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Das sind die Ideen der Ziller-Preisträger für Radebeul

Vier Studenten aus Dortmund haben den Moritz-Ziller-Preis 2023 gewonnen. Für die Mitte der Stadt Radebeul haben sie Vorschläge für ein belebtes Zentrum mit verkehrsberuhigten Bereichen.

Von Silvio Kuhnert
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Maximilian Keicher, Jonas Koban und Franz Kurz (v.l.n.r.) haben von Oberbürgermeister Bert Wendsche den Moritz-Ziller-Preis überreicht bekommen.
Maximilian Keicher, Jonas Koban und Franz Kurz (v.l.n.r.) haben von Oberbürgermeister Bert Wendsche den Moritz-Ziller-Preis überreicht bekommen. © Norbert Millauer

Radebeul. Bäume, Rasen, Terrassen und Gastronomie sowie Sportplätze auf der Meißner Straße? Für junge Stadtplaner ist das kein Scherz. Ilia Covila schlägt vor, Radebeuls Hauptverkehrsader mit Holzkonstruktionen zu überspannen. Quasi wie in einem Tunnel rollt darunter der Verkehr, obendrauf entstehen neue Orte als Treffpunkt und für Veranstaltungen.

Das ist eine von 18 Ideen, die beim diesjährigen Wettbewerb zum Moritz-Ziller-Preis eingereicht wurden und aktuell im Technischen Rathaus zu sehen sind. Zum Sieg hat dieser Vorschlag aber nicht gereicht. Der ging an die vier Dortmunder Studenten Maximilian Keicher, Leon Jaskulski, Jonas Koban und Franz Kurz. Aufgabe war bei der fünften Ausgabe des Zillerpreises Zukunftsideen für die Meißner Straße zu entwickeln. Die jungen Männer konnten bei der Fachjury zum einen mit einer sehr detaillierten und überzeugenden Analyse punkten. So haben sie die sehr trennende Wirkung von Radebeuls Hauptverkehrsader erkannt. Zum anderen haben sie für sieben Stellen im Stadtgebiet Beispiele aufgezeigt, wie man dort Verbindungen schaffen kann.

Ein Schwerpunkt nimmt dabei das Gebiet rund um die Landesbühnen Sachsen ein. Als besonders zentral und spannend beschreiben die Preisträger diesen Bereich in ihrer Arbeit. "Diesem Ort von überregionaler kultureller Bedeutung fehlt zurzeit noch das passende Umfeld. Gegenüber den Landesbühnen liegen verschiedene Gebäude mit kirchlicher Nutzung mit teilweise schlechter Bausubstanz. Außerdem befindet sich dort eine größere Brachfläche", schreiben die Vier in ihrer Analyse. Gemeint ist unter anderem die Wiese am Moritz-Garte-Steg, wo einst die Theaterwerkstätten standen.

Vorschläge für ein urbanes Zentrum bei den Landesbühnen

Um die Mitte Radebeuls mehr zu beleben, machen Maximilian Keicher, Leon Jaskulski, Jonas Koban und Franz Kurz folgende Vorschläge: "Dort soll ein neuer Platz entstehen, der vor und nach dem Besuch der Landesbühnen durch sein gastronomisches Angebot zum Verweilen einlädt. Ein Ärztehaus soll für eine höhere Frequentierung des Platzes sorgen. Kreativpavillons auf dem Platz bieten Raum für kulturelle und kreative Nutzungen." Eine Tiefgarage gegenüber dem Theater ersetzen den jetzigen Parkplatz, der entfällt.

"Ein Mobilitätspunkt lädt zur Anreise mit umweltschonenden Verkehrsmitteln ein", fahren sie fort. Die Meißner Straße wollen sie vor dem Stammhaus der Landesbühnen in einen verkehrsberuhigten Bereich verwandeln, damit ein Überqueren einfacher wird. "Durch die Schließung der Schuchstraße und die Verkehrsberuhigung der Paradiesstraße wird der Skulpturenpark mit dem Mühlsteinpark verbunden", ist ein weiterer Vorschlag der Sieger.

Ein Schwerpunktthema lag auf das Umfeld von den Landesbühnen Sachsen. Dieser Bereich habe das Potenzial, das Aushängeschild Radebeuls zu sein, sagen die Preisträger.
Ein Schwerpunktthema lag auf das Umfeld von den Landesbühnen Sachsen. Dieser Bereich habe das Potenzial, das Aushängeschild Radebeuls zu sein, sagen die Preisträger. © Norbert Millauer

Die Preisträger sind zwischen 24 und 27 Jahre alt und kommen aus dem Ruhrgebiet, aus Franken und Schwaben. "Wir studieren alle den Masterstudiengang Raumplanung an der TU Dortmund und arbeiten bei verschiedenen Arbeitgebern in den Bereichen Städtebau, Erneuerbare Energien und Regionalplanung", berichten sie.

