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Wahl-Riesaerin will für Bündnis Sahra Wagenknecht in den Stadtrat

Erst vor zwei Jahren zog Gunda Thielking von Dresden nach Riesa. Dass sie nun in die Lokalpolitik geht, hängt auch mit einem Projekt im Landkreis Meißen zusammen.

Von Stefan Lehmann
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Über eine Veranstaltungsreihe des Landkreises in die Lokalpolitik: Gunda Thielking tritt zur Stadtrats- und Kreistagswahl an.
Über eine Veranstaltungsreihe des Landkreises in die Lokalpolitik: Gunda Thielking tritt zur Stadtrats- und Kreistagswahl an. © Sebastian Schultz

Riesa. Gunda Thielking fährt mit dem Fahrrad auf der Hauptstraße vor. Auto habe sie keins, sagt die 56-Jährige. Ihren Weg zur Arbeit in der sächsischen Landesverwaltung legt sie also radelnd und mit dem Zug zurück. Und kann deshalb sagen: Die Bahnanbindung ist ein Trumpf für Riesa, bei den Radwegen könnte die Stadt aber noch zulegen.

Nicht nur beim Thema Radwege wird Thielking womöglich bald ein Wörtchen mitreden können. Sie ist vor zwei Jahren in einen Ortsteil von Riesa gezogen, jetzt will sie in die Lokalpolitik, tritt für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an. Neun Bewerber will BSW für die Stadtratswahl Anfang Juni stellen, Gunda Thielking steht auf Listenplatz zwei. "Das soll nicht 'Die Linke 2.0' sein", erklärt sie. Auch wenn, vor allem in Riesa, viele Ex-Linke ins Wagenknecht-Bündnis gewechselt sind: "Es ist nicht das Gleiche!" Deshalb seien die Neuen jetzt auch vergleichsweise weit vorn platziert, das sei bei der Liste für die Kreistagswahl nicht anders.

Von den Grünen entfremdet

Mit Parteipolitik hatte Gunda Thielking bisher wenig am Hut, erzählt sie. "Ich war mal vor vielen Jahren passives SPD-Mitglied." Warum, das wisse sie selbst nicht mehr so genau. Denn eigentlich sei sie "seit ich denken kann, überzeugte Grünen-Wählerin". Besser gesagt: Sie war es. "Ich bin eine von vielen Enttäuschten", erzählt Thielking. Von ihrer Partei habe sie sich entfremdet. Auch wegen deren Haltung zu Krieg und Frieden.

Dass sich die gebürtige Ostwestfalin ausgerechnet jetzt in der Lokalpolitik engagieren will, hat aber auch mit einem Projekt zu tun, für das der Landesfrauenrat aktiv warb. Unter dem Titel "Frauen in die Politik" startete Ende 2023 eine Kampagne, die Frauen auf dem Weg in die Parlamente begleiten soll. Bei den Veranstaltungen gehe es um Rhetorik, um Schlagfertigkeit - auch um Themen wie Sexismus in der Politik, erzählt Gunda Thielking.

Bei einer der Veranstaltungen sei auch die damalige Linke-Fraktionschefin Uta Knebel dabei gewesen. "Für mich war da schon klar: Wenn, dann würde ich mich für Die Linke aufstellen lassen." Also sprach Thielking Knebel an. Als klar war, dass es eine BSW-Gruppierung in Riesa geben würde, "da habe ich nicht lange gefackelt". Antreten darf das neue Wählerbündnis in Riesa nur, wenn auch 100 Unterstützerunterschriften zusammenkommen. "Ich denke schon, dass wir das schaffen. Aber es ist interessant zu sehen, wie kompliziert und aufwendig das Verfahren ist. Es ist viel Organisationsarbeit nötig - ohne Frau Knebel würde hier gar nichts laufen."

Sahra Wagenknecht bei einer Lesung ihres Buches "Die Selbstgerechten" im November 2023 in Riesa. Ihrer neugegründeten Partei BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht - ist Gunda Thielking beigetreten.
Sahra Wagenknecht bei einer Lesung ihres Buches "Die Selbstgerechten" im November 2023 in Riesa. Ihrer neugegründeten Partei BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht - ist Gunda Thielking beigetreten. © Sebastian Schultz

Viel Enttäuschung in Riesa - aber auch Potenzial

Den Riesaer Stadtrat hat Gunda Thielking auch schon besucht, um sich ein Bild von der Arbeit zu machen. "Ich hatte das Gefühl: Das läuft sehr routiniert." Kontroverse Debatten habe sie noch nicht erlebt, da gehe es im Dresdner Stadtrat ganz anders zur Sache.

Die Wahl-Riesaerin will auch etwas frischen Schwung in das städtische Gremium bringen. Sie habe den Eindruck, dass eine gewisse Lethargie auf der Stadt liegt. "Es gibt hier sehr viel Enttäuschung." Auch manche Stadträte hätten eine wenig optimistische Grundhaltung übernommen. "Ich will positiv gestalten, nicht immer nur motzen." Denn Möglichkeiten gebe es doch in Riesa. "Ja, es gibt hier viel Leerstand, und Riesa ist als Industriestadt nicht so schön, wie etwa Bautzen oder Görlitz."

Eine Übersicht über weitere Parteien und Wählervereinigungen, die bei der Riesaer Stadtratswahl antreten wollen, gibt es hier.

Thielking, die immer noch Mitglied in der Dresdner Wohngenossenschaft Aufbau ist, sieht in dem Leerstand aber auch Potenzial. "Riesa hat infrastrukturell eine Top-Lage - und trotzdem werden Wohnungen abgerissen. Da frage ich mich: Wird wirklich alles dafür getan, um Leute hierher zu holen?" Wenn etwa die WGR mit einer Aktion neuen Mietern das Deutschlandticket schenke und dafür am Bahnhof in Riesa wirbt, dann frage sie sich, ob diese Werbung auch gleichermaßen in Dresden und Leipzig geschalten worden ist. Also da, wo die Mieten derzeit explodieren. Zumindest sei das eins der Themen, die sie gerne hinterfragen würde. "Ich halte es für Ressourcen-Verschwendung, diese Wohnungen abzureißen."

Auch die Frage, was sich noch für die Jugend in Riesa tun lasse, um sie in der Stadt zu halten, treibe sie um. "Und im Nahverkehr gibt es noch Potenzial, was den ländlichen Raum angeht - aber das ist ein Thema für den Kreistag."

  • Die geplante Liste von "Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit" zur Stadtratswahl: Uta Knebel, Gunda Thielking, Jens Zoppa, Sonja György, Udo Töpfer, Hannes Keuerleber, Frank Scholz, Matthias Meiß, Tibor György