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Festnahme von Krah-Mitarbeiter: Das sind die Reaktionen

Die Bundesgeschäftsstelle der AfD spricht von "sehr beunruhigenden" Meldungen. Auch Bundeskanzler Scholz hat sich nun zu Wort gemeldet.

Von Fabian Deicke & Ulrich Wolf & Tobias Winzer
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Maximilian Krah bei einer Sitzung des Europäischen Parlaments: Der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl  steht unter Druck.
Maximilian Krah bei einer Sitzung des Europäischen Parlaments: Der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl steht unter Druck. © Jean-Francois Badias/AP/dpa

Bundeskanzler Olaf Scholz hält ein konsequentes Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen Spionageaktivitäten in Deutschland für nötig. "Wir können Spionage gegen uns nicht akzeptieren, egal, aus welchem Land sie kommt. Und deshalb muss sie entdeckt und diejenigen, die Verantwortung haben, verhaftet werden und vor Gericht gestellt werden", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Berlin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen Premierminister Rishi Sunak. Scholz sagte: "Der Verdacht, der hier sich gegen Mitarbeiter und Kandidaten der AfD richtet, ist sehr besorgniserregend."

Das Landeskriminalamt Sachsen hatte einen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, festgenommen. Am Mittwoch wurde Haftbefehl erlassen. Dem Mann, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wird nach Angaben der Bundesanwaltschaft Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall zur Last gelegt. Dabei geht es um China.

"Es ist ganz wichtig, dass wir gute Nachrichtendienste haben, gute Staatsanwaltschaften, gute Polizeiarbeit, dass alle eng zusammenarbeiten, dass das auch über Grenzen hinweg geschieht", sagte Scholz zu dem Fall. Dies gelinge gut und das solle Ansporn sein, "mit aller Kraft alles dafür zu tun, dass wir allen auf die Schliche kommen, die in unseren Ländern gegen uns und unsere Sicherheit spionieren".

Kritik kommt auch aus der AfD. Krahs AfD-Kollegin im EU-Parlament, Sylvia Limmer, schrieb zu dem Fall bei X: "Ein Problem war er bereits die letzten 5 Jahre für die Delegation mit seiner abseitigen Haltung zu China, Russland, den USA, Israel, Frauen und vielem mehr." Sie warf den Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla vor, auf Krah bestanden zu haben und maßgeblich die EU-Kandidatenliste bestimmt zu haben. Krah ist Spitzenkandidat der AfD für die anstehende Europawahl.

Der Erste parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, sagte zu der Festnahme am Dienstag vor Journalisten in Berlin: "Wir gucken mal, was für Belege da jetzt wieder sein sollen und dann sehen wir weiter." Bei Vorwürfen sei man in Wahlkampfzeiten inzwischen hart gesotten. "Wir erschrecken uns erstmal nicht und unsere Wähler, große Teile auf jeden Fall, erschrecken sich auch nicht mehr", fügte er hinzu.

Aus der Bundesgeschäftsstelle der AfD hieß es, die Meldungen über die Verhaftung eines Mitarbeiters von Herrn Krah wegen Spionageverdachts seien "sehr beunruhigend". Da der Partei "noch keine weiteren Informationen zu dem Fall vorliegen, müssen wir die weiteren Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten". Die sächsische AfD wollte sich zunächst nicht äußern.

Kretschmer: "Halte das für widerwärtig und charakterlos"

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) äußerte sich: "Wer spioniert, wer sich bestechen lässt, schadet Deutschland und verrät die Menschen und unser Land. Ich halte das für widerwärtig und charakterlos. Und der Umgang mit diesen Leuten richtet die gesamte Partei. Wir sollten alle genau aufpassen, wie das dort ist."

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte, sollte sich der Vorwurf gegen Jian Guo bestätigen, "trifft er das Herz unserer Demokratie". Sollten die Vorwürfe sich bestätigen, rechne er fest mit "harten Konsequenzen" durch die deutsche Justiz, die "angemessene und abschreckende Strafen" verhängen werde, sagte Buschmann. Der Minister betonte: "Zeitenwende betrifft nicht nur die Frage konventioneller Rüstung, sondern Zeitenwende bedeutet auch, dass wir auf dem Gebiet der Spionageabwehr wachsam und entschlossen sein müssen. Und die Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen, dass wir das sind."

