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Riesa: 86-Jähriger stiehlt trotz ordentlicher Rente

Dreimal wird ein Senior 2023 beim Klauen erwischt. Immer geht es um Kleinkram. Richterin und Staatsanwältin werden im Prozess mehr als deutlich.

Von Eric Weser
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Viele müssen die Euros beisammenhalten – vor allem ältere Menschen mit niedriger Rente. Ein 86-jähriger Riesaer steht zwar mit seinen Alterseinkünften gar nicht so schlecht da. Trotzdem stahl er mehrfach in örtlichen Einkaufsmärkten.
Viele müssen die Euros beisammenhalten – vor allem ältere Menschen mit niedriger Rente. Ein 86-jähriger Riesaer steht zwar mit seinen Alterseinkünften gar nicht so schlecht da. Trotzdem stahl er mehrfach in örtlichen Einkaufsmärkten. © Pixabay

Riesa. Ein paar Batterien und Weihnachtsdeko in Form von Schnee- und Weihnachtsmännern. Alles im Wert von nicht mal 15 Euro. Das ließ der Senior an jenem Donnerstagmorgen aus einem Laden im Riesapark mitgehen. Genauer: Er wollte es mitgehen lassen. Weit kam der 86-Jährige aber nicht. Mitarbeiter beobachteten, wie der Mann die Sachen einsteckte, und sprachen ihn an. Prompt war er alles wieder los und hatte außerdem eine Anzeige am Hals.

ein alter und vielleicht einsamer Mensch verzweifelt war und sich keinen anderen Weg sah, um sich ein paar weihnachtliche Verzierungen für Daheim zu beschaffen.

"Ich habe das eigentlich nicht nötig"

Doch der hagere Mann auf der Anklagebank steht finanziell deutlich besser da als manch anderer im Alter: Er bekomme 1.700 Euro Rente, erzählt er. Auch einsam ist der Senior nicht. Er lebe mit seiner Frau zusammen, die reichlich 900 Euro Rente bekomme. Da bleibe doch einiges zum Leben übrig, auch nach Abzug von Miete und Kosten fürs Auto, findet Richterin Rita Großmann.

Sie kann sich ebenso wenig wie Staatsanwältin Laura Wittkugel erklären, warum der Senior binnen eines Jahres gleich drei Mal wegen Kleindiebstählen mit der Justiz in Kontakt kam. Mal passierte das, weil der Mann in einem Riesaer Supermarkt Brötchen und ein Ladegerät ohne zu bezahlen mitnahm. Wenige Wochen später waren es in einem anderen Markt Backwaren, Tomaten und Zeitungen, bei deren Diebstahl der Senior ertappt wurde. Auch hier waren die gestohlenen Sachen keine 20 beziehungsweise keine zehn Euro wert. „Ich hab das eigentlich nicht nötig“, sagt auch der Angeklagte über seine Taten und bittet um Entschuldigung.

Eine rechte Erklärung kann auch der einstige Stahlwerker für seine Diebstähle nicht liefern. Er habe immer normal und eher verhalten gelebt, sagt der Mann, der auf Nachfrage der Richterin merklich verschämt zugibt, dass seine Frau nichts von dem Prozess im Riesaer Amtsgericht weiß, bei dem sich ihr Gatte verantworten muss.

In einem Gerichtssaal wollen die Staatsanwältin als auch die Richterin den betagten Riesaer möglichst nie wieder sehen, machen beide mehr als deutlich. Doch sie erklären dem Senior auch: Wenn er nicht vom Klauen lässt, kann es zum erneuten Aufeinandertreffen kommen. Selbst bei kleinen Diebstählen stehe irgendwann auch das Thema Freiheitsstrafe im Raum, wenn sich die Vorfälle häufen. Immerhin bis zu fünf Jahre Gefängnis seien möglich.

Prozesserlebnis als pädagogische Maßnahme

Um ihm solche möglichen Konsequenzen vor Augen zu führen, habe sie den Senior diesmal auch ins Gericht gebeten und die Sache nicht im Strafbefehlsverfahren schriftlich geregelt, sagt Richterin Großmann. Sie erhofft sich, dass die Erfahrung eines Strafprozesses den Mann vom Begehen weiterer Delikte abhält. Habe er kein Geld beim Einkaufen dabei oder wenig Zeit, gebe es genug Möglichkeiten, die Dinge im Laden zu regeln, ohne zu stehlen, legt sie dem Senior ans Herz.

Letztlich verhängt sie eine Geldstrafe gegen den Mann. 50 Tagessätze zu je 15 Euro und damit in Summe 750 Euro hält die Richterin diesmal für tat- und schuldangemessen. In einem früheren Verfahren hatte der Mann 15 Tagessätze à 30 Euro Geldstrafe erhalten, die er bereits bezahlt hat. Der Senior akzeptiert auch das neuerliche Urteil. Ebenso die Staatsanwältin, damit ist die Sache rechtskräftig. Der Mann bedankt sich noch, ehe er sich mit einem Jutebeutel in der Hand etwas wackeligen Schrittes in Richtung seines Fahrrades aufmacht, mit dem er sich auf den Heimweg begibt.