gesprächen mit allen relevanten Behörden haben die Vereinten Nationen zugestimmt, beim Empfang und bei der Organisation der Auslieferung von Hilfsgütern vom Schwimmdock nach Gaza zu helfen", sagte Sprecher Farhan Haq am Freitag in New York.

Verantwortlich ist dabei das Welternährungsprogramm WFP, das "die Registrierung, die Überwachung der Verladung und des Transfers der Waren" übernehme. Haq betonte dabei die Voraussetzung, dass die Neutralität und Unabhängigkeit humanitärer Einsätze dabei respektiert werden müsse. Hintergrund ist, dass die UN ihre Neutralität in dem Konflikt verletzt sehen, wenn sie bei der Koordination zu eng mit der israelischen Armee zusammenarbeiten, die Sicherheit für den Pier zur Verfügung stellen soll. Auch ersetze die Hilfe via Schiff nicht die humanitären Lieferungen auf dem Landweg, sagte der Sprecher.

Haq beantwortete die Frage, wie Transporte innerhalb des Gazastreifens vom Pier aus geschützt werden sollen, nicht direkt. Es seien aber Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden.

Am Donnerstag hatte das US-Militär den schwimmenden Pier an der Küste verankert, über den nun Lastwagen von Schiffen über den Strand in den Gazastreifen fahren können. Hintergrund ist, dass es im Gazastreifen bislang keinen Hafen gibt, der tief genug für größere Frachtschiffe ist. Nach Pentagon-Angaben sollen über die provisorische Anlegestelle zunächst etwa 90 Lkw-Ladungen pro Tag in den Gazastreifen gelangen. Zu einem späteren Zeitpunkt erwarte man bis zu 150 Lkw-Ladungen täglich.

Geplant ist, dass Frachter Hilfslieferungen von Zypern aus zunächst zu einer schwimmenden Plattform einige Kilometer vor der Küste bringen. Etwas kleinere Schiffe legen dann mit den beladenen Lkw an dem Pier an. Dort werden die Hilfslieferungen von Hilfsorganisationen entgegengenommen und verteilt. Hunderte Tonnen Hilfsgüter stünden auf Schiffen im östlichen Mittelmeer zur Auslieferung bereit, sagte Admiral Brad Cooper vom US-Zentralkommando.

18.20 Uhr: Armee: Leiche von Deutsch-Israelin Shani Louk im Gazastreifen gefunden

Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge im Gazastreifen die Leiche der Deutsch-Israelin Shani Louk gefunden. Das teilte Armeesprecher Daniel Hagari am Freitag mit. Louk war am 7. Oktober beim Terrorangriff der Hamas in den Küstenstreifen verschleppt und später für tot erklärt worden. Zum Zeitpunkt des beispiellosen Angriffs war sie zusammen mit Hunderten anderen jungen Menschen auf dem Supernova-Festival in Südisrael gewesen.

Ricarda Louk zeigt ein Foto ihrer durch die Hamas entführten Tochter Shani Louk.
Ricarda Louk zeigt ein Foto ihrer durch die Hamas entführten Tochter Shani Louk. © dpa

14.34 Uhr: Armee: Israel verstärkt Angriffe im Norden des Gazastreifens

Israels Streitkräfte haben nach eigenen Angaben ihre Angriffe gegen die islamistische Hamas und andere bewaffnete Gruppen im Norden des Gazastreifens verstärkt. Am frühen Freitagmorgen bombardierten Kampfflugzeuge und andere Fluggeräte Waffenlager der Hamas in der Flüchtlingssiedlung Dschabalia, wie die Armee mitteilte. In der Folge seien israelische Truppen ins Zentrum der Siedlung vorgedrungen, wo sie sich Kämpfe mit Hamas-Milizionären geliefert hätten. In den letzten Tagen seien rund 60 Terroristen getötet und von ihnen genutzte Infrastruktur zerstört worden. Ein israelischer Soldat erlitt nach Armeeangaben schwere Verletzungen.

