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Warum Feralpi den Schrott einpackt

Im Riesaer Stahlwerk entsteht eine 22 Meter hohe Halle. Gleichzeitig hat man mit den Folgen eines Hackerangriffs zu kämpfen.

Von Christoph Scharf
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Umweltbeauftragter Mathias Schreiber zeigt die Stelle, wo Feralpi Stahl eine neue Halle für den Schrott baut.
Umweltbeauftragter Mathias Schreiber zeigt die Stelle, wo Feralpi Stahl eine neue Halle für den Schrott baut. © Sebastian Schultz

Riesa. Zu rostfarbenen Bergen türmt sich im Stahlwerk der Schrott auf. Nebenan entsteht daraus neuer Stahl für die Bauindustrie. Gleich nebenan leben aber seit Jahrzehnten auch Menschen - und deshalb wird jetzt zwischen den Schrottbergen gebaggert.

"Im Januar haben wir angefangen, hier eine neue Halle zu bauen", sagt Mathias Schreiber, Umweltbeauftragter bei Feralpi Stahl. Nach zwei Jahren Planung entsteht nun eine 22 Meter hohe Halle, in der ein Teil des Schrotts gelagert werden soll - und die auch mehr Abschirmung für die Anwohner im Wohngebiet Am Gucklitz bietet, die bislang hinter einer zwölf Meter hohen Lärmschutzwand leben.

Der Schallschutz ist aber nicht der einzige Grund für die Investition - die neue Halle soll auch mit neuer Sortier- und Reinigungstechnik für den Schrott ausgestattet werden, der so bestmöglich vorbereitet im Elektroofen landen soll.

Während auf dem Schrottplatz schon gebaggert wird, wird das nächste Projekt, von dem die Nachbarn profitieren, erst im Frühjahr sichtbar - dann aber richtig. "Ab März wird ein Großkran installiert, den man wohl in ganz Riesa sehen kann", sagt Feralpi-Werksdirektor Uwe Reinecke. Der soll eine neue Dachhaube auf das Schmelzhaus setzen, die mit besserer Absaugtechnik ausgestattet ist. Bei der Gelegenheit wird auch Technik installiert, um das sogenannte Schlackenbeet an die Entstaubungsanlagen anzuschließen. "Davon profitieren dann auch unsere Mitarbeiter", sagt Reinecke.

Das dritte große Projekt in dem Zusammenhang ist die Einhausung des Fallwerks, das sich über das ganze Jahr hinzieht und voraussichtlich im Frühjahr 2023 fertig wird. Dann sei die Situation für die Anwohner optimal gelöst. Eigentlich hatte man damit schon früher fertig werden wollen, aber es gab Probleme bei den Lieferketten.

Auf 80 Seiten hat Feralpi Stahl vor wenigen Tagen etliche Umwelt- und Unternehmensdaten veröffentlicht.
Auf 80 Seiten hat Feralpi Stahl vor wenigen Tagen etliche Umwelt- und Unternehmensdaten veröffentlicht. © Sebastian Schultz

Das Thema Fallwerk war im Zusammenhang mit auffälligen Zink-Chrom-Messungen im Umfeld des Stahlwerks aufgekommen. Die Einhausung soll helfen - auch wenn man bei Feralpi davon ausgeht, dass nicht nur das eigene Unternehmen als Verursacher infrage kommt: "Die Messungen haben ergeben, dass es auch dann zu erhöhten Zink-/Chrom-Werten kam, wenn das Stahlwerk über Weihnachten regulär für Wartungsarbeiten still stand", sagt Mathias Schreiber.

Messungen gibt es auch beim Thema Staub-/Feinstaub-Immissionen im Umfeld des Stahlwerks. Die sollen auch weiterhin laufen, auf freiwilliger Basis - sagt der Umweltbeauftragte.

Üblicherweise veröffentlicht Feralpi seine Messergebnisse in großem Umfang auf der eigenen Homepage. Allerdings habe es einen größeren Hackerangriff auf das Unternehmen gegeben: Schon Ende 2020 hätten organisierte Angriffe Teile des IT-Netzes infiziert. In Italien noch folgenreicher als am deutschen Tochterstandort. In Deutschland habe man den Angriff auf Teile des Systems beschränken können. Allerdings wurde solange die deutsche Homepage abgeschaltet, sodass man derzeit nur über feralpigroup.com erreichbar sei.

Ziel sei es, im Sommer mit einer neuen deutschen Internetpräsenz erreichbar zu sein - dann kämen auch wieder die Umweltdaten online. Aktuell investiere man erheblich in das Thema IT-Sicherheit.

Ohnehin veröffentliche man mehr Umwelt- und Unternehmensdaten als vorgeschrieben: Man stelle sich freiwillig der sogenannten Emas-Zertifizierung, was sehr aufwendig sei. "Das macht meines Wissens nur noch ein einziges Stahlwerk außer uns in Deutschland", sagt Werksdirektor Reinecke. Bei der Feralpi-Gruppe sei das aber Unternehmenspolitik: Liegt doch nicht nur das Riesaer Stahlwerk dicht an der Stadt - das Feralpi-Stahlwerk Calvisano liegt mitten in einem italienischen Städtchen, das große Stahlwerk Lonato dicht neben der Stadt. "Und das ist schon fast die Urlaubsregion Gardasee", sagt Reinecke. Ob Italien oder Sachsen - das Thema Umwelt spiele eine immer wichtigere Rolle beim Stahlhersteller.