Radebeul hatten sie vor der Preisauslobung nicht gekannt. Das erste Mal besuchten sie die Lößnitzstadt im Rahmen der Auftaktveranstaltung des Wettbewerbs. Entsprechend dem Thema "Tour de Meissner. Die Meißner Straße in Radebeul zwischen Durchgangsstraße und Lebenswelt" erkundeten sie die Hauptverkehrsader. "Wir waren positiv überrascht vom historischen Gebäudebestand und der Landschaft zwischen Elbe und Weinbergen. Die hohe Verkehrsbelastung auf der Meißner Straße hatten wir bereits erwartet, und diese Erwartung wurde auch bestätigt", schildern sie ihre ersten Eindrücke.

Bei der Auftaktveranstaltung im April 2023 haben alle Teilnehmenden des Moritz-Ziller-Preises eine Führung von Michael Steinbusch vom Stadtentwicklungsamt bekommen. "Wir sind von Ost nach West von Stadtgrenze zu Stadtgrenze gelaufen und haben die Meißner Straße zu Fuß erkundet", berichten Maximilian Keicher, Leon Jaskulski, Jonas Koban und Franz Kurz.

Keine hässlichen Ecken per se

Dabei ist ihnen aufgefallen, dass die Meißner Straße auf ihrer Länge von fast neun Kilometern viele verschiedene Besonderheiten mit unterschiedlichen Charakteristika aufweist. Vom eher ländlichen Erscheinungsbild um Zitzschewig, über dichter bebaute Abschnitte mit vielen kulturellen Nutzungen bis hin zum Gewerbegebiet Ost mit seinen industriellen und gewerblichen Nutzungen sei der Straßenzug sehr vielfältig. "Besonders gut hat uns die Altgemeinde Zitzschewig gefallen. Auch, weil hier der Verkehrslärm nicht so zu spüren ist. Daneben ist auch das Schloss Wackerbarth eine Besonderheit, auch wenn hier die Einsehbarkeit Defizite aufweist", berichten die Gewinner, für die es der erste Sieg bei einem Ideenwettbewerb ist.

Auf der Wiese am Moritz-Garte-Steg sowie dem Parkplatz gegenüber den Landesbühnen können sich die Sieger ein urbanes Zentrum mit Gastronomie, Ärztehaus und Kreativpavillons vorstellen, wie ihre Illustration zeigt.
Auf der Wiese am Moritz-Garte-Steg sowie dem Parkplatz gegenüber den Landesbühnen können sich die Sieger ein urbanes Zentrum mit Gastronomie, Ärztehaus und Kreativpavillons vorstellen, wie ihre Illustration zeigt. © Repro: SZ/Silvio Kuhnert

Hässliche Ecken per se konnten sie nicht ausmachen. Sie haben aber Verbesserungsvorschläge: "Als verbesserungswürdig empfinden wir unter anderem fehlende Überquerungsmöglichkeiten, die schlechte Radinfrastruktur und generell zu viel Raum für den motorisierten Verkehr." Außerdem gebe es Defizite bei Sichtbeziehungen auf prägende Bauten oder bei der Nutzbarkeit und der Zugänglichkeit von Grünflächen.

Sieben Schwerpunktbereiche

Ziel ihres Wettbewerbsbeitrages ist es, Verbindungen in den Bereichen Freiraum, Mobilität, Stadtbild und Gewerbe zu schaffen, die die Grünflächen öffnen, die Barrierewirkungen der Meißner Straße verringern, die Identität Radebeuls auf die Straße bringen und die Potenziale des Arbeitsstandortes Radebeul stärken. Sieben Schwerpunktbereiche arbeiteten sie heraus.

Neben den Landesbühnen sind das mit folgenden thematischen Überschriften: "Gärtnern in Gemeinschaft - Zitzschewig", "Blick aufs Schloss - Schloß Wackerbarth"; "Ab zur Elbe – Bahnhofstraße"; "Urbane Meile – Karl-May-Museum/Kirchplatz"; "Platz schaffen – Hauptstraße/Zinzendorfstraße"; sowie "Gewerbe, aber richtig? – Gewerbegebiet Radebeul-Ost". "Wir haben die sieben Fokusbereiche ausgewählt, die für uns eine besondere Bedeutung für die Meißner Straße und Radebeul insgesamt haben", berichtet die Dortmunder Arbeitsgruppe. Diese Bereiche sind entweder städtebaulich sehr interessant, haben ein großes Entwicklungspotenzial oder großen Handlungsbedarf.

"Unser Ziel war es, je nach Fokusbereich die jeweiligen Potenziale auszuschöpfen. Beispielsweise wollen wir den Bereich der Landesbühnen als kulturelles Zentrum stärken, im Gewerbegebiet Ost Nachverdichtung für gewerbliche Nutzungen anstreben oder Grün- und Freiräume im Bereich Zitzschewig und Schloss Wackerbarth für die Menschen zugänglich machen", teilen die Preisträger mit. Grundsätzlich ging es bei allen sieben Fokusbereichen auch darum, den motorisierten Verkehr verträglicher zu gestalten und mehr Platz für den Fuß- und Radverkehr zu schaffen. "Entlang der Meißner Straße soll die Aufenthaltsqualität erhöht werden", sagen die vier jungen Männer über ihre stadtplanerischen Vorschläge.