Bewohner des Flüchtlingslagers beschrieben den israelischen Angriff als ungewöhnlich heftig. Er habe sich auch gegen Wohnhäuser und eine mit Flüchtlingen überfüllte Schule gerichtet. Den Darstellungen zufolge, die sich nicht unabhängig überprüfen ließen, würden die Toten auf die Straße geworfen. In dem isolierten Teil des abgeriegelten Küstenstreifens gebe es keine Möglichkeit, die Verletzten in Krankenhäuser zu bringen oder die Toten zu begraben.

Indes setzte das israelische Militär seinen Einsatz in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens fort. Im Osten der Stadt zerstörten die Truppen eine Raketenabschussstellung der Islamisten, wie die Armee mitteilte. Verbündete wie die USA haben Israel wiederholt vor einem großangelegten Angriff auf die Stadt an der Grenze zu Ägypten gewarnt, weil sich dort Hunderttausende palästinensische Binnenflüchtlinge aufhalten. Israel hält aber an seinen Angriffsplänen für Rafah fest. Es will dort nach eigener Darstellung eine der letzten Hochburgen der Hamas zerschlagen.

13.23 Uhr: Israel weist Völkermord-Vorwurf vor UN-Gericht zurück

Israel hat Vorwürfe des Völkermords im Gazastreifen vor dem Internationalen Gerichtshof als haltlos zurückgewiesen und seinen umstrittenen Militäreinsatz in Rafah als Selbstverteidigung gerechtfertigt. Die von Südafrika vorgebrachten Vorwürfe seien eine "Verdrehung der Wirklichkeit", sagte der Rechtsvertreter Israels, Gilad Noam, am Freitag in Den Haag. Südafrika missbrauche das internationale Recht auf "abscheuliche und zynische Weise".

Am Ende der Anhörung wurde eine Rechtsvertreterin Israels durch einen Zwischenruf unterbrochen. "Lügner", rief eine Frau im Gerichtssaal im Friedenspalast. Sie wurde anschließend von Sicherheitsmitarbeitern aus dem Saal geführt.

Südafrika fordert im Rahmen seiner Völkermord-Klage in einem Eilantrag, dass die höchsten UN-Richter den Abzug Israels aus dem Gazastreifen anordnen. Das Gericht müsse den andauernden Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung stoppen. Auch soll Israel Ermittlern, humanitärer Hilfe und Journalisten ungehindert Zugang gewähren. Südafrika sprach von unermesslichem Leid und fast völliger Zerstörung von Städten und Krankenhäusern. Wann das Gericht über den Eilantrag entscheiden wird, steht nicht fest.

Anlass des Eilantrags ist der israelische Militäreinsatz in Rafah. Die Stadt im Süden des Küstenstreifens sei der "letzte Zufluchtsort für etwa 1,5 Millionen Menschen", erklärten die Rechtsvertreter Südafrikas. Ihr Leben sei in Gefahr.

Vor den UN-Richtern sagten die israelischen Vertreter, Rafah sei ein "militärisches Bollwerk der Hamas", die Israel mit Raketen beschieße. Auch halte die Hamas noch immer zahlreiche Geiseln fest. Israel sorge zudem für humanitäre Hilfe und tue alles zum Schutz der Zivilbevölkerung. Auslöser des Kriegs im Gazastreifen war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel beruft sich auf sein Recht zur Selbstverteidigung.

Das Hauptverfahren zum Völkermordvorwurf wird sich über Jahre hinziehen. Aber in zwei Eilentscheidungen hatten die UN-Richter Israel bereits verpflichtet, alles zu tun, um einen Völkermord zu verhindern. Entscheidungen des Gerichts sind bindend. Auch wenn das Gericht keine Mittel hat, die Durchsetzung einer Entscheidung zu erzwingen, kann eine Anordnung den politischen Druck auf Israel erhöhen.