Ähnlich meldete sich auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu Wort. Auf X schrieb sie, es wäre ein "Angriff von innen auf die europäische Demokratie", sollte sich der Fall bewahrheiten. Zudem forderte die SPD-Politikerin Aufklärung und schrieb, ohne Krah namentlich zu nennen: "Wer einen solchen Mitarbeiter beschäftigt, trägt dafür Verantwortung."

Der SPD-Europa-Abgeordnete aus Sachsen, Matthias Ecke, erklärte am Mittwoch: "Dass die AfD an Maximilian Krah festhält, ihn lediglich aus der Schusslinie nimmt, reicht nicht aus. Die Kontakte Krahs und seines Mitarbeiters zu chinesischen Geheimdienstlern seien schon im letzten Jahr bekannt gewesen. Die AFD habe sich trotzdem aktiv dazu entschlossen ihn zum Spitzenmann und Aushängeschild ihrer Europawahlkampagne zu machen. "Krah ist eine Gefahr für die nationale Sicherheit Deutschlands und der EU. Die AfD muss dafür sorgen, dass er sein aktuelles Mandat niederlegt und sich ganz zurückzieht."

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge hat die AfD als "Sicherheitsrisiko" bezeichnet. Dröge sprach am Dienstag vor einer Fraktionssitzung in Berlin von einem Vorwurf, "mit dem wir uns in Sicherheit diese Woche politisch beschäftigen müssen". Die AfD sei eine Partei, deren Interessen ausgerichtet seien auf die Interessen von Diktatoren und autokratischen Regimen. Es stünden immer mehr Vorwürfe im Raum, dass enge Verbindungen zwischen der AfD und zum Beispiel Russland oder auch China bestünden. "Damit ist die AfD ein Sicherheitsrisiko für unsere Demokratie."

FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte vor einer Fraktionssitzung mit Blick auf die Spionage-Vorwürfe, diese entlarvten die wahren Absichten der AfD in Deutschland. "Wer jetzt noch die AfD unterstützt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass diese Partei Deutschland und Europa massiven Schaden zufügen will."

Strack-Zimmermann: AfD ist Gefahr für Deutschland

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte nach Bekanntwerden der Festnahme den Rückzug von Krah und dessen Parteikollegen Petr Bystron als Kandidaten für die Europawahl am 9. Juni. Bystron steht im Verdacht, enge Verbindungen nach Russland zu pflegen. Dem "Tagesspiegel" sagte Strack-Zimmermann: "Das sind wirklich schöne 'Patrioten', die permanent Deutschland an China und Russland verkaufen." Die AfD, so das FDP-Vorstandsmitglied, sei eine Gefahr für Deutschland.

Grünen-Chef Omid Nouripour sieht in der AfD eine Gefahr für die nationale Sicherheit. "Es braucht dringend Aufklärung über die undurchsichtigen Beziehungen ihres Spitzenkandidaten Krah zu Vertretern Russlands und Chinas", schrieb er bei X.

Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sprach von chaotischen Zuständen in der AfD: "Erst die Vorwürfe schmieriger Geldzahlungen aus dem Kreml, jetzt mutmaßliche Spionage für China", sagte er der "Rheinischen Post". Die AfD versinke im Chaos von Vorwürfen des Geheimnisverrats und kriminellen Machenschaften.

Die sächsische EU-Abgeordnete Anna Cavazzini von den Grünen teilte mit, man habe es mit "einem handfesten Lobbyskandal" zu tun. Die AfD sei "eine Partei der Diktaturen, die unter Verdacht steht, die Interessen unseres Landes (...) für Geld zu verkaufen und zu verraten".

China weist Berichte zurück

China hat derweil Berichte über eigene Spione in Deutschland als Verleumdung zurückgewiesen. "Die Absicht hinter diesem Hype ist ganz offensichtlich, nämlich China zu verleumden, zu unterdrücken und die Atmosphäre der Zusammenarbeit zwischen China und Europa zu untergraben", sagte ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums am Dienstag.

China habe sich stets an die Prinzipien des gegenseitigen Respekts und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten gehalten. In Deutschland müsse die "Mentalität des Kalten Krieges" überwunden werden. Das Betonen sogenannter Spionagerisiken sollte nicht für politische Operationen gegen China missbraucht werden. (mit dpa)